"Sofortige Einstellung der türkischen Militäroperationen gegen mutmaßliche Stellungen der PKK im Nordirak"
Pressemitteilung der Internationalen Liga für Menschenrechte
Liga-Vizepräsident Rolf Gössner: "Bundesregierung und EU sind gefordert,
geeignete Maßnahmen im laufenden EU-Beitrittsprozess zu ergreifen,
um die völkerrechtswidrigen Militärangriffe gegen Südkurdistan
(Nordirak) zu beenden sowie eine friedliche und zivile Lösung der
türkisch-kurdischen Frage zu forcieren.
Hierzu gehört auch ein sofortiges Exportverbot für deutsche Waffen an
die Türkei."
Türkische Kampfflugzeuge bombardieren seit geraumer Zeit die Grenzregion
in Südkurdistan (Nordirak). Unter diesem Bombardement gegen mutmaßliche
Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei PKK leidet in erster Linie die
Zivilbevölkerung. Die Internationale Liga für Menschenrechte verurteilt
diese grenzüberschreitenden Militäroperationen der Türkei als klaren
Verstoß gegen das Völkerrecht, wobei die Liga militärische
Interventionen auch im Kontext vermeintlichen oder tatsächlichen
Terrorismus' grundsätzlich ablehnt.
Dazu erklärt Liga-Vizepräsident Rolf Gössner: "Mit ihren
Militäroperationen setzt die Regierung von Ministerpräsident Erdogan
wieder auf eine militärische ,Lösung' im türkisch-kurdischen Konflikt -
obwohl diese staatsgewaltige Vorgehensweise seit Jahrzehnten nur
Verwüstungen, Elend und Tod brachte und obwohl es in den vergangenen
Jahren bereits hoffnungsvolle Anzeichen eines Dialogs gab und eine
demokratisch-friedliche Lösung möglich erschien. Doch seit geraumer Zeit
sind in der Türkei Strukturentwicklungen zu verzeichnen, die den
notwendigen Demokratisierungsprozess behindern,
Rechtsstaatserfordernisse blockieren und autoritäre Züge tragen."
Die AKP-Regierung versperrt mit ihrem militärischen Vorgehen den einzig
sinnvollen Weg einer politischen Lösung und damit die Chance auf ein
friedliches Zusammenleben von Türken und Kurden in der Türkei. Im Innern
des Landes torpediert die Regierung eine Verhandlungsoption durch
verschärfte Kriminalisierung und Repression gegen kurdische Abgeordnete
und Parteien. Liberale türkische Wissenschaftler und Publizisten hatten
schon seit längerem einen Friedensdialog unter Einbeziehung von PKK und
Abdullah Öcalan eingefordert, den auch die kurdische Seite seit Jahren
anstrebt - der aber immer wieder auch durch Anschläge, die der PKK
zugerechnet werden, in Frage gestellt wurde. Der inoffiziell bereits
begonnene Dialog mit Abdullah Öcalan ist nun in Gefahr.
Mit Ausgrenzung und Repression, mit Gewalt und Militäroperationen könne
jedenfalls, so Gössner, keine friedliche, demokratische und gerechte
Lösung erzielt werden. "EU und Bundesregierung sind deshalb gefordert,
im Zuge des laufenden EU-Beitrittsprozesses mit geeigneten politischen
Maßnahmen einzuschreiten, um weiteres Blutvergießen zu verhindern und
politische Wege zu öffnen - anstatt den Konflikt auch noch durch eine
zunehmende Kriminalisierung der Kurden in Europa und Deutschland und
durch weitere Waffenlieferungen an die Türkei zu verschärfen." Deshalb
fordert die Liga sowohl eine Beendigung der Kriminalisierung und
Ausgrenzung von Kurden in Europa und Deutschland als auch den Stopp
jeglichen deutschen Waffenexports in die Türkei."
Nach Auffassung der Liga ist die politisch-friedliche Lösung der
türkisch-kurdischen Frage inner¬halb der Türkei Schlüssel und
Voraussetzung für eine Verbesserung der dortigen Menschenrechts¬lage und
für eine Demokratisierung - und damit auch für einen EU-Beitritt der
Türkei. "Schließlich ist die ,Kurdenfrage' im Kern kein Terrorproblem,
als das sie jedoch unablässig behandelt wird, sondern ein Türkeiproblem,
das mittlerweile zu einer gesamteuropäischen zivilgesellschaftlichen
Aufgabe geworden ist, die auch nur in einem europäischen Kontext
dauerhaft zu lösen sein wird."
Deshalb fordert die Liga: "EU und Bundesregierung müssen endlich die
Kurden- und Minderheitenfrage in der Türkei unter Beteiligung kurdischer
Vertreter unverzüglich und mit Nachdruck auf die Agenda der
EU-Beitrittsverhandlungen setzen, um eine demokratische,
menschenrechtskonforme und gerechte Lösung für die große kurdische
Minderheit in der Türkei zu forcieren."
31.08.2011
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