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US-Geheimkerker aus Frankfurt organisiert

CIA-Logistik-Chef bestätigt Verdacht

Von René Heilig *

Dass der US-Geheimdienst CIA in verschiedenen Regionen der Welt Geheimgefängnisse unterhielt, in denen Terrorverdächtige gefoltert und zu Aussagen erpresst wurden, ist bekannt. Nun bestätigen US-Zeitungen Einzelheiten.

Kyle D. Foggo – Spitzname »Dusty« – war logistisch erfahren und konnte im Namen der »Firma« jederzeit Frachtflugzeuge organisieren, die Waffen oder Geld um die Welt transportierten. So zumindest schildert die Zeitung »International Herald Tribune« seine Funktion bei der »Firma«. Im März 2003 überraschten zwei CIA-Männer ihren in Frankfurt am Main stationierten Kollegen mit dem Auftrag, drei geheime Kerker einzurichten. Foggo bestätigte nun, dass die USA in der rumänischen Hauptstadt Bukarest, in Marokko sowie in einer »weiteren osteuropäischen Stadt« Gefängnisse betrieben. »Ich war stolz, meiner Nation helfen zu können«, sagte der CIA-Quartiermeister.

Die Gefängnisse bestanden aus sechs Zellen, deren Wände mit Sperrholz verkleidet waren. Das weiche Holz sollte verhindern, dass sich die Häftlinge bei Verhören verletzten, wenn sie gegen die Wand geworfen wurden. Dies war eine der gängigen Foltermethoden. Die Häftlinge waren in Einzelhaft, und die Zellen standen so weit voneinander entfernt, dass die Insassen nicht miteinander kommunizieren konnten. Die CIA-Agenten trugen schwarze Skimützen, um ihre Identität zu verbergen. Auch die hatte »Dusty« Foggo geliefert.

»Die Fakten, die jetzt rauskommen, bestätigen meinen Bericht«, sagte Dick Marty, der als Sonderermittler des Europarates eine entsprechende Untersuchung geführt hatte, bei der ihm die deutsche Regierung nicht sehr behilflich war. Marty hat gestern (14. August) gegenüber Schweizer Medien einen Verdacht geäußert, um welches osteuropäische Land es sich noch gehandelt haben könnte: »Das muss Polen sein, da bin ich mir absolut sicher, denn ich habe dort eine sehr gute Quelle.« In Verdacht steht ein Geheimdienstareal nahe dem Flugplatz Szymany. Rumänien wie Polen hatten Martys Bericht seinerzeit mit harschen Worten zurückgewiesen.

Angeblich bestand das CIA-Netzwerk aus mindestens acht Spezialgefängnissen. Neben den von Foggo genannten – jenes in Marokko wurde angeblich nie benutzt – verfügten die US-Amerikaner über ähnliche Einrichtungen im Nahen Osten, in Irak, Afghanistan und in Guantánamo, wohin die Verdächtigen zuletzt entführt wurden.

* Aus: Neues Deutschland, 15. August 2009


Die Regierung schweigt

Von René Heilig **

Was man bislang vermutete, ist nun durch die Aussage eines Täters belegt: Von Frankfurt am Main aus hat die CIA den Aufbau von Geheimgefängnissen organisiert, in denen man Menschen verschwinden ließ, weil man in ihnen Terroristen sah oder sehen wollte. Von Seiten der Bundesregierung gibt es – trotz Nachfragen – dazu keine Stellungnahme.

Alles andere hätte auch verwundert. So hält es die Regierung immer, wenn die Interessen des wichtigsten Verbündeten und besten Freundes und ihre Komplizenschaft berührt sind. Doch wie ist das mit den Interessen der Menschen, die überall auf der Welt auf bloßen Verdacht hin weggefangen wurden, die nie eine Anklage, einen Richter, geschweige einen Verteidiger gesehen haben und stattdessen jahrelang gnadenloser Folter ausgesetzt waren? Und vermutlich auch noch sind. Oft genug haben Mitglieder des sogenannten BND-Untersuchungsausschusses gefragt, was die Bundesregierung und insbesondere das Kanzleramt von den Aktivitäten der CIA (und der militärischen Variante, der DIA) in Deutschland gewusst haben. Auskünfte oder gar ehrliche Antworten bekamen sie nicht. Zudem bemühten sich viele Untersucher aus Parteirücksichtnahme auch nur mäßig, selbst zu Erkenntnissen zu gelangen. Nach dem, was jetzt unter Obama so nach und nach doch ans Tageslicht kommt, kann man nicht umhin, den Bundestag-Untersuchungsausschuss als Farce zu bezeichnen. Wiederaufnahme scheint dringend geboten.

** Aus: Neues Deutschland, 15. August 2009 (Kommentar)


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