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"Syrien ist zum Schlachtfeld der Großmächte geworden"

Gespräch mit Louay Hussein. Über die Opposition in Damaskus und im Ausland, die Beobachtermission der Arabischen Liga und die drohende Internationalisierung des Konflikts

Von Karin Leukefeld in Damaskus *

Der Schriftsteller und Verleger Louay Hussein ist Mitbegründer der Organisation »Den syrischen Staat aufbauen«, einer im Oktober 2011 entstandenen Basisgruppe, die außer in Damaskus auch in Kamischli und Hasake, in London und Paris vertreten ist. Sie konzentriert sich auf eine innersyrische Lösung des Konflikts. 1984 war Louay Hussein verhaftet worden. Damals gehörte er der (verbotenen) Kommunistischen Arbeiterpartei Syriens an und beendete gerade sein Philosophiestudium. Nach sieben Jahren kam er 1991 wieder frei. Im Juni 2011 war er Mitorganisator der ersten Konferenz der syrischen Opposition in Damaskus, an der rund 150 Menschen teilnahmen.

Wo steht Syrien heute, und wo steht die syrische Opposition?

Syrien steht am Rande eines Bürgerkrieges. Und wir sind ein Stück weiter auf dem Weg, daß aus dem internen Konflikt eine internationale Krise wird. Alle Oppositionsgruppen, sowohl die in Syrien als auch die im Ausland, waren nicht in der Lage, eine vereinigte Front zu bilden, die aktiv und positiv in das aktuelle Geschehen hätte eingreifen können.

Im Juni vergangenen Jahres waren Sie einer der Organisatoren der Oppositionellenkonferenz in Damaskus. Was ist aus den 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern geworden? Warum gibt es kein öffentliches Auftreten oder wenigstens eine gemeinsame Erklärung zu dem, was in Syrien geschieht?

Zunächst möchte ich sagen, daß ich sehr traurig darüber bin, wie sich alles in meiner Heimat entwickelt hat. Sollten wir keine Lösung finden, und sollte die Lage weiter eskalieren, werden die Türkei, der Libanon, Irak, Jordanien, kurz, alle Nachbarländer diese Krise zu spüren bekommen. Nicht nur die Gesellschaften, auch die Regierungen werden erschüttert.

Auf Ihre Frage gibt es leider keine einfache Antwort. Die Lage ist ziemlich kompliziert, und wir haben mehr als einen Versuch unternommen, ein ähnliches Treffen wie die Junikonferenz zu wiederholen. Ein Grund dafür ist, daß wir – als interne Opposition – einem wirklich brutalen Angriff von seiten einiger arabischer Medien ausgesetzt waren. Dafür bedienten sie sich auch sogenannter Exil­oppositioneller.

Das ist ein schwerer Vorwurf gegenüber den Medien und der Auslandsopposition.

Ich sage das, weil sie unsere Konferenz direkt angegriffen haben. Sie warfen uns vor, daß wir mit deren Durchführung die Existenz des Regimes verlängern würden. Diese Personen, die uns teilweise täglich über die Satellitensender attackierten, die in der arabischen Welt die höchste Einschaltquote haben, verbreiteten die Meinung, daß es in Syrien eigentlich gar keine politische Opposition gebe. Sollte eine im Land existieren, sei diese entweder vom Regime zugelassen oder vom Regime selbst gebildet worden. Diese Vorwürfe – und nicht der Druck des Regimes – führten dazu, daß es uns nicht gelungen ist, weitere gemeinsame Treffen zu organisieren. Und die Jugendbewegung, die von Anfang an diese Volksbewegung mitgestaltet hat, wurde davon abgehalten, sich neuen politischen Gruppen oder Parteien anzuschließen.

Einige bekannte Oppositionelle wie Haytham Manna vom Nationalen Koordinationskomitee (NCC) haben vergeblich versucht, sich mit dem Syrischen Nationalrat auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Die Positionen dieser beiden Gruppen sind sehr verschieden, das wird nicht gelingen.

