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Ukraine-Russland: Gegen Sanktionen - für Gespräche / Keine Waffen an die Konfliktparteien!

Pressemitteilungen des Bundesausschusses Friedensratschlag, der Aktion Auffschrei und der Kooperation für den Frieden


Im Folgenden dokumentieren wir drei Pressemeldungen aus der Friedensbewegung, die sich mit dem ukrainisch-Russischen Konflikt befassen:.

Zum Konflikt Ukraine-Russland:

Gegen Sanktionen - für Gespräche

Keine Waffen an die Konfliktparteien
OSZE soll Verhandlungen leiten

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Kassel, 7. März 2014 - Zu den jüngsten Entwicklungen in und um Ukraine sowie den Sanktionsbeschlüssen der EU erklärt der Bundesausschuss Friedensratschlag:

Wenn die USA und die Europäische Union Sanktionen gegen Russland wegen dessen Krim-Politik beschließen, geraten sie in eine Argumentationsfalle: Wer die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo begrüßt und mit der diplomatischen Anerkennung honoriert hat, kann schwer dasselbe Recht der autonomen Krimrepublik verwehren.

Die Friedensbewegung hat die Sezession des Kosovo für unvereinbar mit dem geltenden Völkerrecht gehalten und sieht das heute im Fall der Krim ähnlich. Eine Loslösung aus der Ukraine ginge nur einvernehmlich, nicht aber einseitig.

EU und Bundesregierung müssen sich aber auch fragen lassen, wie sie es mit der auf Grund eines offenkundigen Staatsstreichs zustande gekommenen ukrainischen Übergangsregierung halten, die maßgeblich von rechtsradikalen nationalistischen Gruppierungen beherrscht ist. Nach Aussage des estischen Außenministers Urmas Paet kommen die Hintermänner der Scharfschützen, die auf dem Maidan Dutzende von Menschen gezielt getötet haben (und zwar gleichermaßen Anhänger der Opposition und der amtierenden Regierung) aus ihren Reihen. Bevor großzügige Hilfe an diese Übergangsregierung gezahlt wird, wäre die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung der Vorfälle auf dem Maidan angebracht.

Wir lehnen die Sanktionen gegen Russland ab. Damit werden Gräben weiter aufgerissen und nicht zugeschüttet. Deeskalation sieht anders aus.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert:
  • Bundesregierung und EU müssen deutlich machen, dass eine Beteiligung rechtsextremer und faschistischer Kräfte an der ukrainischen Übergangsregierung inakzeptabel ist. Zu fordern ist eine unabhängige Aufklärung über die Scharfschützenmorde auf dem Maidan.
  • Die NATO muss das Säbelrasseln einstellen und die Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation genauso ernst nehmen wie die der Ukraine.
  • Sofortiger Stopp aller Waffenlieferungen aus dem EU-Raum an die Ukraine und Russland.
  • Jede einseitige Maßnahme zur Sezession der Krim oder anderer Landesteile der Ukraine ist zu stoppen. Stattdessen sind internationale Sicherheitsgarantien für den Bestand des Landes sowie Hilfen für einen Aussöhnungsprozess im Inneren vonnöten.
  • In der hochexplosiven gegenwärtigen Lage sollen multilaterale Gespräche und Verhandlungen über alle die Ukraine betreffenden Fragen im Rahmen der OSZE geführt werden.
"Wenn es um den Schutz von Menschen geht", schrieb vor kurzem der Professor für Völkerrecht Michael Bothe, "ist reden allemal besser als schießen".

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski



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Mitteilung an die Presse
Stuttgart, den 7. März 2014

Ergänzung/Kommentar der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel zur Presserklärung der Grünen Europagruppe „EU-Mitgliedstaaten müssen Waffenexporte nach Russland sofort stoppen“

„Sofortiger Rüstungsexportstopp auch in die Ukraine!“

Aufschrei-Kampagne fordert Rüstungsexportstopp für Russland und für die Ukraine // Kritik an besonders verwerflichen Rüstungsexporten in Krisen- und Kriegsgebiete und an verfeindete Konfliktparteien // In einem Russland-Ukraine-Krieg würden beide Seiten mit deutschen Kriegswaffen und Munition aufeinander schießen und deutsche Militärfahrzeuge einsetzen

„Die Forderung der Fraktionsvorsitzenden der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, den Rüstungsexport aus der Europäischen Union an Russland sofort zu stoppen, ist angesichts der völkerrechtswidrigen Krimintervention, richtig und notwendig“, erklärt Paul Russmann, Sprecher der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! und Geschäftsführer von Ohne Rüstung Leben (ORL). „Doch ist sie längst nicht ausreichend.“ Vielmehr müsse „auch ein sofortiges Rüstungsexportverbot aus der EU und aus Deutschland in die Ukraine verhängt werden“, fordert Russmann.

