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Rußland kritisiert Dialogverweigerung *

Rußland sieht keine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts, solange die Opposition sich Gesprächen mit der Regierung verweigert. Solange die Opposition den Rücktritt von Präsident Baschar Al-Assad als Vorbedingung für Friedensverhandlungen stelle, »werde nichts Gutes geschehen«, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch. Priorität für Moskau habe eine möglichst baldige Einstellung des Blutvergießens und die Stabilisierung der Lage in Syrien – nicht eine Beibehaltung bzw. ein Sturz Assads. Für andere äußere Akteure »dürfte die Priorität woanders liegen«, sagte Lawrow. »Wir reden mit ihnen offen und ehrlich darüber«, so der Minister weiter. »Laut ihren Worten begreifen sie zwar alles, sie sehen angeblich auch die Gefahr ein, die die Perspektive einer Zerstörung des syrischen Staates in sich birgt. Wenn sie aber in der Öffentlichkeit auftreten, legen sie Dinge dar, die sich davon unterscheiden, was sie uns unter privaten Umständen sagen.« Die syrische Opposition bleibe ihrem Kurs auf einen bewaffneten Kampf treu. Die Teilnehmer der »Aktionsgruppe für Syrien« unterstützten diesen.

Rußland hatte am Dienstag 81 seiner Staatsbürger, die vor den Kämpfen in Syrien nach Beirut (Libanon) geflüchtet waren, evakuiert, berichtete die Zeitung Nowyje Iswestija am Mittwoch. Nach unterschiedlichen Angaben sollen in Syrien zwischen 20000 und 30000 Russen leben.

Ria Nowosti berichtete dazu: »Assads Gegner betrachten Rußland als ihren Feind. Es wurden sogar mehrere Überfälle auf russische Bürger gemeldet. Seit Dezember werden zwei Russen (und ein Italiener) von den Rebellen als Geiseln gehalten. Sie hatten in einer syrischen Stahlgießerei gearbeitet. Auch die ukrainische Journalistin Anchar Kotschnewa wurde von den Rebellen gekidnappt. Ihr Schicksal ist immer noch unbekannt. Ihre Entführer drohten mehrmals, sie zu töten.«

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete am Mittwoch laut Reuters, die überwiegend sunnitischen Aufständischen in Syrien hätten wichtige Religionsstätten von Minderheiten zerstört. In der nördlichen Provinz Idlib sei eine schiitische Husseinija – eine dem Märtyrer Hussein gewidmete Gedenkstätte – verwüstet und in der westlichen Latakia-Region seien zwei Kirchen geplündert worden.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 24. Januar 2013

Weitere Meldungen

Putin verspricht Hilfe bei Einberufung von Konferenz über syrische Flüchtlinge im Libanon **

Russland wird zur Durchführung einer internationalen Konferenz über das Problem der syrischen Flüchtlinge im Libanon beitragen, sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch in seiner Vorstadtresidenz Nowo-Ogarjowo bei Moskau während eines Treffens mit seinem libanesischen Amtskollegen Michel Sulaiman.

„Wir wollen alles nur Mögliche tun, damit Ihre Vorschläge umgesetzt werden, und werden zur Durchführung einer internationalen Konferenz über die Lösung des Flüchtlingsproblems beitragen. Ich schlage vor, dies gemeinsam zu tun. Wenn interessierte Staaten ihre Zustimmung dazu geben, sind wir bereit, Moskau als Austragungsort für ein solches Treffen anzubieten“, so Putin.

Der libanesische Präsident verwies darauf, dass sein Land eine Politik der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens betreibe, um negative Folgen für sich selbst zu vermeiden. Aber der Libanon sei bereits mit den negativen Folgen der Spannungen in der Region konfrontiert, denn er habe rund 200 000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, so Sulaiman.

Dem libanesischen Staatschef liegen nach eigenen Worten keine genauen Angaben über die Unterhaltungskosten für die Flüchtlinge vor, aber das Staatshaushaltsdefizit des Landes belaufe sich wegen des Aufenthaltes der Flüchtlinge auf 250 bis 300 Millionen US-Dollar.


Syrien: Russland rettet Landsleute aus Kriegshölle **

Mit zwei Flugzeugen sind gestern 81 russische Staatsbürger, die von den Kriegswirren in Syrien nach Beirut (Libanon) geflüchtet waren, in die Heimat geflogen worden, schreibt die Zeitung "Nowyje Iswestija" am Mittwoch.

Wie das Außenministerium in Moskau mitteilte, handelt es sich dabei um 81 Russen. Libanesische Medien berichteten von 150 bis 200 Evakuierten. Nach unterschiedlichen Angaben sollen in Syrien zwischen 20.000 und 30.000 Russen leben.

Warum die Evakuierungsaktion erst jetzt angelaufen ist, wirft Fragen auf. Der Bürgerkrieg in Syrien ist bereits seit längerer Zeit im Gange. Nach einem baldigen Sturz des Präsidenten Baschar al-Assad sieht es derzeit nicht aus. „Meines Erachtens ist das eine Vorsichtsmaßnahme“, sagte Alexej Malaschenko vom Moskauer Carnegie-Zentrum. „Assads Lage verschlechtert sich, und das Verhalten der Oppositionellen zu Russland ist nicht gerade das Beste.“

Das ist wahr: Assads Gegner betrachten Russland als ihren Feind. Es wurden sogar mehrere Überfälle auf russische Bürger gemeldet. Seit Dezember werden zwei Russen (und ein Italiener) von den Rebellen als Geiseln gehalten. Sie hatten in einer syrischen Stahlgießerei gearbeitet. Auch die ukrainische Journalistin Anchar Kotschnewa wurde von den Rebellen gekidnappt. Ihr Schicksal ist immer noch unbekannt. Ihre Entführer drohten mehrmals, sie zu töten.

Ein weiteres Argument für die Evakuierung ist die jüngste Intensivierung der Gefechte, die zunehmend nach einem religiösen Konflikt aussehen. Seit mehreren Tagen werden laut Medienberichten verbissene Kämpfe nahe der Stadt Ras al-Ain an der syrisch-türkischen Grenze geführt. Dort kämpfen nicht nur die Oppositionellen und die Regierungstruppen gegeneinander, sondern auch die Rebellen gegen die Kurden. Dabei wird schwere Artillerie eingesetzt. Die Gefechte könnten in die Türkei und den Irak überschwappen, wo viele Kurden leben. Einige Experten vermuten, dass die Türkei die Kämpfe bei Ras al-Ain als Anlass für eine Intervention in Syrien nutzen könnte. In diesem Fall würde der Blutzoll im Syrien-Krieg noch größer werden.

** Beide Meldungen aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, Mittwoch, 23. Januar 2013; http://de.rian.ru/




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