Wählen lassen bis es passt?
Demokratieförderung und Terrorismusbekämpfung in den palästinensischen Gebieten
Von Susanne Fischer *
Nachdem der palästinensische Präsident
Mahmoud Abbas am 16. Dezember 2006
Neuwahlen angekündigt hat, brachen
zwischen den konkurrierenden palästinensischen
Gruppierungen Fatah und Hamas
gewaltsame Auseinandersetzungen aus, die
seither zahlreiche Opfer fordern. Aktuell
reagiert Saudi-Arabien mit einem Vermittlungsversuch,
um die innerpalästinensische
Lage zu stabilisieren. Dass die Kluft zwischen
Fatah und Hamas nicht zu einem
palästinensischen Bürgerkrieg führt, daran
muss nicht nur Saudi-Arabien oder Israel
als direkt betroffenem Nachbarn gelegen
sein. Angesichts der politischen Situation
im Irak, Afghanistan und dem Libanon
ist die Stabilisierung der palästinensischen
Gebiete auch für die USA und die EU von
großem Interesse.
Die Bereitschaft von USA und EU, die
Option ‚politischer Dialog’ zwischen Israelis
und Palästinensern erneut auf die Agenda
zu setzen, zeigte sich Anfang Januar 2007.
Bei einem Treffen in Washington einigten
sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel
und der amerikanische Präsident George
W. Bush darauf, das Nahostquartett Anfang
Februar 2007 zu Beratungen zusammenzurufen.
Diesen Plänen sind bislang keine
Taten gefolgt und sie könnten frühzeitig
scheitern – nämlich wenn der palästinensische
Machtkampf nicht gestoppt werden
kann, die saudische Initiative keine Wirkung
zeigt und die palästinensische Selbstverwaltung
völlig zusammenbricht.
Vor dem Hintergrund ihrer Ambitionen
und um dieses innerpalästinensische Szenario
zu verhindern, müssen sich USA und
EU einer wichtigen Frage erneut stellen,
nämlich: Wie soll aus strategischer Perspektive
mit Akteuren wie Hamas umgegangen
werden? Zwar verfügt Hamas über einen
militärischen Arm, erkennt die Existenz
Israels nicht expressis verbis an und ist
bei den USA und der EU als terroristische
Organisation verzeichnet, allerdings handelt
es sich auch um einen potenziellen
Dialogpartner, der an politischen Prozessen
partizipiert und demokratische Wahlen
gewonnen hat.
Dass die Politik von USA und EU gegenüber
Hamas während des gesamten
vergangenen Jahres 2006 primär taktischen
Überlegungen folgte, mag der Dynamik der
Ereignisse im Nahen Osten geschuldet sein,
die der Krieg zwischen Israel und der libanesischen
Hizbullah zwischen Juli und August
2006 noch verstärkt hat. Da diese Taktik,
die Hamas durch Sanktionen vollständig zu
isolieren, aber offensichtlich bislang nicht
gegriffen hat, ist es dringend geboten, dass
sich USA und EU dem (scheinbaren) Dilemma
stellen, das aus der demokratischen
Wahl einer Gruppierung resultiert, aus
deren Mitte immer wieder Gewalt gegen
politische Gegner ausgeübt wird. Gesucht
wird also eine strategische Antwort auf die
Janusköpfigkeit von Hamas.
Dabei zeigt sich erstens, dass die Wahrnehmung
von USA und EU, man müsse
sich im Hinblick auf Hamas zwischen
Terrorismusbekämpfung auf der einen
und Demokratieförderung auf der anderen
Seite entscheiden, auf einem fundamentalen
Fehlschluss beruht, der fatale Konsequenzen
hat. Im Folgenden wird argumentiert,
dass eine zielführende Strategie
gegenüber Hamas vielmehr darin besteht,
Terrorismusbekämpfung und Demokratieförderung
zusammen zu denken.
Welche Handlungsspielräume für USA
und EU existieren, um diese Strategie
umzusetzen, zeigt dieser Standpunkt in
einem zweiten Abschnitt. Vor allem die
Empfehlung, die politische Entwicklung
der Palästinensischen Autonomiebehörde
(PA) in den palästinensischen Gebieten zu
fördern, fußt auf Grundlagen der politikwissenschaftlichen
Theorie des demokratischen
Friedens. Diese geht davon aus,
dass Staaten, die demokratisch verfasst
sind und zentrale politische Institutionen
wie ein unabhängiges Rechtssystem usw.
ausgebildet haben, gegenüber anderen
demokratischen Staaten friedlicher agieren
als nicht-demokratische Staaten.
