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Gute Stimmung in Damaskus

Syrien, Frankreich, die Türkei und Katar wollen ihre Beziehungen verbessern

Von Karin Leukefeld *

Als die vier Staatschefs aus Syrien, Frankreich, Katar und der Türkei am Donnerstag abend in Damaskus vor die internationale Presse traten, herrschte offensichtlich gute Stimmung. Die gemeinsame Unterredung von Bashar Al-Assad, Nicolas Sarkozy, Recep Tayyip Erdogan und dem Emir von Katar, Scheich Hamad Bin Khalife Al-Thani hat zwar nur eine Stunde gedauert, war aber offenbar erfolgreich. Frankreich und die EU wollten sich zukünftig (an der Seite der USA) mehr für den Frieden im Mittleren Osten einsetzen, erklärte Sarkozy und wurde von Assad für seinen »realistischen, pragmatischen« Politikwechsel gelobt, mit dem Europa eine konstruktive Rolle für einen Friedensdialog mit Israel spielen könne. Sarkozy erkläre wiederum: »Syrien kann einen unersetzlichen Beitrag leisten, um die Probleme im Mittleren Osten zu lösen.«

Nach Lesart des Westens und aus Sicht Israels heißt das vor allem, die engen Beziehungen von Damaskus zur palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah einzustellen und sich aus der strategischen Partnerschaft mit Iran zu verabschieden, den der Westen und Israel verdächtigen, an einem Atomwaffenprogramm zu arbeiten. Syrien sieht das anders und hat dies mehrfach deutlich gemacht. Man sei bereit, in bestimmten Fragen »zu helfen«, erklärte Assad, zum Beispiel in Sachen des israelischen Soldaten Gilad Shalit. Der befindet sich seit zwei Jahren als Kriegsgefangener in den Händen von palästinensischen Militanten, vermutlich der Hamas. Sarkozy überreichte bei dem Vierergipfel einen Brief des Vaters von Gilad Shalit, der auch die französische Staatsangehörigkeit hat, an Assad mit der Bitte, diesen an Hamasführer Khaled Meshaal weiterzuleiten, der in Damaskus im Exil lebt. Weil Syrien es aber ablehnt, zwischen Israel und der Hamas zu vermitteln, sei der Brief von Assad direkt an den Emir von Katar weitergegeben worden, der angeboten hatte, diesen an die Hamas weiterzuleiten.

Hinsichtlich des iranischen Atomprogramms drohte Sarkozy, man könne eines Morgens aufwachen und feststellen, daß Israel den Iran angegriffen habe. »Es geht nicht darum, ob es legitim oder intelligent ist oder nicht (…) es wäre eine Katastrophe und die müssen wir vermeiden«, sagte Sarkozy. Sy­rien wies darauf hin, daß es mehrfach im UN-Sicherheitsrat eine Resolution für eine atomwaffenfreie Region im Mittleren Osten vorgelegt habe, die nie behandelt worden sei. Israel ist das einzige Land in der Region, das Atomwaffen besitzt.

Neben politischen Fragen ging es vor allem um wirtschaftliche Vereinbarungen zwischen Frankreich und Syrien. Wie syrische Tageszeitungen meldeten, einigten sich der stellvertretende syrische Ministerpräsident für Wirtschaftsfragen, Al-Dardari, und der Vertreter der französischen Agentur für Entwicklung und Zusammenarbeit auf eine engere Kooperation, um kleinere und mittlere Wirtschaftsprojekte zu finanzieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Mit den französischen Konzernen Total und Alstom wurde vereinbart, deren Rechte an Ölvorkommen in Syrien auszuweiten, mit Total seien drei, mit Alstom zwei Abkommen unterzeichnet worden. Darüber hinaus wurde eine engere Zusammenarbeit für die Entwicklung von Solarenergie sowie des Transportwesens (Schiff, Bahn, Flugzeug) vereinbart. Das größte Geschäft machte vermutlich Airbus mit dem Verkauf von 50 neuen Maschinen an Syrien. Die ersten sechs Maschinen sollen noch in diesem Jahr mit einem Leasingvertrag ausgeliefert werden.

* Aus: junge Welt, 6. September 2008


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