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Ausgeschert

New York Times: Iran hilft Syrien über irakischen Luftraum. Premier Maliki widersetzt sich den Wünschen der USA

Von Rainer Rupp *

Iran versorgt das syrische Militär über irakischen Luftraum«. So lautete am Mittwoch die Schlagzeile der New York Times, die sich dabei auf ein namentlich nicht genanntes »hochrangiges« Mitglied der US-Regierung berief. Laut dieser anonymen Quelle hatte die Obama-Administration Anfang des Jahres schon einmal Bagdad mit massivem Druck dazu gebracht, den irakischen Luftkorridor für iranische Versorgungsflüge nach Syrien zu schließen. Aber offensichtlich nicht für lange. Seit infolge der Intensivierung der Kämpfe in Syrien die von islamistischen Fanatikern entfachte Instabilität auch auf die benachbarten Staaten wie Libanon, Jordanien und Irak überzugreifen droht, hat der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki nicht nur seine diplomatische Unterstützung für die syrische Regierung in Damaskus verstärkt. Die iranischen Versorgungsflüge sind laut dem New Yorker Blatt im Juli wieder aufgenommen und zum Ärger der amerikanischen Regierung trotz persönlicher Intervention des US-Vize-Präsidenten Joseph R. Biden am 17. August bis heute fortgesetzt worden.

Laut US-Militärexperten haben die Flüge es Iran ermöglicht, das syrische Militär mit sensibler und hochwertiger Ausrüstung zu versorgen, deren Lieferung auf dem Landweg zu gefährlich gewesen ist, da die von den USA gestützten Rebellen verschiedentlich die Grenzübergänge überfallen haben, über die iranische Hilfe transportiert wurde. Laut US-Militärquellen hat Iran Syrien auch Flugzeuge für den Transport von Soldaten und Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Das dürfte die Mobilität wichtiger Truppenteile zur Niederschlagung der vom Ausland gesteuerten Rebellen signifikant erhöhen.

Ebenfalls unter Berufung auf US-Beamte berichtet das New Yorker Blatt von einer neuen Facette des Syrien-Konflikts, wonach inzwischen irakisch-schiitische Milizen, die lange in Irak sowohl gegen die US-Besatzer als auch gegen sunnitische Gruppen gekämpft haben, sich nun auf den Weg nach Syrien gemacht haben, um der Regierung Assad zu helfen.

Die Tatsache, daß trotz Intervention von höchster Stelle in Washington die irakische Regierung ihren Luftraum für iranische Flüge nicht geschlossen hat, zeigt deutlich die Grenzen des politischen Einflusses der US-Administration im heutigen Irak. Darüber kann auch die Washingtoner Behauptung von einer »strategischen Partnerschaft« mit Irak nicht hinwegtäuschen.

Maliki hat in seiner Amtszeit die engen Beziehungen zwischen Bagdad und Teheran aufrechterhalten und weiter ausgebaut, während die Vereinigten Staaten alles daran setzten, den Iran mit Sanktionen und Drohungen international zu isolieren. Zugleich ist der schiitisch geprägten

Regierung in Bagdad klar, daß der Sturz der alawitisch-schiitischen Regierung des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad in Damaskus durch fanatisierte sunnitische Gotteskrieger auch die eigene Position schwächen und den unruhigen sunnischen und kurdischen Minderheiten im Irak in die Hände spielen würde.

Hinzu kommt, daß die islamischen Staaten, die am eifrigsten auf den Sturz der Regierung in Damaskus hinarbeiten, Saudi-Arabien, Katar und die Türkei, auch scharfe Gegner von Malikis schiitisch dominierter Regierung in Bagdad sind. Trotzdem ist für Washington Teheran an allem schuld. »In Syrien spielt Iran in vielerlei Hinsicht eine große Rolle«, erklärte US- Verteidigungsminister Leon E. Panetta letzten Monat. »Es gibt jetzt Hinweise, daß sie versuchen, eine Miliz in Syrien aufzubauen und auszubilden, die für das Regime kämpft.« Prompt griff die Hauspostille der US-Großbourgeoisie am Mittwoch den Anstoß aus dem Pentagon auf, um angesichts der angeblichen iranischen Waffenlieferungen und direkten Einmischung in Syrien, die angebliche US-Zurückhaltung zu kritisieren und Stimmung für eine Flugverbotszone zu machen.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 06. September 2012


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