Warum ist es so schwierig für die innersyrische Opposition, sich mit dem Syrischen Nationalrat zu einigen?

Nun, seine Art, mit dem Konflikt hier in Syrien umzugehen, ist für uns als Oppositionelle in Syrien unakzeptabel. Sie wollen die Lösung der ganzen Sache in fremde Hände legen. Sie wenden sich an die internationale Gemeinschaft, den Sicherheitsrat, die Großmächte. Wir wollen eine Lösung hier, in Syrien erreichen. Die Mehrheit der politischen Aktivisten in unserem Land ist nicht einverstanden mit der Richtung, die der Syrische Nationalrat eingeschlagen hat. Die Frage, wie wir das Regime überwinden können, ist schwer genug zu lösen. Durch die Bildung des Syrischen Nationalrates ist das noch komplizierter geworden.

Warum das, wenn die einen doch im Land und die anderen im Ausland agieren?

Der Syrische Nationalrat nimmt für sich in Anspruch, alle Teile der Opposition zu vertreten. Auch wenn viele der westlichen Staaten wohl wissen, daß der Rat diesem Anspruch nicht gerecht wird, fragen sie uns doch immer: Und wie wollt ihr die Opposition einigen? Einfach ist das natürlich nicht mit einer politischen Führung, die uns weitgehend ignoriert.

Aber die Uneinigkeit der Opposition ist ja ein Problem.

Bevor man im Ausland diesen Nationalrat erfunden hat, und ich benutze das Wort »erfunden« sehr bewußt, war die syrische Opposition in gewisser Weise einig. Sie war sich einig in dem, was sie sagte, in ihren Positionen und in ihren Handlungsabsichten. Doch jedes Mal, wenn wir zum Zusammenschluß aufriefen, tauchte wie eine Barriere dieser Nationalrat vor uns auf. Bis heute ist es dem Rat nicht gelungen, die wichtigen politischen Kräfte des Landes, Denker und Intellektuelle für sich zu gewinnen. Er hat keinen politischen Aktionsplan. Alles, was er kann und tut, ist, den Sicherheitsrat aufzufordern, das Regime in Syrien zu stürzen. Zum einen würde das unsere Probleme nicht lösen, und zum anderen läßt es keinen Raum für Verhandlungen. Wie gesagt, unsere Lage ist äußerst schwierig.

Dennoch haben Sie mit Gleichgesinnten eine Bewegung aufgebaut.

Wir mußten wirklich Hürden überwinden, um unsere Bewegung »Den syrischen Staat aufbauen« zu gründen. Wir und andere, die sich organisiert haben, wurden massiv angegriffen. Man wirft uns vor, wir wollten das Regime entlasten und auf Konfrontationskurs zum Syrischen Nationalrat gehen. Die Härte dieser Auseinandersetzungen versteht man nur, wenn man weiß, daß es hier im Land bisher einfach kein echtes politisches Leben gegeben hat. Tausende Aktivisten in Syrien trauen sich einfach nicht, die eigene Organisierung anzupacken. Sie weichen vor dem Nationalrat zurück, der tägliche Auftritte in arabischen Massenmedien hat.

Fördern diese Auseinandersetzungen und der Stillstand die Gewalt?

Auf jeden Fall. Aber ich muß auch hinzufügen, daß die traditionellen Oppositionskräfte in der Tat nicht fähig waren, sich dem Regime entgegenzustellen, geschweige denn, es zu überwinden. Darum ist es auch so wichtig, daß wir als traditionelle Oppositionsgruppe mehr junge Leute gewinnen. Was wiederum durch das Verhalten des Syrischen Nationalrates verhindert wird.

Sieht aus, als wären Sie zwischen dem Regime und dem Syrischen Nationalrat »eingeklemmt«.

So ist es. Für politische Aktivisten in Syrien bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist man auf der Seite mit dem Regime, oder man ist auf der Seite des Syrischen Nationalrates. Das ist natürlich falsch und unfair.

Der Syrische Nationalrat betreibt ja eine professionelle Medienarbeit.

