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Bemühungen um Dialog in Syrien

Treffen von Oppositionellen mit der Regierung nahestehenden Kreisen. Fortschritte beim Abtransport von C-Waffen

Von Karin Leukefeld *

Der Abtransport chemischer Waffenbestände aus Syrien geht weiter zügig voran. Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) teilte am Donnerstag mit, daß inzwischen 92,5 Prozent aller Bestände aus dem Land abtransportiert worden seien. Die OPCW-Beauftragte Sigrid Kaag, die den Prozeß vor Ort kontrolliert, lobte die Unterstützung der UN-Staaten, die den Abtransport ermöglichten. Dänemark und Norwegen haben Schiffe für den Abtransport aus dem syrischen Hafen Lattakia zur Verfügung gestellt. Rußland unterstützt die syrische Regierung bei der Sicherung und dem Transport im Land. Sie freue sich über den »wichtigen Fortschritt«, den der Abtransport in den letzten drei Wochen gemacht habe, sagte die holländische Diplomatin. Der UN-Sicherheitsrat hat die Frist für den Abtransport aus Syrien auf Ende April verkürzt. Bis zum 30. Juni sollen alle Bestände vernichtet sein.

Unklarheit besteht weiterhin über den möglichen Einsatz von chemischen Substanzen in dem Ort Kafar Sita in der Provinz Idlib am 11. April. Während westliche Regierungen, Medien und Teile der syrischen Opposition der Assad-Regierung den Einsatz von Chlorgas vorwerfen, wies der syrische UN-Botschaft Baschar Al-Dschaafari die Behauptungen zurück. Die syrische Regierung lehne den Einsatz von Giftgas oder chemischen Waffen »kategorisch ab«, sagte Al-Dschaafari in New York. Er kritisierte scharf die US-Regierung, die den bewaffneten Gruppen moderne Flugabwehrraketen geliefert hätte. Washington müsse die Verpflichtungen einhalten, die es mit Rußland und der UNO für die Umsetzung eines politischen Prozesses in Syrien eingegangen sei, betonte er.

Verschiedene arabische Medien schreiben darüber, daß der Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi zurücktreten wolle. Da es aber derzeit keinen Nachfolger für ihn gäbe, habe er seine Absicht bisher nicht offiziell mitgeteilt. Die libanesische Tageszeitung As Safir berichtete derweil über einen »Zweiten Weg« (Track II) für eine Verhandlungslösung, an dem weder Rußland noch die USA beteiligt seien. Unter Vermittlung des Büros von Lakhdar Brahimi hätten sich bereits mehrmals Delegationen syrischer Oppositioneller und Personen mit guten Beziehungen zur syrischen Regierung getroffen. Es ginge »um Dialog, nicht um Verhandlungen«, schreibt die Zeitung. »Europäische Machtzentren, die an einer friedlichen Beilegung bewaffneter Konflikte interessiert« seien, unterstützten die Gespräche. Ein weiteres Treffen sei für das kommende Wochenende in Genf vorgesehen. Ziel sei nach Auskunft eines teilnehmenden Oppositionellen, sich auf gemeinsame Grundlagen zu einigen, bevor man offiziell eine neue Verhandlungsrunde beginnen wolle. Teilnehmer seien Oppositionelle aus Syrien und aus dem Ausland, die nicht an den Genfer Gesprächen zu Beginn des Jahres teilgenommen hätten. Auf der anderen Seite nähmen Personen teil, die der Regierung in Damaskus nahestünden, darunter ehemalige Regierungsbeamte und Minister. Nicht beteiligt sei die Nationale Koalition, die von den USA, Deutschland und den »Freunden Syriens« als einzige legitime Vertretung des syrischen Volkes bei den Genfer Gesprächen unterstützt worden war. Laut As Safir dienten die bisher erreichten 48 lokalen Waffenstillstände (Provinz Homs, Umland von Damaskus) als Vorlage für eine weitergehende Einstellung von Kampfhandlungen in Syrien. Möglich sei auch, daß an einem der nächsten Treffen Personen teilnehmen könnten, »die der bewaffneten Opposition, insbesondere Vertretern der Islamischen Front«, nahestünden.

In Syrien ist derweil die Zahl der Kandidaten für die bevorstehende Präsidentschaftswahl auf zwei gestiegen. Neben dem Parlamentsabgeordneten Maher Abdul-Hafiz Hajjar (KP Syrien) hat am Donnerstag auch der Geschäftsmann Hassan Abdullah Al-Nouri seinen Hut in den Ring geworfen. Der 1960 geborene Al-Nouri stammt aus Damaskus und leitete die Industrie- und Handelskammer (Damaskus). Er war Abgeordneter im syrischen Parlament und von 2000 bis 2002 Staatsminister. Al-Nouri ist Vorsitzender der Nationalen Initiative für Verwaltung und Wandel in Syrien.

* Aus: junge Welt, Samstag 26. April 2014


Syria: OPCW-UN confirms progress in removing, destroying chemical weapons **

24 April 2014 – More than 90 per cent of Syria’s chemical weapons material has been removed and destroyed in country, the head of the Joint Mission of the Organization for the Prohibition of Chemical Weapons and the United Nations today confirmed.

The Special Coordinator of the Joint Mission, Sigrid Kaag, welcomed in a statement “significant progress” over the last three weeks and thanked States for their “steadfast support” in pushing operations to 92.5 per cent.

“I strongly encourage the Syrian authorities to conclude the removal operations as part of their efforts to achieve the 30 June 2014 deadline,” she said.

The removal of the most critical material for destruction began in early January, in line with an agreement brokered by Russia and the United States under which Syria renounced its chemical weapons material and joined 1992 Convention on the Prohibition of the Development, Production, Stockpiling and Use of Chemical Weapons.

In addition to the removal operations, the Syrian authorities have destroyed buildings, equipment and empty mustard gas containers, and decontaminated other containers in a number of chemical weapons storage and production sites.

“A majority of these sites are now closed,” Ms. Kaag confirmed.

** UN News Centre, 24 April 2014; http://www.un.org


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