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Gipfel im Schatten des Gaza-Krieges

Tagung der Arabischen Liga in Doha / Absage Ägyptens nach Streit mit Gastgeber Katar

Von Karin Leukefeld *

Mit 3500 Teilnehmern aus 46 Staaten ist der 21. Arabische Gipfel, der heute und morgen in Doha, der Hauptstadt Katars, stattfindet, ein Treffen der Superlative. Neben dem israelisch-palästinensischen Konflikt und dem Arabischen Friedensvorschlag an Israel geht es vor allem um die Situation in Irak, Somalia und Sudan. Auch die internationale Finanzkrise soll Thema sein.

Ohne Angabe von Gründen hat Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak bereits seine Teilnahme abgesagt, auch Außenminister Ahmed Abul Gheit wird nicht kommen. Beobachter führen die Absage auf Differenzen zwischen Ägypten und Katar im letzten Gazakrieg zurück. Kairo hatte das Scheichtum für angeblich antiägyptische Propaganda des Fernsehsenders Al Dschasira verantwortlich gemacht, der in Doha stationiert ist.

Kaum ein Konflikt spiegelt das innerarabische Zerwürfnis besser wider, als der zwischen Israel und den Palästinensern. Während westliche Verbündete wie Saudi- Arabien und Ägypten Palästinenserpräsident Mahmud Abbas unterstützen und die Hamas als Ursache des eskalierten Verhältnisses zu Israel erklären, unterstützen Katar, Syrien und andere arabische Staaten die Hamas, die 2006 in die Regierung gewählt worden war.

Seit Anfang des Monats verhandeln die zerstrittenen Fraktionen der Palästinenser in Kairo unter ägyptischer Vermittlung, um eine Regierung der nationalen Einheit zu installieren. Bisher konnten sie sich aber nicht einigen.

Umstritten ist auch das Verhältnis zu Iran, militärisch und wirtschaftlich ein enger Partner Syriens, ebenso der Hamas als auch der Hisbollah in Libanon. Saudi-Arabien und Ägypten, aber auch Israel und dessen Verbündete stufen Iran hingegen als Gefährdung ein. Gipfelgastgeber Katar sucht, wie auch Syrien, mit Iran eine friedliche Koexistenz zu etablieren. »Wir wollen keinen Konflikt mit Iran, in den man uns hineinzuziehen droht«, machte kürzlich Scheich Hamid bin Khalifa al-Thani, der Emir von Katar, deutlich.

Die arabischen Außenminister einigten sich bei ihren Vorbereitungssitzungen darauf, die Rückgabe der Golanhöhen als auch die Einheit und Unabhängigkeit Iraks zu unterstützen. Die US-Sanktionen gegen Syrien sollen aufgehoben und Israel aufgefordert werden, die UN-Resolutionen für einen gerechten Nahostfrieden einzuhalten. Der Friedensvorschlag der Arabischen Liga von 2002 »liegt nicht für immer auf dem Tisch«, so die Außenminister in einer Erklärung. Die Liga bietet Israel Friedensverträge an, wenn es sich aus den seit 1967 besetzten Gebieten zurückzieht.

Der Internationale Strafgerichtshof (ISG) wird derweil aufgefordert, den Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir aufzuheben. Dieser wird Kriegsverbrechen in der sudanesischen Provinz Darfur beschuldigt. Die arabischen Staaten lehnen die Anklage eines amtierenden Präsidenten ab und werden nicht mit dem Gerichtshof kooperieren, heißt es. ISG-Vorsitzender Luis Moreno-Ocampo hatte im Vorfeld des Gipfels erneut die Festnahme von Baschir gefordert. In der arabischen Welt favorisiert man das Vorgehen von Katar, das Anfang des Jahres ein erstes Versöhnungstreffen zwischen der sudanesischen Regierung und Vertretern der südsudanesischen Opposition in Doha vermittelt hatte. Man brauche vermutlich noch ein weiteres Jahr, so die katarischen Vermittler, der ISG-Haftbefehl sei kontraproduktiv.

* Aus: Neues Deutschland, 30. März 2009

Gipfel der Arabischen Liga in Doha, der Hauptstadt Katars

Doha. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat zum Auftakt des Gipfeltreffens der Arabischen Liga den designierten israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu aufgefordert, den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten zu beenden. Er drängte die neue israelische Regierung, die Blockade des Gazastreifens aufzuheben. Darüber hinaus verurteilte Ban die Ausweisung von Hilfsorganisationen aus dem Sudan. Während Sudans Präsident Omar Al-Baschir vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Menschenrechtsverletzungen in der sudanesischen Provinz Darfur mit internationalem Haftbefehl gesucht wird, wurde er in Doha mit allen Ehren von den Teilnehmern des Gipfels begrüßt. Die Arabische Liga hat bereits erklärt, sie werde den Haftbefehl vom 4. März gegen Al-Baschir nicht umsetzen. Für einen Eklat sorgte der libysche Staatschef Muammar Gaddafi. Er bezeichnete den saudischen König als »Produkt der Briten und Verbündeten der Amerikaner « und verließ dann den Saal. (AP/AFP/jW)

junge Welt, 31. März 2009




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