Darüber weiß ich wenig. Aber sie werden natürlich von einigen Regierungen unterstützt, und sie agieren in Staaten, in denen es Pressefreiheit gibt. Also können sie jederzeit Stellungnahmen abgeben, Pressekonferenzen abhalten oder im Fernsehen sprechen. Sie sitzen nicht in Damaskus. Ich will ein Beispiel nennen. Ich war eine von vier, fünf Personen in Syrien, die von arabischen Satellitensendern – Namen will ich jetzt nicht nennen – regelmäßig für politische Analysen kontaktiert wurden. Nachdem die Demonstrationen im März vergangenen Jahres begannen, wurde ich täglich mehrmals angerufen, ich stand richtig unter Druck durch diesen Sender. Das endete abrupt mit der Gründung des Syrischen Nationalrates, seitdem ruft kein Sender mehr an. Dieses Gremium mag in den Medien sehr präsent sein, aber ich zweifele, ob es hier vor Ort ebenso präsent ist.

Lassen Sie uns über die Beobachtermission der Arabischen Liga sprechen. Wie schätzen Sie diese Mission ein, hat sie etwas gebracht für Sy­rien und das syrische Volk? Hat sie gut gearbeitet, und sollte sie verlängert werden?

Ich will noch einmal betonen, daß diese Mission nicht den Auftrag hatte, die Krise in Syrien zu lösen. Ihre Aufgabe war herauszufinden, ob das Regime seine Verpflichtungen erfüllt, die es mit der Arabischen Liga eingegangen war. Die Anwesenheit der Beobachtermission war gut und nützlich, aber es ist auch klar geworden, daß die Arabische Liga nicht die Krise hier im Land lösen kann. Und ich bin überzeugt, daß es einflußreiche Staaten in der Liga gibt, die gar kein Interesse daran haben, daß wir in Syrien zu einer dauerhaften Lösung kommen. Sie haben die Beobachter zwar geschickt, aber gleichzeitig hatten sie kein Interesse, daß deren Mission erfolgreich ist.

Wen meinen Sie mit den »einflußreichen Staaten« der Liga?

Früher waren Syrien, Saudi-Arabien und Ägypten die starken Staaten in der Liga. Jetzt ist Ägypten geschwächt und Syriens Mitgliedschaft wurde suspendiert. Die einzigen Länder, die dort den Ton angeben, sind Saudi-Arabien und Katar. Wenn die Liga es mit der Beobachtermission ernst gemeint hätte, hätte sie sie gleich am Anfang der Ereignisse nach Syrien geschickt. Das würde ich vom Generalsekretär Nabil Al-Arabi gern wissen: Warum haben Sie niemanden nach Syrien geschickt? Wir, also einige Oppositionelle waren im Sommer in Kairo und wir haben eine Liste mit 150 Namen von Personen vorgelegt, die alle bereit waren, als Beobachter nach Syrien zu kommen. Menschenrechtsaktivisten, Anwälte, Vertreter von angesehenen arabischen Organisationen. Nichts ist passiert. Sie brauchen uns nichts vormachen, die Liga kann und diese Staaten, Katar und Saudi-Arabien, wollen die Krise in Syrien nicht lösen.

Konnten Sie oder Mitglieder Ihrer Organisation die Beobachter begleiten, als die hier in Syrien waren?

Wir mußten uns gewaltig anstrengen, bevor drei unserer Mitglieder eine Beobachterin zu einem Gespräch treffen konnte. Natürlich haben wir die Mission im Vorfeld kontaktiert. Wir haben Vorschläge gemacht, wie wir zusammenarbeiten könnten. Wir haben angeboten, daß sie Aktivisten vor Ort treffen können, wir haben ihnen mitgeteilt, daß wir Programme entwickelt haben, wie Zivilisten geschützt werden könnten, aber sie haben nicht geantwortet. Sie haben noch nicht einmal eine Empfangsbestätigung geschickt.

Vielleicht haben die eingesetzten Beobachter Ihre Vorschläge nicht erhalten?

