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Für die Verhaftung des Täters

USA: Erschießung eines Jugendlichen löst Debatte um rassistische Gewalt aus *

Einen Monat nach dem Tod eines afroamerikanischen Teenagers, der von dem Mitglied einer Bürgerwehr erschossen worden war, spricht sich eine große Mehrheit der US-Bevölkerung einer Umfrage zufolge für die Festnahme des bislang von den Behörden unbehelligt gebliebenen Schützen aus. Laut der am Montag (Ortszeit) veröffentlichten Umfrage des Fernsehsenders CNN befürworten 73 Prozent der Befragten, George Zimmerman wegen der tödlichen Schüsse zu inhaftieren. Der Fall hat in den USA eine heftige Debatte über Rassismus im Justizsystem und die kaum greifenden Waffengesetze ausgelöst.

Der 17jährige Trayvon Martin war am Abend des 26. Februar in Sanford im Bundesstaat Florida von dem 28jährigen Zimmerman erschossen worden. Der Jugendliche war unbewaffnet und befand sich auf dem Weg zur Wohnung der Verlobten seines Vaters. Zimmerman, ein Weißer mit hispanischen Wurzeln, gab an, aus Notwehr gehandelt zu haben. Die Polizei ließ ihn daraufhin auf freiem Fuß. Dabei berief sie sich auf das »Stand Your Ground«-Gesetz, das den Menschen in Florida ein besonders weitgehendes Recht auf Selbstverteidigung einräumt.

Am Montag nachmittag (26. März) demonstrierten rund 8000 Menschen in Sanford, um an den Tod des jungen Mannes vor einem Monat zu erinnern. An der Kundgebung beteiligten sich neben den Eltern des Getöteten auch Bürgerrechtler wie Al Sharpton und Jesse Jackson. »Dieser Fall zeigt tiefgreifende Ungerechtigkeiten«, sagte Jackson. Es gehe um Rassismus. Eine Petition zur Strafverfolgung Zimmermans wurde im Internet inzwischen von rund zwei Millionen Menschen unterzeichnet. Die »New Black Panther Party« hat euin Kopfgeld von 10000 Dollar auf die Ergreifung des Täters ausgesetzt.

Die Familie des Todesschützen weist einen rassistischen Hintergrund vehement zurück. Zimmerman selbst, gegen den die Staatsanwaltschaft inzwischen doch eine Anklage vorbereitet, hat sich bislang noch nicht öffentlich geäußert. Die Zeitung Orlando Sentinel berichtete am Montag jedoch, der Mann habe bei der Polizei ausgesagt, daß Martin ihn mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt habe. Anschließend habe sich der Teenager auf ihn gestürzt, um seinen Kopf auf den Bürgersteig zu schlagen.

Präsident Barack Obama hatte sich vergangenen Freitag (23. März) in die Debatte eingeschaltet und eine Aufklärung der Tragödie gefordert. »Wenn ich einen Sohn hätte, würde er aussehen wie Trayvon«, hatte der erste Afroamerikaner an der Spitze der Vereinigten Staaten gesagt. Daraufhin warf der ultrarechte Republikaner Rick Santorum Obama vor, den Fall »politisieren« zu wollen. Sein Konkurrent um die Präsidentschaftskandidatur der Partei, Newt Gingrich, nannte Obamas Worte »schändlich«, weil sie das Land spalten würden. (AFP/jW)

* Aus: junge Welt, 28. März 2012


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