Die Hoffnung ist grün und heißt Jill Stein
Die Green Party versucht, mit alternativen Inhalten das verkrustete Zwei-Parteien-System in den USA aufzubrechen
Von Olaf Standke *
Die vollständige Legalisierung von
Marihuana – mit der Forderung
kann man in den USA zwar keine
Wahlen gewinnen, Aufmerksamkeit
aber schon. So war es diese
Schlagzeile, die vom Wahlkampfauftritt
der Jill Stein am Wochenende
in Portland in US-amerikanischen
Medien blieb. Die Präsidentschaftskandidatin
der Green
Party ist sicher, dass so die extrem
hohe Kriminalitätsrate in den USA
entscheidend gesenkt werden
könnte.
Nicht nur in dieser Frage unterscheidet
sich die 62-jährige
Kinderärztin fundamental von den
etablierten Parteien in »Gottes eigenem
Land«. Ob soziale Gerechtigkeit
und Chancengleichheit, ob
ökologische Weitsicht und Nachhaltigkeit,
ob Basisdemokratie
oder Gewaltlosigkeit – in vielen
Punkten bewegen sich die USamerikanischen
Grünen so weit
links von der Mitte, dass sie landesweit
keine Chance haben, Republikaner
und Demokraten zu
bedrängen. Ihre Erfolge erringen
sie meist auf kommunaler Ebene
mit sogenannten unabhängigen
Kandidaten.
Für schmerzhafte Nadelstiche
allerdings hat es auch schon in der
Vergangenheit gereicht. Leidtragende
waren die Demokraten. Vor
allem die Präsidentschaftskandidatur
des bekannten Verbraucheranwalts
Ralph Nader sorgte
1996 und 2000 für Aufmerksamkeit
selbst über die Landesgrenzen
hinaus. Die über 2,8 Millionen
Stimmen (2,7 Prozent), die er im
Jahr 2000 erhielt, haben in den
Augen vieler Demokraten ihrem
Kandidaten Al Gore den Sieg gegen
George W. Bush gekostet.
Von solchen Ergebnissen sind
die Grünen 2012 weit entfernt.
Aber sie haben wieder eine charismatische
Kandidatin, die schon
mehrmals für die in Massachusetts
beheimatete Green-Rainbow Party
in den Wahlkampf gezogen ist und
2002 sogar gegen Mitt Romney um
das Amt des Gouverneurs antrat.
In der Vergangenheit hätten sich
die von Unternehmensspenden
abhängigen Establishment-Parteien
an der Regierung abgewechselt,
»aber die Politik änderte sich
nicht«, lautet ihr Vorwurf auch an
den Amtsinhaber.
So habe die Armutsbekämpfung
weder bei Romney noch bei
Obama den notwendigen Stellenwert.
Die Grünen fordern ein Moratorium,
um Zwangsräumungen
von Familien zu verhindern, und
»freien Zugang« zu Hochschulen.
Mit einem »Green New Deal« wollen
sie die Abhängigkeit der USA
vom Öl reduzieren, das Klima
schützen und zugleich 25 Millionen
Jobs schaffen. Stein plädiert unter
anderem für öffentliche Investitionen
in Kooperativen, kleine Unternehmen,
in den öffentlichen
Dienst und in saubere Energie.
Aber erst einmal gilt es, alle
Kräfte zu mobilisieren, damit der
Name »Jill Stein« in möglichst vielen
Bundesstaaten überhaupt auf
den Wahlzetteln erscheint. Mindestens
40 von 50, das ist das Ziel
der Spitzenkandidatin, die mit ihrem
Wahlkampf vor allem auch
das etablierte undemokratische
Zwei-Parteien-System aufbrechen
will, das die US-Amerikaner
»mundtot« mache.
* Aus: neues deutschland, Dienstag, 04. September 2012
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