Ich bin überzeugt, daß alle unsere Papiere in Kairo angekommen sind. Nabil Al-Arabi hat mir persönlich versichert, daß die Sachen eingegangen waren und daß er sie gelesen hat. Fakt ist, diese Mission wurde vom Außenministerrat der Liga geschickt. Sie haben das nur gemacht, um überhaupt irgendwas zu tun, nicht um tatsächlich aktiv zu werden.

Sie und andere Oppositionelle treffen sich gelegentlich mit europäischen Diplomaten in Damaskus. Man kennt also die Position der syrischen Opposition im Land und orientiert dennoch auf den UN-Sicherheitsrat.

Natürlich hat der Westen keine Lösung für Syrien. Aber aus eigenen politischen Erwägungen heraus will er seiner Bevölkerung vermitteln, daß es a) ein Problem in Syrien gibt und b), daß man sich darum kümmert. Und das heißt, sich an den Sicherheitsrat zu wenden. Für uns ist der Gang zum Sicherheitsrat der schlimmste Fall, der eintreten kann. Weil es lange dauern wird, bis man sich dort einigt und kostbare Zeit vertan wird, in der man hier in Syrien etwas hätte tun können.

Syrien hat kein Öl oder irgendwelche anderen Bodenschätze, zu deren Sicherung die internationale Gemeinschaft schnell eingreifen würde. Das einzige Interesse, das der Westen allgemein an Syrien hat, ist, das Land in einem relativ stabilen Zustand zu halten, damit die Sicherheit Israels nicht gefährdet wird. Nehmen wir mal an, einige der religiösen Hardliner, die jetzt von einigen westlichen Staaten unterstützt werden, würden Selbstmordanschläge gegen Israel ankündigen. Ich bin mir sicher, daß die EU sich schon morgen ganz anders verhalten würde.

Sie meinen religiöse Hardliner in den Reihen der syrischen Opposition?

Genau. Wir haben ja jetzt ausländische Journalisten im Land, und sie haben Berichte darüber veröffentlicht. Sie haben solche Gruppen getroffen, vor allem im Norden des Landes, bei Idlib. Es gibt auch Berichte darüber, daß arabische und westliche Staaten solche Gruppen ausbilden. Tut mir leid, wenn ich so ein pessimistisches Bild zeichne. Aber ich bin der festen Überzeugung, daß wir auf totale Unsicherheit und einen Bürgerkrieg zusteuern, wenn wir nicht innerhalb weniger Wochen einen politischen Durchbruch schaffen.

Sie meinen in Syrien?

Ja, wir brauchen einen internen politischen Durchbruch. Und wenn die internationale Gemeinschaft ihn nicht unterstützt, soll sie ihn wenigstens nicht behindern. Wir haben einen solchen Vorschlag gemacht, der zu einem Durchbruch führen könnte, dennoch wurde die ganze Sache zum UN-Sicherheitsrat getragen. Natürlich gibt es Staaten, die eine syrische politische Lösung gar nicht wollen.

Und wie könnte ein solcher Durchbruch erreicht werden?

Nach Meinung unserer Bewegung »Den syrischen Staat aufbauen« wäre der beste Weg, das Regime zu einem »sicheren Ende« zu führen. Dafür brauchen wir eine Übergangsphase, in der eine Autorität, eine Kommission die Geschäfte führt, die sowohl aus Vertretern der Opposition als auch aus Vertretern des Regimes besteht. Wir haben diesen Vorschlag bei der Arabischen Liga eingereicht, von dort wurde er jetzt – mit Änderungen – zum UN-Sicherheitsrat getragen. Das ist eine unglückliche Entwicklung, denn der interne Konflikt Syriens wurde internationalisiert. Wir konnten zum Beispiel den Ministerpräsidenten von Katar hören, wie er im UN-Sicherheitsrat mit dem russischen Botschafter diskutierte. Über Syrien, aber ohne einen syrischen Vertreter.

Sie kritisieren diesen Weg in den UN-Sicherheitsrat, legen aber gleichzeitig Ihre Vorschläge der Arabischen Liga vor. Gibt es denn keine Kontakte zu Vertretern der reform­orientierten politischen Führung?

