Fatah-Flucht aus dem Gazastreifen
Nach neuen Kämpfen mit Hamas-Milizen suchten Abbas-Anhänger Aufnahme in Israel
Mehr als 180 Mitglieder der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud
Abbas sind am Wochenende vor der verfeindeten Hamas-Bewegung aus dem
Gazastreifen nach Israel geflohen. Einige von ihnen kehrten inzwischen
zurück.
Gaza (Agenturen/ND). Beim folgenschwersten Ausbruch der Gewalt im
Gazastreifen seit der Machtübernahme der Hamas vor gut einem Jahr sind
neun Menschen getötet und mehr als 80 verletzt worden. Nach blutigen
Gefechten mit Hamas-Milizionären flohen mehr als 180 Mitglieder der
Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am
Samstagabend (2. Aug.) über die Grenze nach Israel. Knapp 40 von ihnen
kehrten jedoch am Sonntag (3. Aug.) nach einer Entscheidung des
israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak in den Gazastreifen
zurück. Barak habe einer Bitte der Autonomiebehörde von Abbas Folge
geleistet, sagte ein Sprecher. Mehr als 20 Verletzte, die in israelische
Krankenhäuser aufgenommen worden waren, sollten vor einer Rückkehr
zunächst genesen.
Zunächst hatte es geheißen, die Flüchtlinge sollten in das von Fatah
dominierte Westjordanland gebracht werden. Die Gefechte hatten begonnen,
als Hamas-Polizisten Angehörige eines zur Fatah gehörenden Familienclans
festnehmen wollten. Hamas macht sie verantwortlich für einen Anschlag,
bei dem vor einer Woche fünf Hamas-Mitglieder und ein Mädchen getötet
worden waren. Fatah hat dies bestritten. Ahmed Chilles, Führungsmitglied
des einflussreichen Clans, sagte dem israelischen Onlinedienst ynet,
Hamas habe die Kämpfe begonnen, »weil sie eine so große und starke
Familie wie meine nicht sehen will«.
Ein Hamas-Sprecher drängte die Flüchtlinge allerdings am Sonntag (3.
Aug.) zur Rückkehr in den Gazastreifen. »Wer nichts mit Taten zu tun
hat, die gegen die Sicherheit verstoßen, wird sofort freigelassen und
kann zu seiner Familie zurückkehren«, sagte Sami Abu Suhri. »Wer bei der
zionistischen Besatzungsmacht Unterschlupf gesucht hat, hätte dies nicht
tun sollen«, sagte er. »Dies ist ihre Heimat, sie müssen sie nicht
verlassen.« Die Rückkehrenden würden gut behandelt, versicherte er.
Als Reaktion auf die Kämpfe hatten am Samstag (2. Aug.) Mitglieder des
bewaffneten Armes der Fatah einen Führer der Hamas im Westjordanland als
Geisel genommen und mit seiner Tötung gedroht. Er wurde jedoch wenige
Stunden später freigelassen.
Nach dem Bombenanschlag in Gaza am 25. Juli hatten Sicherheitskräfte der
Hamas mehrere hundert Anhänger der Fatah in Gewahrsam genommen.
Daraufhin antwortete die Palästinenserbehörde mit der Festnahme von
zahlreichen Hamas-Mitgliedern im Westjordanland. Abbas ordnete in der
Nacht zum Freitag die Freilassung festgenommener Hamas-Mitglieder an.
Währenddessen wurden am Freitagabend beim Einsturz eines geheimen
Tunnels unter der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten mindestens vier
Palästinenser getötet.
* Aus: Neues Deutschland, 4. August 2008
Irritationen um Fatah-Flüchtlinge
Israel bringt sie jetzt ins Westjordanland **
Die nach schweren Gefechten mit der radikalislamischen Hamas im
Gaza-Streifen nach Israel
geflohenen Mitglieder der rivalisierenden Fatah sollen nun doch ins
Westjordanland gebracht werden.
Die israelische Armee teilte am Montag (4. August) mit, man bereite den
Transport der Fatah-
Mitglieder nach Ramallah vor. Am Sonntag (3. Aug.) waren nach einer
Entscheidung des
Verteidigungsministers Ehud Barak fast 40 von insgesamt mehr als 180
Flüchtlingen zurück in den
Gaza-Streifen gebracht worden. Viele von ihnen wurden jedoch von der
Hamas festgenommen und
befinden sich nach Informationen der Armee in Lebensgefahr.
