Die Mühen der Landreformen
Im südlichen Afrika kommt die Umstrukturierung des Agrarsektors nur langsam voran
Von Stephanie Nieuwoudt, Kapstadt *
In Sachen Landreform geht es in Südafrika und Namibia bisher nur langsam voran, in Simbabwe ist die erzwungene Reform dramatisch gescheitert. Doch die Situation der Landlosen könnte sich erheblich verbessern, wenn es den Ländern gelingt, den neuen Farmern das berufliche Überleben
zu ermöglichen.
In Simbabwe führte die Landreform dazu, dass 150 000 kleine und 15 000 kommerzielle Farmen
den Besitzer unter chaotischen Umständen und dem Einsatz von Gewalt wechselten. Die
überwiegend weißen Farmer wurden eingeschüchtert, angegriffen und teilweise umgebracht. In
Südafrika und Namibia läuft die Landreform deutlich strukturierter ab. Dort bewerben sich Menschen
um Land über den Weg der Rückerstattung, sofern sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums
unrechtmäßig um ihr Land gebracht wurden. Der andere Weg ist die Umverteilung, bei der
Menschen Zuschüsse der Regierung erhalten, um Land zu erwerben.
In allen drei Staaten bewerten Analysten die Landreform jedoch als größtenteils nicht erfolgreich.
Ben Cousins, Leiter des Programms für Land- und Agrarstudien (PLAAS) an der südafrikanischen
Universität Westkap, macht für das Scheitern mehrere Faktoren verantwortlich: mangelnde Planung,
eine ungenügende Entwicklung der Kapazitäten der neuen Farmer, fehlende Finanzhilfen für die
Beschaffung von Düngemitteln, Saatgut und Wasser und eine schlechte Infrastruktur, um die
Agrarerzeugnisse auf die Märkte zu bringen. »In Simbabwe wurden vielleicht fünf Prozent der
Ländereien an Personen mit politischen Beziehungen vergeben«, schätzt der Experte. Weitere 15
Prozent gingen an Mitarbeiter des Staatsdienstes und andere mit Stellen in der städtischen
Wirtschaft. Subsistenzfarmer erhielten rund 80 Prozent des Landes. Sie bewirtschaften es deutlich
besser als der Rest. »Das könnte daran liegen, dass sie arbeitsintensiver wirtschaften oder weniger
abhängig von Inputs wie Benzin sind, das derzeit in Simbabwe Mangelware ist.«
Viele Bauern hielten sich erstaunlich gut, meint Ian Scoones vom britischen Institut für
Entwicklungsstudien an der Universität von Sussex. »Natürlich gab es Misserfolge, insbesondere
dort, wo es um die Übernahme hochkommerzieller Farmen ging oder wo lang gehegte
Marktbeziehungen etwa im Tabak- und Gartenbausektor unterlaufen wurden. Hier wieder auf die
Spur zu kommen, wird Zeit und Ressourcen kosten.« Dennoch hätten Kleinbauern in Regionen, in
denen sie Land übernahmen, trotz allen Widrigkeiten wie fehlenden Krediten, schlechter Infrastruktur
und wiederkehrender Dürren überraschend gut abgeschnitten, bestätigt der Experte. Insgesamt
wirkte sich die wirtschaftliche Instabilität und die Hyperinflation verheerend auf die Landwirtschaft
aus. Angesichts der steigenden Kosten für Treibstoff und Nahrungsmittel werden Investitionen und
Transport unbezahlbar. Neue Farmen könnten daher immer seltener ins Geschäft einsteigen, sagt
Scoones.
In Südafrika sind die Misserfolge der Landreform ebenfalls gut dokumentiert. So gab es Fälle, in
denen Personengruppen Land erwarben, etliche Menschen jedoch wieder abwanderten, als sich der
Erfolg nicht unmittelbar einstellte. Andere neue Farmer ließen das Land brachliegen, weil Kosten
und Unsicherheiten sie überforderten. Wieder andere verloren das Interesse, weil die Unterstützung der Regierung ausblieb. Doch auch hier gibt es einige Erfolgsgeschichten. PLAAS-Forscher Michael Aliber nennt den Fall von 486 Familien, denen 1600 Hektar Land in der nördlichen Provinz Limpopo zurückgegeben wurden. Zwar zogen letztlich nur 170 Familien in das Gebiet, aber 800 weitere folgten, ohne dass sie zu den Nutznießern der Rückerstattung gehörten. Sie alle begannen mit dem
Anbau von Obst und Gemüse auf einer 1500 Quadratmeter großen Fläche. »Der Fall zeigt, dass eine Nachfrage nach Land für den Eigenbedarf vorhanden ist«, so Aliber. Diese Menschen seien
zufrieden, sich als Subsistenzbauern ein Auskommen zu sichern. Ironischerweise entspreche dies
jedoch nicht den Vorstellungen der Regierung, der es um den Aufbau kommerzieller Großfarmen
gehe. Daher gebe es auch keine staatliche Hilfe für die Kleinbauern.
Auch in Namibia überwiegen Misserfolge. »Nach der Unabhängigkeit 1990 wurde bei einer
Konferenz der Grundstein für eine friedliche Landreform gelegt«, berichtet Landreform-Experte
Willem Odendaal. »Doch der Prozess kommt aus Sicht vieler Menschen viel zu langsam voran.« Namibia ist das wasserärmste Land des südlichen Afrikas, die Möglichkeiten für Landwirtschaft sind
entsprechend gering. Die meisten Farmer entscheiden sich daher für die Viehwirtschaft. Doch die
Subventionen für Bauern sind zurückgegangen. Zusammen mit den steigenden Benzinpreisen gibt
es für Bauern in Namibia nur noch wenige Anreize, ihre Arbeit fortzusetzen.
IPS
* Aus: Neues Deutschland, 19. August 2008
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