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EU pumpt Millionen in den Widerstand

Waffenlieferungen an syrische Opposition stehen offiziell derzeit nicht zur Debatte

Von Karin Leukefeld *

Während sich die Außenminister der EU an diesem Wochenende zu Beratungen über Syrien treffen, geht die Gewalt dort weiter.

Derzeit stünden Waffenlieferungen an die Opposition für die EU-Außenminister offiziell nicht zur Debatte, berichtete dpa am Freitag vor Eröffnung des Treffens im zyprischen Badeort Paphos. Der belgische Außenminister Didier Reynders erklärte allerdings, für den Fall, dass die syrische Opposition »völlig geeint« sei, könne man Waffenlieferungen nicht grundsätzlich ausschließen. Luxemburgs Ressortchef Jean Asselborn kritisierte die Haltung Russlands und Chinas im UNO-Sicherheitsrat. Es könne »vielleicht noch Monate« dauern, bis eine Lösung in Syrien gefunden werde, wenn »nicht rasch andere Sanktionen verabschiedet würden«. Frankreich und Italien werben für einen EU-Krisengipfel zu Syrien, Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte zu Beginn der deutschen Präsidentschaft im Sicherheitsrat (1. September) neue Initiativen zur weiteren Isolierung der syrischen Regierung angekündigt. Die EU will ihre Hilfe für die Nachbarländer Syriens - Türkei, Jordanien, Libanon - für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge um weitere 50 Millionen Euro aufstocken.

Die französische Regierung hat derweil Hilfe in Höhe von 5 Millionen Euro an die Aufständischen in Syrien bestätigt. Das Geld werde bar an Gewährsleute gegeben, die mit den »Revolutionären Koordinationskomitees« in drei Provinzen (Idlib, Aleppo, Deir Ezzor) in Verbindung stünden, war in Paris zu erfahren. Großbritannien unterstützt die Aufständischen mit 10 Millionen Dollar, die US-Regierung hat 25 Millionen Dollar für Kameras, Funkgeräte, Telekommunikation, Laptops und Software für die Aufständischen zur Verfügung gestellt.

Humanitäre Hilfe leisten in Syrien u. a. das deutsche und das britische Rote Kreuz. Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, hatte vor wenigen Tagen in Damaskus bei Gesprächen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Zusagen für weitere Besuche in syrischen Gefängnissen und eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung erreicht. Maurer hatte Assad an die Einhaltung der Menschenrechte erinnert, Assad begrüßte die Arbeit des Roten Kreuzes in Syrien, »solange sie unabhängig und neutral durchgeführt wird«, wie das syrische Fernsehen berichtete.

Die beiden großen arabischen Satellitenanbieter Arabsat und Nilesat haben derweil die Übertragung von vier syrischen Fernsehsendern gestoppt. Betroffen sind das Syrische Satellitenfernsehen, Syria TV, Al Dunia und Al Ikhbaria. Angeblich hätten die Sender gegen den Vertrag verstoßen, sagte ein Sprecher von Nilesat auf Anfrage von Reuters. Welche Verstöße das seien, sagte er nicht. Der Syrische Nationale Medienrat protestierte gegen die Maßnahme und kündigte rechtliche Schritte an. Die Syrische Journalistenunion bezeichnete die Entscheidung als Verstoß gegen das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit. Die Sender können weiter über die Satelliten Eutelsat und Hotbird empfangen werden. Nilesat gehört dem ägyptischen Staatsfernsehen (40 Prozent) und anderen ägyptischen Regierungseinrichtungen. Arabsat wird zu 100 Prozent von den Staaten der Arabischen Liga finanziert. Das Staatenbündnis wird wesentlich von Katar und Saudi-Arabien kontrolliert, die als erklärte Gegner der syrischen Regierung gelten. Einen Tag nach dem Abschalten der Sender sagte das Ölscheichtum Katar dem wirtschaftlich angeschlagenen Ägypten Investionen von 18 Milliarden Dollar in den nächsten fünf Jahren zu. Bei einem Anschlag auf eine Moschee in Damaskus-Rukn'Eddin sind am Freitag mindestens 10 Menschen verletzt worden. Berichte der »Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte« (London) von Angriffen der Armee auf Zivilisten im palästinensischen Flüchtlingslager Yarmuk mit 20 Toten wurden indes gegenüber der Autorin von Einwohnern des Viertels nicht bestätigt.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 08. September 2012


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