Palästinensische Parlamentswahlen als Schritt zu einem demokratischen Gemeinwesen
Die EU gehört seit geraumer Zeit zu den
größten finanziellen Unterstützern der
wirtschaftlichen, politischen und sozialen
Entwicklung in den palästinensischen Gebieten.
So waren allein für das Jahr 2005 279
Mio. Euro beispielsweise für Infrastrukturentwicklung,
Handelsliberalisierung,
Bildungs- und Gesundheitsprogramme
sowie für die Reform der palästinensischen
Verwaltung usw. eingeplant. Davon gingen
70 Mio. Euro direkt an die Palästinensische
Autonomiebehörde.[1] Zudem unterstützte
die EU die Arbeit der Zentralen Wahlkommission
bei den palästinensischen Wahlen
im Januar 2005 mit insgesamt 18,5 Mio.
Euro.[2] Damit steht die EU sogar weiter
oben auf der Geberliste als die USA. Diese
stellten im Jahr 2005 circa 207 Mio. Euro
bereit, wovon 15 Mio. Euro direkt an die
PA gingen.[3]
Anfang 2006 wiesen sowohl Vertreter der
EU als auch der USA darauf hin, dass die
erfolgreiche Durchführung demokratischer
Wahlen für die Entwicklung eines palästinensischen
Staates von großer Bedeutung
sei. So sagte die Außenministerin der Vereinigten
Staaten, Condoleezza Rice, bereits
am 11. Januar 2006: „Dass am 25. Januar
freie und faire palästinensische Parlamentswahlen
abgehalten werden, ist ein wesentlicher
Schritt im gesamten Entstehungsprozess
eines friedlichen und demokratischen
palästinensischen Staates.“[4]
Die Wahlen, deren Termin unter Präsident
Arafat mehrfach verschoben worden
war, verliefen nun unter Präsident Abbas
trotz schwieriger Rahmenbedingungen
ohne die befürchteten Zwischenfälle. Internationalen
Wahlbeobachtern zu Folge
gab es keine Wahlbehinderungen und
Verstöße gegen die Wahlordnung. Zudem
hielten palästinensische Sicherheitsdienste
die Sicherheitslage unter Kontrolle.
Dementsprechend begrüßte der Hohe
Repräsentant der EU, Javier Solana, am
26. Januar 2006 in einem offiziellen Statement,
dass die palästinensischen Wahlen
unter demokratischen und friedlichen
Bedingungen verlaufen sind. Ebenfalls am
26. Januar 2006 rief das so genannte Nahostquartett,
bestehend aus USA, EU, UNO
und Russland, alle Parteien dazu auf, die
Ergebnisse der Wahl und den Ausgang des
sich anschließenden Regierungsbildungsprozesses
anzuerkennen: „The Quartet calls
on all parties to respect the results of the
election and the outcome of the Palestinian
constitutional process (...).“[5]
Die Wahlen waren somit auch ein wesentlicher
Schritt in Richtung eines noch
entstehenden palästinensischen Staatswesens.
Und vermutlich wäre diese Wahl zu
einem Paradebeispiel westlicher Demokratieförderung
erhoben worden, hätte nicht
Hamas gesiegt.
Der Wahlsieg von Hamas und die Folgen für die Palästinenser
Bei den Wahlen zum palästinensischen
Parlament wurde die eine Hälfte der zu
vergebenden 132 Sitze über die Wahl
von Parteien nach Verhältniswahlrecht
und die andere Hälfte über die Wahl von
Kandidaten nach Mehrheitswahlrecht in
16 Wahlbezirken ermittelt. Bei der Listenwahl
mit Verhältniswahlrecht schnitt Fatah
ähnlich gut wie Hamas ab. Bei der Wahl der
Kandidaten nach Mehrheitswahlrecht in
den 16 Wahlbezirken, traten jedoch zahlreiche
Fatah-Mitglieder als unabhängige
Kandidaten an. Diese Zersplitterung der
Fatah-Kandidaten führte dazu, dass sich
die Kandidaten gegenseitig schwächten,
wovon Kandidaten der Hamas profitierten.
Das komplexe Wahlsystem und die große
Zahl der gegeneinander angetretenen Fatah-
Politiker, führten am Ende dazu, dass
die Stimmen der Wähler mehrheitlich nicht
der Fatah, sondern Hamas zu Gute kamen.
Die Parlamentsmehrheit besteht seit den
Wahlen somit vornehmlich aus Mitgliedern
von Hamas, auch wenn die Mehrheit der
insgesamt abgegebenen Wählerstimmen
nicht auf Hamas (44%), sondern auf die
Fatah (56%) entfallen ist.[6] Umfragen direkt
nach den Wahlen deuteten jedoch darauf
hin, dass die palästinensischen Bürger nach
wie vor die Grundsätze des Friedensprozesses
akzeptierten und die Korruption der
palästinensischen Behörden, die Situation
der Rechtlosigkeit sowie die Armut und die
Arbeitslosigkeit eine bedeutende Rolle bei
der Wahl von Hamas spielten.