Es gibt keinen Ansprechpartner für uns in der Regierung. Nicht eine Person, mit der wir darüber reden können, wie wir unser Land vor der kompletten Zerstörung bewahren können. Wir wenden uns an die Arabische Liga, weil Syrien ja deren erste Initiative akzeptiert und unterzeichnet hatte. Damit ist die Liga auch international legitimiert. Ich möchte noch einmal klarstellen, daß wir nicht gegen den UN-Sicherheitsrat sind, weil wir Angst vor einer unmittelbaren militärischen Intervention in Syrien haben. Wir gehen nicht davon aus, daß so etwas innerhalb des vor uns liegenden Jahres geschehen wird. Wir sind gegen die Einschaltung des UN-Sicherheitsrates, weil es die Gewalt und die Spaltung im Land weiter verschärft. Die innersyrische Spaltung ist eine der gefährlichsten Entwicklungen. Rußland und China haben ihr Veto im Sicherheitsrat nicht eingelegt, weil sie Syrien oder die Syrer so sehr mögen, sondern weil sie nicht wollen, daß der Westen dem Land seinen Willen aufzwingt. Syrien ist zum Schlachtfeld der Großmächte geworden.

Liegen Ihnen Informationen über die aktuelle Militäroffensive in Homs und in einigen Vororten von Damaskus vor?

Einzelheiten sind kaum bekannt, die Armee und die Sicherheitskräfte liefern sich Kämpfe mit anderen bewaffneten Gruppen. Ich befürchte, wir werden in den nächsten Wochen noch mehr davon haben, in verschiedenen Teilen des Landes. Die Zahl der Opfer wird weiter steigen, aber politisch wird sich überhaupt nichts ändern. Die Menschen, die jeden Tag sterben, sterben vergeblich. Und natürlich bringt das unser Land weiter in Richtung Bürgerkrieg.

Befürchten Sie auch einen konfessionellen Krieg, zwischen den Religionsgruppen?

Wenn Syrien in einen Bürgerkrieg abrutscht, wird auf verschiedenen Ebenen gekämpft, auch zwischen den Religionsgruppen.

Die Vereinten Nationen sprechen von mehr als 5000 Zivilisten, die in Syrien getötet wurden. Getötete Soldaten und Sicherheitskräfte zählen sie nicht. Verfügt die innersyrische Opposition oder Ihre Organisation über Zahlen?

Wir haben keine exakten Zahlen, niemand hat die. Aber ich bin mir sicher, daß weit mehr als 5000 Menschen getötet wurden. Wir wissen von über 1000 Gefangenen, von denen man seit langem nichts mehr gehört hat, keiner weiß, was aus ihnen geworden ist. Wir vermuten, daß sie nicht mehr leben. Sie sind länger inhaftiert, als es nach dem Gesetz zulässig ist, und keiner hat mehr von ihnen gehört, darum müssen wir sie als tot oder vermißt bezeichnen.

Sind Ihnen die Namen dieser Personen bekannt?

Wir haben der Arabischen Liga eine Liste mit 250 Namen übergeben, die gesichert waren. Aber weder dort noch bei der Beobachtermission hat man sich dafür interessiert.

Sind die Zahlen der Gefangenen und der Freigelassenen ebenso vage?

Sie sind noch ungenauer.

Präsident Baschar Al-Assad hat in den vergangenen Monaten eine Reihe von Reformen angekündigt: ein neues Wahlgesetz, ein neues Mediengesetz, eine Kommission hat einen neuen Verfassungsentwurf ausgearbeitet. Sind diese Reformen für Sie glaubwürdig?

Nein. Ich glaube, sie sind nicht ehrlich gemeint, und sie sollen vom Volksaufstand ablenken. Für uns ist das größte Problem, daß die politische Führung und die Sicherheitskräfte, also die Geheimdienste, sich über Recht und Gesetz stellen und sich selbst an ihre eigenen Gesetze nicht halten.

* Aus: junge Welt, 11. Februar 2012


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