Bei dem folgenschwersten Ausbruch der Gewalt im Gaza-Streifen seit der
Machtübernahme der
Hamas vor gut einem Jahr waren am Sonnabend elf Menschen getötet und
mehr als 100 verletzt
worden. Mehr als 20 Verletzte wurden in israelischen Krankenhäusern
aufgenommen. Die blutigsten
innerpalästinensischen Gefechte seit Monaten hatten begonnen, als
Hamas-Polizisten Angehörige
eines zur Fatah gehörenden Familienclans festnehmen wollten. Die Hamas
macht sie verantwortlich
für einen Bombenanschlag, bei dem vor einer Woche fünf Hamas- Mitglieder
und ein Mädchen
getötet worden waren. Die Fatah hat dies bestritten.
Das israelische Verteidigungsministerium gab am Sonntag (3. August) an,
Palästinenserpräsident Mahmud
Abbas (Fatah) habe gefordert, dass die Flüchtlinge in den Gaza-Streifen
zurückkehren. Der
israelische Bürgerrechtsverband reichte jedoch am Sonntagabend vor dem
Höchsten Gericht in
Jerusalem eine Klage gegen die Rückführung der Flüchtlinge in den
Gaza-Streifen ein. Sie
verwiesen dabei auf die möglichen Gefahren für Fatah-Mitglieder in dem
Palästinensergebiet am
Mittelmeer.
Israel kennt nach Angaben von Generalstabschef Gabi Aschkenasi das
Versteck des vor mehr als
zwei Jahren entführten Soldaten Gilad Schalit im Gaza-Streifen. Man habe
Informationen, dass
Schalit am Leben sei, sagte Aschkenasi am Montag. Es war die erste
Äußerung Israels dieser Art
seit Schalits Entführung am 25. Juni 2006 durch militante Palästinenser
unter dem Kommando der
Hamas.
* Aus: Neues Deutschland, 5. August 2008 **
Israel schützt Fatah-Mitglieder ***
Geflohene Hamas-Gegner sollen ins Westjordanland überführt werden
Israel will die aus dem Gazastreifen geflohenen Mitglieder der
Palästinenserorganisation Fatah ins Westjordanland überführen. Die
israelische Armee bereite sich darauf vor, die Flüchtlinge in das von
der Fatah kontrollierte Gebiet zu bringen, teilte das
Verteidigungsministerium am Montag mit. Bei einer Rückkehr in den
Gazastreifen bestehe für die Männer Lebensgefahr. Palästinenserpräsident
Mahmud Abbas hatte gefordert, daß die am Wochenende vor der verfeindeten
Hamas geflohenen Männer in den Gazastreifen zurückkehren müßten. Israels
Verteidigungsminister Ehud Barak und der palästinensische Regierungschef
Salam Fajad hätten sich darauf geeinigt, die geflohenen Fatah-Mitglieder
nach Jericho im Westjordanland zu bringen, sagte ein ranghoher Vertreter
der israelischen Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur AFP. Mehr als
20 Verletzte würden bis zu ihrer Genesung in Israel bleiben, teilte das
Verteidigungsministerium mit. Andere würden von der israelischen Armee
befragt. Am Samstag hatten sich insgesamt 200 Fatah-Mitglieder nach
Israel geflüchtet, nachdem bei den schwersten innerpalästinensischen
Gefechten seit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen vor gut
einem Jahr neun Menschen getötet und mehr als 90 verletzt worden waren.
Am Sonntag morgen (3. August) wurden rund 30 der Fatah-Flüchtlinge auf
Drängen von Abbas nach Gaza ausgewiesen, die Hamas nahm daraufhin nach
eigenen Angaben zehn von ihnen fest. Auslöser der Gefechte zwischen
Hamas und Fatah war der Versuch, den Chef eines Fatah-nahen
Familienclans festzunehmen, der hinter einem Bombenanschlag auf Hamas-
Kämpfer stecken soll. Bei dem Anschlag waren Ende Juli fünf Mitglieder
des militärischen Arms der Hamas und ein fünfjähriges Mädchen getötet
worden. Nach dem Anschlags waren von der Hamas Hunderte Fatah- Anhänger
festgenommen worden. Die Beziehungen der beiden
Palästinenserorganisationen sind seit der Hamas-Machtübernahme im
Gazastreifen äußerst gespannt. Ein ehemaliger Minister der Hamas wurde
indes in Israel freigelassen. Wie palästinensische Sicherheitskräfte
mitteilten, kam Omar Abdelrasek in der Nacht zum Montag nach zwei Jahren
Haft aus dem Gefängnis frei. Er war im Juni 2006 mit weiteren
Hamas-Politikern bei einer Razzia in Ramallah festgenommen worden.
*** Aus: junge Welt, 5. August 2008
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