Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Der Urlaub ist vorbei" / Vacation is Over ...

Offener Brief von Michael Moore an George W. Bush / An open letter from Michael Moore to George W. Bush

Michael Moore ist wieder da! Das ist auch für die hohe Politik von Interesse.
Im Folgenden dokumentieren wir einen Offenen Brief des Dokumentarfilmers und bekennenden Bush-Gegners Michael Moore ("Bowling for Columbine", "Fahrenheit 9/11") an den US-Präsidenten. Thema: Die durch den Hurrikan Katrina ausgelöste Flutkatastrophe in New Orleans.



Lieber Mr. Bush,

wissen Sie zufällig, wo all unsere Helikopter sind? Es ist der fünfte Tag nach dem Hurrikan Katrina und Tausende sitzen in New Orleans fest und warten darauf, dass sie ausgeflogen werden. Wo haben Sie bloß all unsere Hubschrauber verlegt? Brauchen Sie Hilfe, sie wiederzufinden? Ich habe einmal mein Auto auf einem Parkplatz vor Sears nicht mehr gefunden; Mann, war das ein Mist.

Noch etwas was: Haben Sie 'ne Idee, wo all unsere Soldaten der Nationalgarde sind? Wir könnten sie jetzt wirklich gut für das gebrauchen, wozu sie sich eigentlich verpflichtet haben, nämlich bei nationalen Katastrophen zu helfen. Wie kommt es eigentlich, dass sie nicht da waren, um damit zu beginnen?

Letzten Donnerstag war ich im Süden Floridas und saß draußen, während das Auge des Hurrikans Katrina über mich hinwegzog. Das war zu dieser Zeit nur ein Sturm der Kategorie 1, aber es war schon ziemlich unangenehm. Elf Menschen starben und wie heute auch gab es Häuser ohne Elektrizität. In jener Nacht sagte der Wettermann, dass der Sturm auf dem Weg nach New Orleans war. Das war am Donnerstag! Hat Ihnen das niemand erzählt? Ich weiß, Sie wollten Ihren Urlaub nicht unterbrechen und ich weiß, dass sie schlechte Nachrichten nicht gern hören. Außerdem waren da Spendenbeschaffer, die Sie aufsuchen, und Mütter toter Soldaten, die Sie ignorieren und in den Schmutz ziehen mussten. Sie haben es ihr sicher gezeigt!

Besonders gut hat mir gefallen, dass Sie am Tag nach dem Hurrikan, anstatt nach Louisiana zu fliegen, nach San Diego geflogen sind, um dort mit ihren Geschäftsleuten ("business peeps") zu feiern. Lassen Sie nicht zu, dass die Leute Sie deswegen kritisieren - schließlich war der Hurrikan vorbei und was zum Kuckuck hätten Sie tun können, etwa Ihren Finger in den Deich stecken?

Und hören Sie auch nicht auf die, die in den kommenden Tagen enthüllen werden, dass Sie in diesem Sommer im dritten Jahr hintereinander ausgerechnet den Etat der für New Orleans zuständigen Armee-Pioniereinheit gekürzt haben. Sagen Sie den Kritikern einfach, dass, auch wenn Sie den Etat zur Befestigung der Dämme nicht gekürzt hätten, es einfach nicht genug Pionier-Soldaten gegeben hätte, um die Dämme zu befestigen. Denn Sie hatten einen viel wichtigeren Aufbau-Job für die Pioniere: die Errichtung der Demokratie im Irak!

Am Tag 3 nach dem Hurrikan, als Sie schließlich Ihr Urlaubsquartier verließen, muss ich schon sagen, war ich beeindruckt, wie schnell der Pilot Ihrer Air-Force-One-Präsidentenmaschine über New Orleans durch die Wolken gestoßen ist, sodass Sie einen schnellen Blick auf die Katastrophe werfen konnten. Hey, ich weiß doch, dass Sie nicht anhalten und einfach ein Megafon schnappen und und sich auf irgendwelche Trümmer stellen und wie ein Oberbefehlshaber handeln konnten.

Es wird Leute geben, die versuchen werden, die Tragödie zu politisieren und sie gegen Sie zu verwenden. Ihre eigenen Leute sollen halt immer wieder darauf hinweisen. Antworten Sie auf nichts! Auch nicht auf die nervtötenden Wissenschaftler, die vorausgesagt haben, dass so etwas passieren würde, weil das Wasser im Golf von Mexiko sich immer weiter erwärme und einen solchen Sturm unweigerlich verursachen würde. Ignorieren Sie sie einfach und auch die Treibhauseffekt-Angsthasen. Es ist überhaupt nichts Ungewöhnliches an einem Hurrikan, der so groß war wie ein Tornado der Stärke 4, der von New York bis nach Cleveland reicht.

