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Russland entwickelte Superbombe

Sprengkraft angeblich vier Mal stärker als die einer entsprechenden Waffe der USA

Die russische Armee hat am Dienstag (11. Sept.) im Fernsehen die nach eigenen Angaben stärkste Vakuum-Bombe der Welt präsentiert. Die Sprengkraft der Sieben-Tonnen-Bombe soll vier Mal stärker sein als die einer entsprechenden Waffe der USA.

Moskau (dpa/ND). Die Vakuum-Bombe sei von ihrer Sprengkraft her mit einer kleinen Atombombe vergleichbar, teilten die Streitkräfte in Moskau mit. Die Bombe habe einen Vernichtungsradius von 300 Metern, die stärkste vergleichbare US-Bombe komme auf einen Radius von 150 Metern. Sie sei vor allem für den Anti-Terror-Kampf konzipiert, teilte der Duma-Abgeordnete Leonid Sluzki am Mittwoch nach Angaben der Agentur Itar-Tass mit.

Russland hatte in den vergangenen Monaten wiederholt mit Raketentests sowie einer angedrohten Stationierung neuer Waffen im Westen des Landes für Beunruhigung gesorgt.

Moskau sieht vor allem durch die geplante Stationierung von US-Raketenabwehrtechnik in Polen und Tschechien seine Sicherheitsinteressen erheblich beeinträchtigt. Präsident Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit wiederholt unterstrichen, dass sein Land »asymetrische Gegenmaßnahmen« gegen die US-Pläne ergreifen werde.

Die Bombe, deren Technologie durchaus nicht neu ist, lasse sich wegen ihrer Größe und ihres Gewichts von 7,1 Tonnen nur mit Flugzeugen transportieren, hieß es. »Wir haben noch keine Raketen, die eine solche Bombe transportieren könnten«, so der frühere Kommandeur der russischen Luftstreitkräfte, Anatoli Korkunow.

Das staatliche russische Fernsehen berichtete am Dienstagabend erstmals über den nicht datierten Bombentest. Bislang hatte die US-Armee die stärkste konventionelle Bombe in ihrem Arsenal. Die 2003 im US-Bundesstaat Florida getestete MOAB (Massive Ordnance Air Blast) war als »Mutter aller Bomben« bezeichnet worden.

Die neue russische Superwaffe hat noch keine offizielle Bezeichnung. In Anlehnung an ihre US-Kollegen sprachen russische Entwickler aber schon vom »Vater aller Bomben«.

Das russische Fernsehen zeigte Bilder von einem völlig zerstörten dreistöckigen Gebäude, die angeblich nach der Explosion der Bombe aufgenommen wurden. Die neuste Errungenschaft der russischen Streitkräfte hinterlasse weder nukleare noch chemische Rückstände, erklärte der stellvertretende Stabschef der Streitkräfte, Alexander Ruschkin.

Bei der Explosion einer solchen Bombe entsteht zunächst eine gewaltige Druckwelle. In der Luft fein verteilte Substanzen entzünden sich und entfachen einen Feuersturm, der gewaltige Mengen Sauerstoff aus der Luft zieht und so ein Vakuum erzeugt.

Das russische Verteidigungsministerium wies darauf hin, dass durch die Entwicklung der neuen Waffe kein internationales Abkommen verletzt werde. Auch leite Russland, so wurde in Moskau unterstrichen, damit keine neue Runde im Wettrüsten ein.

* Aus: Neues Deutschland, 13. September 2007

Russland antwortet auf geplante US-Raketenabwehr mit Vakuumbombe

Russlands Test einer Vakuumbombe ist nach Ansicht der britischen Zeitung „The Guardian“ eine Demonstration seiner militärischen Stärke als Antwort auf die geplante Stationierung von US-Raketenabwehrbasen.

Russische Erklärungen über die Entwicklung der stärksten konventionellen Waffe, die als „Vater aller Bomben“ bezeichnet wird, ertönen in Zeiten der „wachsenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen“, betont die Zeitung.
Der Artikel erinnert daran, dass im vorigen Monat russisch-chinesische Militärübungen durchgeführt wurden, an denen weitere vier asiatische Länder teilnahmen. Noch ein Anzeichen der Abkühlung in den Beziehungen sei seiner Meinung nach die Wiederaufnahme der Langstrecken-Patrouillenflüge der russischen Fernflieger.

Die Meldungen über die vorgenommenen Tests der stärksten Vakuumbombe der Welt, deren Sprengkraft mit der einer Atombombe vergleichbar ist, erschienen am Dienstag (11. September). Wie Alexander Rukschin, stellvertretender Generalstabschef der russischen Streitkräfte, erklärte, verseuche sie im Unterschied zu Kernwaffen nicht die Umwelt. Die neue Vakuumbombe soll zuvor entwickelte Atomwaffen geringer Stärke ablösen.

Im russischen Verteidigungsministerium wird betont, dass mit der militärischen Entwicklung kein internationaler Vertrag verletzt werde. Die US-Luftwaffe hatte zuvor die stärkste Vakuumbombe, die 2003 getestet worden war. Die russische Fliegerbombe überflügelt ihr amerikanisches Pendant bei allen Parametern: Die Masse des Sprengstoffes ist zwar geringer, aber die Bombe ist dabei vier Mal stärker. Die gesamte Angriffsfläche der russischen Bombe ist 20-mal größer.

Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 12. September 2007



Regierungswechsel in Moskau eingeleitet

Kreml bringt Finanzexperten Viktor Subkow als Nachfolger Putins in Stellung

Von Harald Neuber *


Es gab Momente im postsowjetischen Rußland, in denen Regierungswechsel von Panzern vor dem Amtssitz des Präsidenten aus eingeleitet wurden. Auch wenn diese Zeiten vergangen scheinen, kam die Ankündigung von Staatschef Wladimir Putin äußerst überraschend: Am Mittwoch entließ der 54jährige die Regierung und nominierte den Finanzexperten Viktor Subkow als neuen Ministerpräsidenten. Stimmt die Duma der Ernennung zu, steht der Amtsübergabe nichts mehr im Weg. Ein halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl Anfang März kommenden Jahres hat damit das Ringen um die Macht in Moskau begonnen. Drei Monate vor dem Präsidenten wird am 2. Dezember über ein neues Parlament abgestimmt. Putin war im Jahr 2000 selbst nach dem Umweg über das Amt des Ministerpräsidenten an die Staatsspitze gelangt. Bei den kommenden Wahlen darf er jedoch kein drittes Mal kandidieren.

Nach Einschätzung von Beobachtern bringt Putin mit der Entscheidung für den neuen Regierungschef daher zugleich seinen Nachfolger für das Präsidentenamt in Stellung. Subkow war bisher nicht im Gespräch. Statt dessen wurden die Vizeregierungschefs Sergej Iwanow und Dimitri Medwedew als Nachfolger Putins gehandelt.

Der bisherige Ministerpräsident Michail Fradkow hatte wegen der nahenden Wahlen selbst um seine Entlassung gebeten. Er wolle Putin, so hieß es aus Moskau, in Personalfragen freie Hand lassen. Dieser vereidigte seine Entscheidung am Mittwoch. Es sei richtig, die Regierung so aufzustellen, daß die Zeit nach den Wahlen vorbereitet werden könne.

Viktor Subkow stand bisher dem Föderalen Dienst für Finanzkontrolle vor. Seine Aufgabe bestand dabei in erster Linie in der Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption. Der 65jährige gilt als langjähriger Weggefährte Putins aus dessen Zeit in Sankt Petersburg.

** Aus: junge Welt, 13. September 2007


K o m m e n t a r e

Putins Sprengkaft

VON BRIGITTE KOLS

Man muss kein Kremlastrologe sein, um zu erkennen, dass zwei Ereignisse von besonderer Sprengkraft an einem Tag kein Zufall sind im Russland des Wladimir Putin. Sie zielen nach innen und außen. Während auf den Fernsehschirmen der Feuerball vom Test der Vakuum-Bombe zu sehen war, löste sich Putins Kabinett in Wohlgefallen auf.

Auch wenn der Präsident nun den Finanzkontrolleur Alexander Subkow als Premier nach vorn schiebt: Der Bombentest kann das Signal sein, dass die Entscheidung für Sergej Iwanow, den "Falken" und Konstrukteur einer Mega-Rüstungsholding, als Nachfolger auf Putins Thron gefallen ist. Der Vertraute aus KGB-Zeiten hat sich an der Seite Putins bewährt als starker Mann mit starken Sprüchen gegen den US-Raketenabwehrschirm in Polen und Tschechien. Und zum "Bombenerfolg", der auch seine Handschrift trägt, passt er besser als der zivile Gazprom-Mann Medwedjew, der lange als Kronprinz galt. Außer Putin selbst, versteht sich. Aber wozu an der Verfassung basteln für eine dritte Kreml-Herrschaft, wenn man Männerfreunde wie Iwanow hat.

Frankfurter Rundschau, 13. September 2007


Der "Vater der Bombe"

Von Detlef D. Pries

Am Dienstag verkündete das russische Fernsehen den gelungenen Test der stärksten nichtatomaren Bombe der Welt, tags darauf trat die russische Regierung zurück. Noch eine Bombe?

Der Test des »Vaters aller Bomben«, wie der Supersprengkörper schnell getauft wurde, ist eine weitere Demonstration militärischer Stärke, wie sie Russland in jüngster Zeit mehrfach veranstaltet hat. Moskau bekräftigt damit seinen Anspruch, als gleichberechtigter Partner im Spiel der globalen Mächte behandelt zu werden. Am einfachsten – wenn auch nicht am geistreichsten – verleiht man diesem Verlangen immer noch mit dem militärischem Knüppel Nachdruck. Die Supermacht USA liefert dafür Beispiele in großer Zahl.

Wladimir Putin, der diese Politik des groben Keils auf einen groben Klotz mit Zustimmung der meisten seiner Landsleute betreibt, tritt im nächsten Jahr ab. Wer soll seinen Kurs fortsetzen? Die Frage bewegt Politik und Medien seit Monaten. Statt einer Antwort lieferte Putin gestern erneut nur Stoff für Spekulationen: Während die meisten den früheren Verteidigungsminister und jetzigen Vizepremier Sergej Iwanow schon als neuen Regierungschef und Favoriten fürs Präsidentenamt sahen, schlug er den Finanzexperten Viktor Subkow als Premier vor. Der stand bisher auf keiner Rechnung. Was vorerst jedoch lediglich heißt, dass Putin selbst bis zum letzten Amtstag »Vater der Bombe« bleiben will.

Neues Deutschland, 13. September 2007


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