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Mitglied Nummer 190

Syrien tritt Chemiewaffenkonvention bei. OPCW-Inspekteure zu Ausbildung in BRD

Von Karin Leukefeld *

Syrien ist am Montag (14. Okt.) als 190. Land der seit 1997 geltenden Chemiewaffenkonvention beigetreten. Das teilte die gerade mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag mit. Damaskus hatte Mitte September der international kontrollierten Vernichtung seiner Chemiewaffenbestände zugestimmt und den Beitritt des Landes zu der Konvention beantragt. Seit dem 1. Oktober sind 60 Mitarbeiter der OPCW in Syrien mit den Vorbereitungen zur Vernichtung der Arsenale beschäftigt. Deren Direktor Ahmet Uzumcu lobte gegenüber der britischen BBC, die syrischen Behörden seien kooperativ und ließen die Inspekteure überall arbeiten, wo sie wollten. Bisher seien sie in fünf von mindestens 20 Fabriken gewesen, in denen chemische Waffen hergestellt werden könnten. Da Gebiete, durch die sie fahren müßten, »von einem Tag auf den anderen von verschiedenen bewaffneten Gruppen kontrolliert« würden, rief Uzumcu zu wenigstens kurzen Waffenruhen auf, um die Arbeit der Mission zu schützen. »Alle Seiten in Syrien sollen diese Mission unterstützen und kooperieren.«

Wie dpa am Montag berichtete, soll Syrien mit mehr als 1000 Tonnen unterschiedlicher Kampfstoffe das größte Chemiewaffenarsenal im Nahen Osten besitzen. Das entsprechende Programm habe in den 1970er Jahren mit dem Import chemischer Munition begonnen.

25 Inspekteure der OPCW werden seit Montag in Deutschland auf ihre Arbeit in Syrien vorbereitet. Das teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Sie seien am Montag zu einem fünftägigen Lehrgang auf dem Truppenübungsplatz im bayerischen Hammelburg eingetroffen, wo sich ein Ausbildungszentrum für Auslandseinsätze der Bundeswehr befindet. Den Inspektoren solle »deutsche Expertisen zum Verhalten in Konfliktgebieten« vermittelt werden, sagte Außenminister Guido Westerwelle. Sicherheitsexperten der Bundeswehr würden den Teilnehmern »praktische Anleitungen zum Verhalten in einem gefährlichen Umfeld« geben. Finanziert wird der Lehrgang aus Mitteln des Abrüstungshaushaltes des Auswärtigen Amtes. Die Bundesregierung hat der OPCW Sofortmittel in Höhe von zwei Millionen Euro zugesagt und leistet »logistische Hilfe für die Syrien-Mission« mit »speziell ausgerüsteten Flugzeugen«, hieß es in einer Erklärung des Auswärtigen Amtes.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 15. Oktober 2013


Eine Konvention der Hoffnung

Von Olaf Standke **

Seit Montag ist Syrien vollwertiger Signatarstaat der Chemiewaffenkonvention. Mit dem Beitritt hat es als 190. Land der Zerstörung seiner Giftgasarsenale zugestimmt. Schon seit dem 1. Oktober überwachen Spezialisten der mit dem Friedensnobelpreis geehrten Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) die Vernichtung, denn Damaskus hat ausdrücklich um ein beschleunigtes Verfahren ersucht.

Da inzwischen auch die Vereinten Nationen den Plan von Generalsekretär Ban Ki Moon für eine Mission der UNO und der OPCW gebilligt haben und die Kontrollgruppe schnell von bisher 60 auf 100 Experten aufgestockt werden soll, sind viele Voraussetzungen gegeben, um die Operation wie geplant bis Mitte 2014 selbst unter den komplizierten Bedingungen der bewaffneten Kämpfe abzuschließen – vorausgesetzt alle Seiten in Syrien ermöglichen den unbewaffneten Inspektoren sicheren Zugang zu den Lagern und Laboren und diese erhalten die auch von Deutschland versprochene internationale Unterstützung. Schließlich ist es das erste Mal, dass Chemiewaffen während eines Bürgerkriegs zerstört werden. Es wäre für Hunderttausende überlebenswichtig, wenn so auch eine grundsätzliche politische Lösung für den Konflikt befördert würde. Denn mit konventionellen Waffen geht das Töten weiter.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 15. Oktober 2013 (Kommentar)


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