Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Tauwetter zwischen Damaskus und Riad

Nach erstem Besuch des saudischen Königs Abdullah in Syrien Konfliktpotenzial ausgeräumt

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

König Abdullah von Saudi-Arabien hat vergangene Woche erstmals seit seiner Thronbesteigung vor vier Jahren Syrien besucht. Dessen Präsident Baschar al-Assad, der den Monarchen am Flughafen in Damaskus empfing, war mit der saudischen Führung in den vergangenen Jahren mehrfach aneinandergeraten.

Nach Jahren eisiger Feindschaft zwischen Saudi-Arabien und Syrien hat der Besuch des saudischen Königs Abdullah in Damaskus offenbar zu einer Klimaverbesserung geführt. Abdullah herrscht seit 2005 in Saudi-Arabien, das eng mit den USA verbündet ist und die US-Invasion in Irak 2003 unterstützt hat, während Syrien sie kategorisch ablehnte.

Ein zweiter Konfliktpunkt: Die Saudis waren eng verbunden mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri und machten für dessen Ermordung 2005 Damaskus verantwortlich. Außerdem missfallen Saudi-Arabien die engen Verbindungen Syriens mit Iran, mit der libanesischen Hisbollah und der palästinensischen Hamas-Bewegung.

Mit dem Wechsel im Weißen Haus in Washington und der Wahl einer rechten Regierung in Tel Aviv haben sich Damaskus und Riad wieder angenähert. Assads Beraterin Bouthaina Schaaban bezeichnete die Gespräche als »positiv und konstruktiv«. Angesichts der »israelischen Aggression gegen die Al-Aqsa-Moschee, gegen Jerusalem und die Palästinenser« sei es unabdingbar, »außergewöhnliche arabische Beziehungen zu knüpfen« und mit einer Stimme zu sprechen, sagte Schaaban vor Journalisten.

Assad und Abdullah verurteilten die »Judaisierung Jerusalems«, die sich aktuell in einem provokativen Anstieg neuer Siedlungen und Auseinandersetzungen um die Al- Aqsa-Moschee zeigt. Die Blockade gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen müsse aufgehoben, der illegale Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten gestoppt werden, hieß es. Gemeinsam will man zudem »Sicherheit und Stabilität in Irak« und eine »innerirakische Versöhnung« unterstützen. Es wurden bilaterale Handels- und Investitionsabkommen vereinbart, die Zusatzsteuer auf die Ausfuhr syrischer Produkte nach Saudi-Arabien soll aufgehoben werden.

Auch in der Libanon-Frage milderte sich offenbar die Konfrontation. Sowohl Abdullah als auch Assad begrüßten die libanesische Entscheidung, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, »die Basis für Stabilität, Einheit und Stärke Libanons« sei. Seit den Parlamentswahlen im Juni hat der Führer der Mehrheitsfraktion, Saad Hariri, jedoch noch keine Regierung zustande gebracht.

Ob nun das grüne Licht des Gipfeltreffens in Damaskus die libanesischen Politiker überzeugen wird, bleibt abzuwarten. Die Zeitung »Al Akhbar« äußerten sich vorsichtig optimistisch. Der Gipfel sei »die Bestätigung, dass beide Staaten Interessen in Libanon haben und keiner den anderen besiegen kann«, schrieb das Blatt. Für beide Staaten sei eine starke Regierung der nationalen Einheit in Libanon besser als anhaltende Konflikte. Libanon bleibe »zentraler Zankapfel« zwischen Damaskus und Riad, hieß es bei »As Safir« (Beirut). Der Gipfel habe allerdings »den Libanesen ein neues Kapitel geöffnet (…), das diese nun gut lesen müssen, um nicht wieder bei einer Übergangslösung zu landen, wie schon so oft.« Osama Safa vom Libanesischen Zentrum für Politische Studien betonte, das Treffen in Damaskus habe »eine verbale oder gewaltsame Eskalation erst einmal gestoppt.« Dagegen warnte »An Nahar« vor falschem Optimismus. Die Frage sei, wie sich Iran verhalten werde und ob Teheran seinen »Zugriff auf die libanesische Regierung (durch die Opposition) lockert«, hieß es da.

Parallel dazu wurde in Brüssel bekannt, dass sich die EU-Außenminister offenbar darauf geeinigt haben, das Assoziierungsabkommen mit Syrien zur Unterschrift freizugeben. Das 2004 paraphierte Abkommen war nach dem Hariri-Mord auf Eis gelegt worden, weil auch die EU Syrien der Mittäterschaft bezichtigte. Die Niederlande fordern zudem eine Klausel, wonach der Vertrag bei schweren Menschenrechtsverletzungen Syriens ausgesetzt werden kann.

* Aus: Neues Deutschland, 13. Oktober 2009


Zurück zur Syrien-Seite

Zur Saudi-Arabien-Seite

Zurück zur Homepage