Putin holt in Wählergunst auf
Meinungsforscher: Knapper Sieg für russischen Premier bereits in erster Abstimmungsrunde
Von Irina Wolkowa, Moskau *
Es wird wohl knapp, reicht aber mit
hoher Wahrscheinlichkeit dennoch für
einen Sieg von Wladimir Putin bereits
in der ersten Runde der russischen
Präsidentschaftswahlen. So sehen jedenfalls
die Ergebnisse jüngster Meinungsumfragen
aus.
Die Umfragen, die mehrere große
Thinktanks zu Beginn dieser Woche
vorstellten, waren gleichzeitig
auch die letzten vor den Präsidentenwahlen
am 4. März in Russland:
Um den Wählerwillen nicht
zu manipulieren, müssen Meinungsforscher
ihr Wissen in der
letzten Woche vor der Abstimmung
für sich behalten.
Die Ergebnisse, die jetzt vorgelegt
wurden, sind ähnlich wie
selten zuvor, ebenso die Trends.
Demzufolge legt Regierungschef
Putin langsam aber stetig zu, im
Durchschnitt um zwei Prozent pro
Woche. Bei letzten Umfragen des
staatsnahen Allrussischen Zentrums
zur Erforschung der öffentlichen
Meinung (VZIOM), bei denen
Putin traditionell besser wegkommt
als bei der liberalen Konkurrenz,
fuhr er immerhin 55 Prozent
ein, bei der Stiftung für Öffentliche
Meinung genau 50 Prozent
und bei Befragungen einer
Gruppe unabhängiger Soziologen
immerhin noch 48 Prozent. Zu
Jahresbeginn waren es gut zehn
Prozentpunkte weniger. Sogar das
kritische Lewada-Zentrum sieht
den Premier deutlich im Aufwind.
Bei deren Erhebungen kommt er
allerdings nur auf maximal 40
Prozent am Sonntag kommender
Woche (4. März).
Experten erklären die Trendwende
vor allem damit, dass junge,
aktive Großstädter, die Veränderungen
wollen, Wahlen traditionell
fern bleiben, weil sie diese
für manipuliert halten. Automatisch
verschieben sich die Proportionen
dadurch zugunsten jener
Kandidaten, die auf Stabilität und
Kontinuität setzen. Dazu kommt,
dass viele den Premier offenbar für
das mit Abstand geringste aller
möglichen Übel halten. Anders
lässt sich der Abstand zu seinen
Herausforderern kaum erklären.
Selbst für den bestplatzierten Putin-
Herausforderer, KP-Chef Gennadi
Sjuganow, würden, wären am
kommenden Sonntag Wahlen,
maximal fünfzehn Prozent stimmen,
für die anderen – Ultranationalist
Wladimir Schirinowski,
Multimilliardär Michail Prochorow
und den Chef der Mitte-links-Partei
»Gerechtes Russland«, Sergej
Mironow, – zwischen zwei und
vier.
Erstmals untersuchten die
Meinungsforscher jetzt auch, wie
die Nation zu den Massenprotesten
steht. Demzufolge haben 27
Prozent aller Befragten dazu ein
negatives Verhältnis, 33 Prozent
unterstützen sie. Weiteren 33 Prozent
sind sie gleichgültig. Positiv
äußerten sich vor allem jene, die
bei den Parlamentswahlen im Dezember
ihre Stimme oppositionellen
Parteien gaben: der Kommunistischen
Partei und den Liberalen,
die erneut an der Sperrklausel
scheiterten.
* Aus: neues deutschland, 23. Februar 2012
Starker Mann für starkes Russland
Putin will Milliarden in die Rüstung investieren **
Knapp zwei Wochen vor der Präsidentenwahl hat Kremlkandidat Wladimir Putin ein starkes Russland versprochen und Milliarden-Investitionen in die Rüstung angekündigt. Geplant sei unter anderem die Anschaffung von 400 Interkontinentalraketen und 600 Kampfflugzeugen sowie 2300 Panzern und 20 U-Booten im Gesamtwert von 23 Billionen Rubel (fast 600 Milliarden Euro) bis 2020. Russland reagiere damit auch auf den von USA und NATO geplanten Raketenabwehrschirm, den Moskau als ernste Bedrohung ansieht. Das schrieb der Regierungschef in einem Beitrag für die Zeitung »Rossijskaja Gaseta«.
»Unsere Sicherheit kann nur garantiert sein, wenn das Land wirklich stark wird«, betonte Putin. Die Investitionen in die Rüstungsindustrie würden zudem eine »Lokomotive« für die Entwicklung weiterer Wirtschaftssektoren.
In seinem bereits sechsten »Programmartikel« vor der Wahl am 4. März zog er eine Parallele zum Angriff Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion: Russland werde eine »Wiederholung der Tragödie von 1941« nicht zulassen, als das Land »mangelnde Bereitschaft mit riesigen menschlichen Verlusten« habe bezahlen müssen. Putin schloss auch den Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung von Rohstoffen nicht aus. Russland hatte wiederholt angekündigt, etwa seine Grenztruppen in der Arktis zu verstärken, um seine Ressourcen zu schützen.
** Aus: neues deutschland, 21. Februar 2012
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