Schweiz wird Mitglied der Vereinten Nationen
Die Entscheidung fiel äußerst knapp aus
Es war irgendwie ein Anachronismus: Die Schweiz, ein Land, in dem zahlreiche UN-Behörden und -Unterorganisationen ihren Sitz haben, in dem mehr UNO-Konferenzen stattfinden als in jedem anderen Land (ausgenommen New York/USA als dem Sitz der Weltorganisation), war selbst kein Mitglied der Vereinten Nationen. Neben der Schweiz ist nur noch der Vatikan Nicht-Mitglied, wenn wir von Taiwan absehen, das allerdings international nicht als Staat anerkannt wird. Nun hat die Schweizer Bevölkerung diese paradoxe Situation geklärt. Am 3. März 2002 haben die Eidgenossen einem Beitritt zu den
Vereinten Nationen zugestimmt. Allerdings: Die
Entscheidung fiel knapp aus.
54,6 Prozent der rund 4,5 Millionen stimmberechtigten
Schweizer stimmten für den UN-Beitritt. Eine deutliche Mehrheit, gewiss. Nur muss bei Volksabstimmungen neben der Mehrheit der Stimmen auch die Mehrheit der Kantone erreicht werden. Von den 23 Kantonen sprachen sich 12
für den Beitritt aus, elf Kantone waren dagegen. Die höchste Zustimmung wurde mit 67 Prozent in Genf erreicht, abgelehnt wurde der Beitritt
vor allem in kleineren Kantonen der deutschsprachigen
Schweiz. Ein anderes Votum in einem einzigen Kanton hätte das Ergebnis umgedreht. Bei der
Volksabstimmung 1986 waren noch alle Kantone und
rund 76 Prozent der Wähler gegen eine Mitgliedschaft
in der UNO gewesen.
Mit Ja zum UNO-Beitritt stimmten Zürich, die beiden
Basel, Bern, Genf, Neuenburg, Jura, Freiburg, Wallis,
Solothurn, Zug und Luzern. Die Ja-Stimmen erreichten zwischen 51,5 und 66,9 Prozent. Mit Nein stimmten die beiden Appenzell, St. Gallen,
Thurgau, Glarus, Graubünden, Schaffhausen, Uri, Ob-
und Nidwalden, Schwyz, Aargau und Tessin. In diesen Kantonen kamen die Nein-Stimmen auf 51,1 bis 67,5 Prozent.
Die Schweizer Regierung zeigte sich zufrieden
mit dem Ergebnis. Die Schweiz könne ihre Interessen
nun international besser vertreten und mehr Hilfe
leisten, sagte Bundespräsident Kaspar Villiger in einer ersten Stellungnahme. Die Beitrittsgegner um den rechtskonservativen
Politiker Christian Blocher akzeptierten die
Entscheidung. Blocher sprach aber von einer
Schwächung der Schweiz. Er warnte außerdem davor,
dass die Mitgliedschaft viel Geld kosten würde. Auch
werde die Neutralität des Landes "angekratzt". Diese zuletzt genannte Befürchtung veranlasste wohl auch manche Friedensbewegte, mit Nein zu stimmen oder der Abstimmung fern zu bleiben.
Mit 60 Prozent lag die Wahlbeteiligung lag relativ hoch, höher als bei früheren Volksabstimmungen zu dem Thema und sie übertraf auf jeden Fall die Erwartungen.
Der Schweizer Bundesrat kann nun bei
UN-Generalsekretär Kofi Annan formell die Aufnahme
in die Vereinten Nationen beantragen. Bei der
UN-Vollversammlung im Herbst soll die Schweiz als
190. Land aufgenommen werden.
Quelle: Netzeitung, 3. März 2002
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