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Drohung gegen Damaskus

"Anti-Terror-Konferenz" in Saudi-Arabien. Unterstützung der US-Strategie in Syrien beraten

Von Karin Leukefeld *

Staaten des Mittleren Ostens sollen nach dem Willen der US-Administration eine »führende Rolle« im Kampf gegen die Truppen des »Islamischen Staats« übernehmen. Das verkündete US-Außenminister John Kerry im saudi-arabischen Dschidda, wo am Donnerstag eine zweitägige Anti-Terror-Konferenz zu Ende ging, zu der der saudische König Abdullah eingeladen hatte. Neben den Außenministern der Staaten des Golfkooperationsrates (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien) hatten auch Vertreter von Ägypten, Irak, Jordanien und des Libanon teilgenommen. Auch die Türkei war dabei, wurde offiziell aber in keinem Dokument genannt. Ein Regierungsbeamter erklärte, Ankara sei nicht bereit, gegen den IS zu kämpfen.

Der saudische König Abdullah hatte zu dem Treffen eingeladen, um US-Präsident Barack Obama in seiner Strategie des »lang anhaltenden Kampfes« gegen IS zu unterstützen. In der Abschlußerklärung hieß es, daß die anwesenden Staaten »sich gemeinsam der Gefahr des Terrorismus« entgegenstellen wollten. Man werde sich an einer »koordinierten militärischen Kampagne« beteiligen und den »Geldfluß an die ausländischen Kämpfer stoppen, die durch die benachbarten Staaten« nach Syrien kämen.

Weder eingeladen noch im Abschlußdokument erwähnt wird Syrien, das wohl am meisten unter den Untaten von IS und Al-Nusra Front zu leiden hat. Syrien hat wiederholt angeboten, im Sinne der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 (Kampf gegen die Al-Nusra Front und den »Islamischen Staat)) gegen den Terrorismus zu kooperieren. US-Präsident Obama schloß eine Zusammenarbeit mit Damaskus allerdings explizit aus. Statt dessen sollen die zerstrittenen Kampfverbände der »Freien Syrischen Armee« Waffen und Ausrüstung im Wert von 500 Millionen US-Dollar erhalten, sofern der US-Kongreß zustimmt. Saudi-Arabien hat zugesagt, diese nach Ansicht des Westens »moderaten« Kämpfer zu trainieren, damit sie sowohl gegen IS als auch gegen die Führung in Damaskus kämpfen sollen.

Die vom Westen als »legitime Vertretung Syriens« anerkannte »Nationale Koalition« (Etilaf) in der Türkei begrüßte die Ankündigung Obamas. Man sei »bereit und willig, Partner der internationalen Gemeinschaft zu werden«, hieß es in einer schriftlichen Erklärung von Etilaf-Präsident Hadi Al-Bahra. »Nicht nur, um den IS zu bekämpfen, sondern auch um das syrische Volk von der Tyrannei des Assad-Regimes zu befreien«.

Der syrische Oppositionelle Kamal Al-Labwani forderte hingegen finan­zielle und politische Unterstützung, um politische Institutionen in den »befreiten Gebieten« Syriens aufzubauen. Labwani, der nach zehn Jahren Haft 2011 aus dem Adra-Gefängnis bei Damaskus entlassen worden war und heute in Schweden lebt, gehört zu den Gründungsmitgliedern des Syrischen Nationalrates. Er hat erklärt, er ziehe ein Eingreifen Israels in den innersyrischen Krieg einem Eingreifen der NATO vor.

Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Witali Tschurkin, warnte derweil die USA davor, einseitige Luftangriffe auf Stellungen des »Islamischen Staats« in Syrien zu unternehmen, ohne die Zustimmung der syrischen Regierung eingeholt zu haben. Eine solche Entscheidung verstoße gegen das Völkerrecht und werde »internationale Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus« komplizieren, sagte Tschurkin im Nachrichtensender Rußland 24.

* Aus: junge Welt, Samstag 13. September 2014

"War es sinnvoll, Baschar al-Assad zu isolieren?"

Auszug aus einem Interview mit Michael Lüders im Deutschlandfunk:

Lüders: ... Es muss wirklich klar gesagt werden, dass die Herausforderung des Islamischen Staates eine sehr, sehr ernste ist. Man kann sie nicht militärisch allein lösen, es braucht auch eine politische Maßnahme: wie geht man um mit den zerfallenden Regimen in Irak, in Syrien? War es sinnvoll, Baschar al-Assad zu isolieren, oder braucht man ihn wieder? Diese Frage wird in diesen Tagen erörtert werden. Und vor allem: Es fehlt einfach an einer liberalen sunnitischen Gegenbewegung in einem gedeihlichen gesellschaftlichen Umfeld, die dieser Bewegung wirklich die Substanz nehmen könnte. Das fehlt.

Müller: Könnte es doch sein, dass die Golf-Staaten, die viel gepriesenen und gescholtenen Golf-Staaten, politisch – wir haben jetzt über den militärischen Aspekt gesprochen – auch gar nicht so richtig da heran wollen, weil das zu gefährlich ist?

Lüders: Ja, in der Tat. Die Golf-Staaten sind vollkommen gespalten. Es gab ja wiederholt den Vorwurf, dass beispielsweise das Golf-Emirat Katar direkt die Kämpfer des Islamischen Staates unterstützen würde. Diese Behauptung ist in dieser Form falsch. Aber richtig ist, dass reiche religiöse Stiftungen und reiche Privatpersonen aus den Golf-Staaten den Islamischen Staat unterstützen, ...

Müller: Die dann geduldet werden? Die dann von staatlicher Seite geduldet werden?

Lüders: Und der Staat lässt diese reichen Institutionen und reichen einheimischen Bürger dieses auch tun, weil man sich damit nicht anlegen möchte. Die sind auch zu einflussreich. Aber die Regime selber haben große Angst vor dem islamischen Staat, allen voran Saudi-Arabien, weil sie Angst haben, ins Visier zu geraten, wie ja schon einmal zuvor zu Zeiten von Osama Bin Laden.

Deutschlandfunk, 12.09.2014; http://www.deutschlandfunk.de




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