„Besonders makaber ist die Tatsache, dass Deutschland – trotz der desaströsen Menschenrechts- und Sicherheitslage – 2012 sowohl Kriegswaffen- und Munitionsausfuhren an Russland und an die Ukraine genehmigt hat“, kritisiert Jürgen Grässlin, Sprecher der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! und der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). „Wenn es zum Krieg zwischen Russland und der Ukraine kommen sollte, werden – einmal mehr – beide Kriegsparteien mit Kriegswaffen und Munition aus Deutschland aufeinander schießen und Menschen sterben. Wieder würden deutsche Militärfahrzeuge von beiden Konfliktparteien eingesetzt.“

„Mit Waffenlieferungen an Russland und die Ukraine hat die Bundesregierung erneut ihre eigenen Politischen Grundsätze zum Rüstungsexport vom Januar 2000 gebrochen“, kritisieren die beiden Kampagnensprecher. Gemäß den Politischen Grundsätzen dürfen keine Kriegswaffen an Länder geliefert werden, wenn die innere Lage des betreffenden Landes dem entgegensteht. Russmann und Grässlin verweisen auf die ungute Tradition langjähriger Kriegswaffenlieferungen an verfeindete bzw. kriegsführende Staaten wie Griechenland und die Türkei sowie Indien und Pakistan. „Damit muss endlich Schluss sein!“


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Erklärung der Kooperation für den Frieden zur Kriegsgefahr in Europa

Ukraine: Deeskalation statt Marsch in einen heißen Krieg

Die Kooperation für den Frieden, ein Dachverband der Friedensbewegung, dem mehr als 50 friedenspolitische Organisationen und Initiativen angehören, fordert die Regierungen in Ost und West auf, alles zu vermeiden, was die Situation in der Ukraine weiter verschärft. Sowohl alle Truppenbewegungen als auch die verbale Kriegsrhetorik beider Seitenmüssen gestoppt werden. Die völkerrechtswidrigen Handlungen Russland in der unabhängigen Ukraine müssen sofort beendet werden. Schluss sein muss genau so mit der unverantwortlichen Instrumentalisierung der Ukraine durch den Westen, der aggressiven Rhetorik im Stile des Kalten Krieges. Es darf keine militärischen Maßnahmen der NATO, noch Waffenlieferungen in die Region geben.

Die ukrainische Regierung selbst ist aufgefordert, die nationalistische Rhetorik sowie alle Truppenbewegungen einzustellen. Dazu gehört auch die sofortige Demobilisierung der gezogenen Reservisten. Wir warnen: Das Paktieren mit Faschisten führt in den Krieg! Die durch die Oligarchie und die korrupte Politik herbeigeführte desolate ökonomische Situation mit ihren verheerenden sozialen Auswirkungen für die Menschen darf nicht Anlass sein, durch chauvinistische Hetze auf einen „äußeren Feind“ abzulenken. Statt der langfristigen Eingliederung der Ukraine in die EU muss der Westen umgehend ökonomische und soziale Hilfe ohne Vorbedingungen und ohne das neoliberale Diktat des IWF leisten.

Verhandlungen, Gespräche, Mediation und zivile Konfliktbearbeitung sind das Gebot der Stunde. Wir brauchen keinen Abbruch von Gesprächen, wie die unverantwortliche Unterbrechung der G8 Vorbereitung, sondern mehr Kontakte, gerade auch mit Russland. Wir treten ein für einen Sondergipfel der OSZE, auf der Maßnahme der zivilen Konfliktbearbeitung im Mittelpunkt stehen müssen.

Wir setzen uns darüber hinaus ein für eine internationale Mediatorengruppe bestehend aus Friedens- und alternativen Nobelpreisträgern wie Kofi Annan, Maquire, Esquivel, Judy Williams und Paul Walker, aber auch Organisationen wie IPB und IPPNW, die umgehend Gespräche mit allen aufnehmen und einen sofortigen Stopp aller militärischen Aktivitäten vereinbaren. Das Kalte Kriegs Gerede sowohl der USA als auch Russlands ist kontraproduktiv, einer von den europäischen Regierungen gewünschten diplomatischen Lösung zum Durchbruch zu verhelfen. Die NATO hat in der Ukraine nichts zu suchen. Die globale Zangenstrategie der NATO gen Osten muss ebenso gestoppt werden wie die Stationierung der westlichen Raketenabwehr.

Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die Aktionen gegen den Krieg in Moskau, in Kiew auf der Krim und überall organisieren. Die Kriegsgegner in Russland und der Ukraine, deren Verfolgung und Kriminalisierung wir verurteilen, müssen durch vielfältige Aktionen und Proteste auch in unserem Land unterstützt werden.

Auch 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg gilt: Frieden kann nur durch das Handeln der Menschen gesichert und erreicht werden. Gerade unsere Regierung ist aufgefordert, statt deutsche Großmachtinteressen in der Ukraine zu praktizieren und damit zur weiteren Verschärfung des Konfliktes beizutragen, in der Tradition von Gustav Heinemann und Willy Brandt alles zu tun, dass sich durch das Primat der Diplomatie, Ausgleich und Versöhnung, Verhandlungen und zivile Konfliktbearbeitung durchsetzen.

Die Sprecher der Kooperation für den Frieden:
Reiner Braun, Jens-Peter Steffen, Lucas Wirl
Berlin, 3.3.2014



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