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USA bombardieren IS-Stellungen in Syrien

Kampfflugzeuge von Golfmonarchien mit von der Partie

Von Karin Leukefeld *

Mindestens 50 Angriffe hat eine amerikanisch-arabische Flugstaffel unter Führung der USA auf Gebiete in Syrien geflogen. Nach Angaben des Pentagon begannen die Angriffe gegen 3.00 Uhr in der Nacht zum Dienstag. Beteiligt waren auch Kampfjets der Vereinigten Arabischen Emirate, Katars, Bahrains, Saudi Arabiens und Jordaniens. Neben modernsten Raketen kamen auch Cruise Missile zum Einsatz, die von US-Kriegsschiffen im Roten Meer und im Persisch-Arabischen Golf abgefeuert wurden.

Die New York Times bezeichnete Umfang und Wucht der Angriffe „größer als im Irak“. Nach Militärangaben wurden Ausbildungslager, Kommandozentralen und Waffendepots der Gruppe „Islamischer Staat“ (im Irak und in der Levante, ISIL) in den Provinzen Hasakeh und Deir Ezzor im Nordosten und Osten Syriens getroffen. Die am Euphrat gelegene Stadt Rakka, die der Gruppe als Hauptquartier dient, wurde ebenfalls angegriffen. In der Provinz Idlib und bei Aleppo wurden auch Stellungen der Nusra Front zerstört.

In einer Erklärung des syrischen Außenministeriums in Damaskus wurde am Dienstagmorgen mitgeteilt, dass die Regierung wenige Stunden vor den Angriffen informiert worden sei. Sowohl dem syrischen Botschafter bei den Vereinten Nationen, Bashar al-Jaafari, als auch dem syrischen Außenminister Walid Mou’allem sei durch den Irak ein entsprechendes Schreiben von US-Außenminister John Kerry übergeben worden.

In der Erklärung findet sich kein Hinweis, ob Washington um Zustimmung für die Angriffe gebeten habe, wie Damaskus es fordert. Tatsache ist, dass die hochmoderne Luftabwehr des Landes die ausländischen Kampfjets ungehindert passieren ließ.

Syrien werde „in Kooperation mit den Staaten, die direkt oder indirekt betroffen“ seien, weiter gegen den Terror von ISIL und der Nusra Front kämpfen, so das Außenministerium. Im Rahmen der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 arbeite Syrien „eng mit dem Irak zusammen“. Indirekt bestätigt Damaskus damit Vermutungen, dass durch den Irak ein Informationskanal zu den USA besteht. Washington und seine westlichen Verbündeten sowie die Golfstaaten weigern sich offiziell, mit Damaskus im Kampf gegen ISIL zu kooperieren.

Russland kritisierte die Luftangriffe, weil sie nicht mit Damaskus abgesprochen worden seien. „Solche Aktionen können nur nach dem Völkerrecht durchgeführt werden“, hieß es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums. Eine „formale, einseitige Mitteilung über Luftangriffe“ reiche nicht aus. So eine Operation „erfordert die ausdrückliche Zustimmung der syrischen Regierung oder eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrates.“ Die USA folge ihren „geopolitischen Interessen auf Kosten der Souveränität anderer“ Staaten. Damit könnten neue Spannungen in der Region geschürt werden.

Die vom Westen unterstützte syrische Nationale Koalition (Etilaf) begrüßte in der Türkei die Angriffe. „Das wird uns im Kampf gegen Assad stärken“, sagte Monzer Akbik, ein Sondergesandter der Gruppe. „Die Angriffe müssen solange fortgesetzt werden, bis ISIL vollständig in Syrien vernichtet ist.“

Ein Kampfjet der syrischen Luftwaffe, der ebenfalls am Dienstagmorgen Stellungen der Nusra Front nahe der Golanhöhen unter Beschuss nehmen wollte, wurde derweil von Israel abgeschossen. Die Maschine habe “offenbar versehentlich” den von Israel annektierten Teil der syrischen Golanhöhen überflogen, hieß es in israelischen Militärkreisen. Eine Angriffsabsicht (auf Israel) sei nicht erkennbar gewesen. Patriot-Abwehrraketen hätten die Maschine zerstört, der Pilot konnte sich offenbar retten.

Das syrische Außenministerium verurteilte den Abschuss scharf als Verstoß gegen die UN-Sicherheitsratsresolution 2170, die den Kampf gegen den Terror von ISIL und Nusra Front ausdrücklich legitimiert.

Israel hat bereits mehrfach zugunsten der Kampfverbände in den innersyrischen Konflikt eingegriffen. So werden Verletzte in israelischen Krankenhäusern behandelt, mehrfach wurden Stellungen der syrischen Armee unter dem Vorwand beschossen, dass diese – die sich in einer Auseinandersetzung mit den Kampfverbänden befanden - Israel beschossen hätten.

Der syrische Oppositionelle Kamal Labwani (Syrischer Nationalrat), hatte erst vor wenigen Tagen verletzte Kämpfer in einem israelischen Krankenhaus besucht und die israelische Regierung um noch mehr Unterstützung gebeten. Labwani, der die jährlich stattfindende Anti-Terror-Konferenz in Herzliya besucht hatte, forderte Israel auf, eine „Flugverbotszone“ über dem Süden Syriens durchzusetzen, um die Kampfverbände („Rebellen“) gegen die syrische Armee zu schützen. Er rief die von den USA geschaffene Koalition gegen ISIL auf, auch die Regierung von Präsident Bashar al-Assad zu stürzen. „Ich hoffe, Herr Obama sieht, dass es Leute in Syrien gibt, die für ihn Partner im Kampf gegen Terror und gegen Tyrannen sind“, sagte Labwani dem israelischen Sender i24news.

* Eine - gekürzte - Fassung dieses Beitrags erscheint am Mittwoch, 24.09.2014, im "neuen deutschland"

Lesen Sie auch die Stellungnahme aus der Friedensbewegung:

Protest gegen US-Luftkrieg in Syrien / Friedensratschlag: "flagranter Bruch des Völkerrechts"
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag (24. September 2014)




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