Moskau plant Sondereinheiten für Auslandseinsätze
Bald Kommandostelle für Antiterror- und Kriegsmissionen im Verteidigungsministerium?
Von Irina Wolkowa, Moskau *
Mit vorbeugenden Auslandseinsätzen
von Armee und Geheimdiensten gegen
den Terror überall auf dem Globus
drohte Wladimir Putin bereits
2004. Jetzt nimmt das Vorhaben
konkrete Gestalt an.
Wie die überregionale Tageszeitung
»Iswestija« unter Berufung
auf verlässliche Quellen im Verteidigungsministerium
schreibt, soll dort eine Kommandostelle für
Sondereinsätze außerhalb der
Landesgrenzen gebildet und mit
hochriskanten Missionen betraut
werden. Neben der weltweiten
Terrorismusbekämpfung gehören
dazu auch die Befreiung von Geiseln
und die Rettung russischer
Bürger, die bei lokalen und regionalen
Konflikten zwischen die
Fronten geraten sind. Im Falle eines
großen Krieges sollen Spezialkommandos
auf gegnerischem
Gebiet sogar Startvorrichtungen
für Raketen und andere strategische
Anlagen vernichten, Rüstungsbetriebe
zerstören, die politische
und militärische Führung
des Kriegsgegners liquidieren.
Bei der Aufstellung und Ausbildung
der neuen Einheit, die dem
Staatschef direkt unterstellt werden
soll, will der Generalstab auf
Erfahrungen der USA, Großbritanniens,
Frankreichs und Deutschlands zurückgreifen. Wie
das Blatt weiter schreibt, hatten
Generalstäbler und hochrangige
Offiziere des militärischen Nachrichtendienstes
GRU bereits im Oktober versucht, den damaligen
Verteidigungsminister Anatoli
Serdjukow für eine eigens dazu
erstellte Konzeption zu begeistern.
Der Zivilist – Serdjukow war vor
seiner Bestallung Möbelhändler,
später Steuerbeamter und rechnet
mit sehr spitzem Bleistift – habe
den Plänen jedoch nichts abgewinnen
können und sie als »unzweckmäßig
« abgelehnt.
Jetzt wollen die Autoren einen
neuen Anlauf nehmen. Und diesmal
könnte es klappen. Denn auf
Serdjukows Stuhl sitzt seit gut einem
Monat wieder ein Vier-Sterne-
General: Russlands einstiger
oberster Katastrophenschützer
Sergej Schoigu. Ein Mann, der zu
Putins engstem Freundeskreis gehört.
Kritische »Experten« sehen
in Schoigu auch die zentrale Figur
im Machtkampf der Clans in Putins
Umgebung.
Die Liberalen um Regierungschef
Dmitri Medwedjew, die der
Petersburger Politikwissenschaftler
Michail Winogradow als
»Westgruppe« bezeichnet, sind
seiner Ansicht nach in diesem
Kampf in der Minderheit. Die
Mehrheit gehöre zur konservativen
»Ostgruppe«, die auf antiwestlichen
Positionen stehe und
daher ein strategisches Bündnis
mit China anstrebe. Als Frontmann
der Ostgruppe aber gilt
Schoigu. Weil Gerüchte über Gesundheitsprobleme
des Präsidenten
nicht verstummen, eskaliert
das Gerangel beider Gruppen zunehmend.
Dass Schoigu den Platz
Medwedjews im Tandem mit Putin
einnimmt, hält Winogradow für
eine bloße Zeitfrage.
* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 29. November 2012
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