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UN-Plenum stimmt über Syrien ab

Damaskus plant Referendum am 26. Februar

Nach dem Scheitern der Syrien- Resolution im Weltsicherheitsrat will die UN-Vollversammlung am heutigen Donnerstag (16. Feb.) in New York über einen Entwurf abstimmen, in dem das Vorgehen des syrischen Staates gegen Oppositionelle verurteilt wird. Wie UN-Diplomaten am Mittwoch (15. Feb.) in New York mitteilten, soll die Abstimmung um 21 Uhr MEZ stattfinden. Die Vollversammlung kann zwar offiziell Verurteilungen aussprechen, aber keine Sanktionen beschließen. Bereits am Wochenende hatten US-Medien über einen von Saudi- Arabien vorbereiteten Resolutionsentwurf berichtet, in dem die Verletzung von Menschenrechten durch die Regierung von Präsident Baschar al-Assad verurteilt und ein sofortiges Ende der Angriffe auf die Bevölkerung gefordert wird.

In Damaskus kündigte Assad unterdessen einen Schritt zur Demokratisierung an. Am 26. Februar sollen die Syrer über eine neue Verfassung abstimmen. Die wesentlichste Neuerung ist, dass die führende Rolle der seit Jahrzehnten regierenden Baath-Partei nicht mehr festgeschrieben ist. Politische Aktivitäten auf Basis der Religion oder der Stammeszugehörigkeit sind weiter verboten. Gleichzeitig wird betont: »Die islamische Jurisprudenz ist die Hauptquelle der Gesetzgebung«, und nur ein Muslim darf Präsident werden. Die Frage, wie diese Abstimmung praktisch ablaufen soll, während in mehreren Provinzen Bürgerkrieg herrscht, blieb allerdings offen.

Eine Explosion in der Stadt Homs zerstörte eine Gaspipeline. Syrische Medien machten Terroristen dafür verantwortlich.

* Aus: neues deutschland, 16. Februar 2012

Hier ist der Resolutions-Entwurf der Generalversammlung:

The situation in the Syrian Arab Republic

Quelle: Website der UNO: The situation in the Syrian Arab Republicwww.un.org



Syriens Baath-Partei soll nicht mehr führen **

Syrien soll am 26. Februar über eine neue Verfassung abstimmen. Das kündigte Staatschef Baschar Al-Assad am Mittwoch in Damaskus an. Zuvor hatte am Sonntag eine mit der Ausarbeitung des neuen Grundgesetzes beauftragte Kommission dem Präsidenten ihren Entwurf übergeben. Dieser werde nun von Assad geprüft und dann vor der Abstimmung in eineinhalb Wochen dem Parlament übermittelt. In dem Entwurf wurde unter anderem der Passus gestrichen, der bislang die führende Rolle der regierenden Baath-Partei in Nation und Gesellschaft festschrieb, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur SANA.

Assad hatte die Kommission im vergangenen Oktober eingesetzt. Diese habe es als ihre Hauptaufgabe gesehen, eine Verfassung vorzulegen, das Land »zu einem Beispiel für die Erfüllung der Freiheitsrechte und politischer Pluralität« machen könne und eine neue Etappe einläute, die Syriens Kulturgeschichte bereichern werde, zitierte SANA Mitglieder des Ausschusses. Assad würdigte die Arbeit der Experten. Nach der Verabschiedung der neuen Verfassung werde das Land zusammen mit den bereits beschlossenen Reformen und Gesetzen die wichtigsten Schritte zu einer »neuen Ära der Zusammenarbeit aller Schichten des syrischen Volkes« unternommen haben, sagte er.

Unterdessen hielten die Kämpfe in mehreren Städten des Landes unvermindert an. In Hama starteten die Regierungstruppen unbestätigten Angaben von Oppositionellen zufolge am Mittwoch eine neue Offensive. Über Homs, einer der Hochburgen der Assad-Gegner, lag am Mittwoch nach einem Angriff auf eine Ölpipeline dichter schwarzer Rauch. SANA machte Terroristen für den Anschlag verantwortlich. In Homs liegen zwei Ölraffinerien, die betroffene Pipeline wird für die Versorgung der Hauptstadt Damaskus und des Südens des Landes genutzt.

** Aus: junge Welt, 16. Februar 2012

USA und syrische Opposition lehnen Verfassungs-Referendum ab

Syrische Oppositionsgruppen haben zum Boykott des von Präsident Baschar al-Assad geplanten Verfassungsreferendums aufgerufen. Der Entwurf zur neuen Verfassung, der wichtige Machtbefugnisse beim Präsidenten belässt, atme denselben "Geist" wie der bisherige Text, erklärten die Örtlichen Koordinierungskomitees (LCC) laut AFP.

Die neue Verfassung billige dem Präsidenten weiterhin "uneingeschränkte Vorrechte" zu und erhebe ihn zu einem "absoluten und ewigen Führer", hieß es in der LCC-Erklärung. Vor dem Ende der Gewalt sei eine Teilnahme an dem Referendum nicht möglich, erklärten auch die Koordinierungskomitees für den nationalen und demokratischen Wandel. Eine politische Lösung sei undenkbar, solange die Regierung auf eine militärische Lösung setze. Assad hatte am 15. Februar den Termin für das Referendum auf den 26. Februar festgesetzt.

Der Entwurf zur neuen Verfassung erlaubt in Syrien erstmals die Gründung von Parteien und beendet damit das Machtmonopol der seit fünf Jahrzehnten regierenden Baath-Partei. Dies war eine zentrale Forderung der Opposition, doch verlangen die Regierungsgegner inzwischen auch den Rücktritt Assads. Gemäß dem Entwurf soll der Präsident direkt vom Volk für maximal zwei Mandate gewählt werden. Demnach behält er das Recht zur Ernennung des Regierungschefs. Die Opposition fordert aber, dass die Mehrheit im Parlament den Ministerpräsidenten stellt.

Während Russlands Außenminister Sergej Lawrow den Verfassungsentwurf einen "Schritt nach vorn" nannte, bezeichnete der Sprecher von US-Präsident Barack Obama ihn als "lächerlich". Die syrische Regierung habe ihre Reformversprechen noch nie umgesetzt.

Quelle: Nachrichtenagenturen, 16. Februar 2012




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