Nein, Mr. Bush, halten Sie Kurs! Es ist nicht Ihre Schuld, dass 30 Prozent der Bürger von New Orleans in Armut leben oder dass Zehntausende kein Transportmittel hatten, um aus der Stadt heraus zu kommen. Na ja, es sind halt Schwarze. Ich meine: Es ist doch nicht so, dass sich das ganze in Kennebunkport [feiner Ferienort an der Ostküste, Anm. d. Übers.] abspielt. Können Sie sich vorstellen, Weiße fünf Tage lang auf ihren Dächern sitzen zu lassen? Spaß beiseite! Die Hautfarbe hat nichts - überhaupt nichts - damit zu tun!

Sie bleiben am Ball, Mr. Bush! Versuchen Sie einfach, ein paar Armee-Hubschrauber aufzutreiben und dorthin zu schicken. Sagen Sie einfach, die Menschen von New Orleans und die Golf-Küste befänden sich in der Nähe von Tikrit.

Ihr Michael Moore

P.S.: Diese lästige Mutter, Cindy Sheehan, ist nicht mehr vor ihrer Ranch. Sie und Dutzende anderer Verwandter von im Irak gefallenen Soldaten fahren jetzt quer durch das Land und machen auf ihrem Weg in vielen Städten Halt. Vielleicht können Sie sie ja noch einholen, bevor sie am 21. September nach Washington DC kommen.

Übersetzung: P. Strutynski


Vacation is Over... an open letter from Michael Moore to George W. Bush

Friday, September 2nd, 2005

Dear Mr. Bush:

Any idea where all our helicopters are? It's Day 5 of Hurricane Katrina and thousands remain stranded in New Orleans and need to be airlifted. Where on earth could you have misplaced all our military choppers? Do you need help finding them? I once lost my car in a Sears parking lot. Man, was that a drag.

Also, any idea where all our national guard soldiers are? We could really use them right now for the type of thing they signed up to do like helping with national disasters. How come they weren't there to begin with?

Last Thursday I was in south Florida and sat outside while the eye of Hurricane Katrina passed over my head. It was only a Category 1 then but it was pretty nasty. Eleven people died and, as of today, there were still homes without power. That night the weatherman said this storm was on its way to New Orleans. That was Thursday! Did anybody tell you? I know you didn't want to interrupt your vacation and I know how you don't like to get bad news. Plus, you had fundraisers to go to and mothers of dead soldiers to ignore and smear. You sure showed her!

I especially like how, the day after the hurricane, instead of flying to Louisiana, you flew to San Diego to party with your business peeps. Don't let people criticize you for this -- after all, the hurricane was over and what the heck could you do, put your finger in the dike?

And don't listen to those who, in the coming days, will reveal how you specifically reduced the Army Corps of Engineers' budget for New Orleans this summer for the third year in a row. You just tell them that even if you hadn't cut the money to fix those levees, there weren't going to be any Army engineers to fix them anyway because you had a much more important construction job for them -- BUILDING DEMOCRACY IN IRAQ!

On Day 3, when you finally left your vacation home, I have to say I was moved by how you had your Air Force One pilot descend from the clouds as you flew over New Orleans so you could catch a quick look of the disaster. Hey, I know you couldn't stop and grab a bullhorn and stand on some rubble and act like a commander in chief. Been there done that.

There will be those who will try to politicize this tragedy and try to use it against you. Just have your people keep pointing that out. Respond to nothing. Even those pesky scientists who predicted this would happen because the water in the Gulf of Mexico is getting hotter and hotter making a storm like this inevitable. Ignore them and all their global warming Chicken Littles. There is nothing unusual about a hurricane that was so wide it would be like having one F-4 tornado that stretched from New York to Cleveland.

No, Mr. Bush, you just stay the course. It's not your fault that 30 percent of New Orleans lives in poverty or that tens of thousands had no transportation to get out of town. C'mon, they're black! I mean, it's not like this happened to Kennebunkport. Can you imagine leaving white people on their roofs for five days? Don't make me laugh! Race has nothing -- NOTHING -- to do with this!

You hang in there, Mr. Bush. Just try to find a few of our Army helicopters and send them there. Pretend the people of New Orleans and the Gulf Coast are near Tikrit.

Yours,
Michael Moore

P.S. That annoying mother, Cindy Sheehan, is no longer at your ranch. She and dozens of other relatives of the Iraqi War dead are now driving across the country, stopping in many cities along the way. Maybe you can catch up with them before they get to DC on September 21st.

Source: www.michaelmoore.com


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