Auf die Regierungsübernahme durch Hamas
reagierten die USA und die EU damit,
dass sie die finanzielle Unterstützung für
die Palästinensische Selbstverwaltungsbehörde
stoppten und den politischen
Dialog verweigerten. Außerdem stellte das
Nahostquartett drei Forderungen an eine
neue palästinensische Regierung: Erstens
müssten sich alle Mitglieder einer zukünftigen
palästinensischen Regierung dazu verpflichten,
der Gewalt zu entsagen. Zweitens
müssten sie Israel anerkennen und drittens
die bereits abgeschlossenen Verträge und
Verpflichtungen, inklusive der Roadmap,
akzeptieren.[7] Diese drei Forderungen sind
auch im Januar 2007 nach wie vor die
Bedingung für die Wiederaufnahme von
Unterstützungsleistungen durch die USA
und die EU. Dies führte dazu, dass der
palästinensische Präsident Mahmoud Abbas
und Ministerpräsident Ismael Hanijeh
seit März 2006 versuchten, eine politische
Grundlage für die Wiederaufnahme der
finanziellen Unterstützung durch die EU
zu schaffen. Diese Bemühungen zielten stets
darauf, eine so genannte Einheitsregierung
aus Hamas nahe stehenden Technokraten,
d.h. Experten, die nicht Hamas angehören,
und Mitgliedern der Fatah zu bilden.
In der Zwischenzeit verschärfte sich die
humanitäre Situation – insbesondere im
Gaza-Streifen – immens. Da die Einnahmen
der Autonomiebehörde vorwiegend auf der
finanziellen Unterstützung der internationalen
Gemeinschaft beruhen, d.h. die Strukturen
der PA weisen einen starken so genannten
Rentiercharakter auf, erhielten die
Angestellten der PA über die vergangenen
Monate hinweg keine Gehälter. Zudem
behielt auch Israel die Mehrwertsteuern und
Zollabgaben ein, die israelische Behörden
entsprechend des Pariser Protokolls von
1994 für die Palästinenser erheben und
anschließend den Palästinensern erstatten.
Erst Ende Dezember 2006 erklärte sich der
israelische Premierminister bereit, rund
77 Mio. Euro aus Steuern an Mahmoud Abbas
zu übertragen. Während sich die Aufmerksamkeit
der internationalen Gemeinschaft
im Sommer 2006 auf den Krieg im
Libanon richtete, kam es zu ersten Streiks.
Sich bekämpfende Sicherheitsdienste und
die massiven militärischen Maßnahmen
der israelischen Armee trugen zu einer sich
rapide verschlechternden Sicherheitslage
bei. Khaled Amayreh, Redakteur der ägyptischen
Zeitung Al-Ahram, sprach Ende
Oktober 2006 von einer möglichen dritten
Intifada.[8] Auch auf Grund gewaltsamer
Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern
der Fatah und Hamas besteht seit Mitte
Dezember 2006 in den palästinensischen
Gebieten eine unkontrollierbare Sicherheitslage.
Diese wird mitnichten dadurch
kalkulierbarer, dass die USA Anfang Januar
2007 rund 66 Mio. Euro zur Stärkung der
Sicherheitskräfte von Mahmoud Abbas
freigaben.
Vielmehr stärkt dies die Skepsis an der
Ernsthaftigkeit der von den USA und der
EU forcierten Demokratieförderung, die
bereits in den ersten Stunden nach der Wahl
von einem Journalisten der arabischen Zeitung
Al Hayat geäußert wurde: „(...) man
fragt sich, welche Art von Demokratie das
ist, die sich Amerikaner und die gesamte
Welt in der Region wünschen, wenn wir,
nachdem eine Regierung tatsächlich demokratisch
gewählt ist, dann von dieser
fordern, dass sie ihre Position und ihre
Charta ändert. Wie würden Sie diese Frage
beantworten?“[9]
Hamas durch die Brille von USA und EU betrachtet
Die Forderungen, die das Nahostquartett
an Hamas stellte, ergaben sich nicht allein
daraus, dass man auf diese Weise dem
Frieden im Nahen Osten näher zu kommen
hoffte. Schließlich hatte man Mitte der 90er
Jahre auch mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation
(PLO) unter dem im
November 2004 verstorbenen Jassir Arafat
gesprochen – und das, obwohl die Charta
damals ebenfalls einen Artikel enthielt, der
die Vernichtung des Staates Israel als Ziel
ausgab. Die Aussagen der Vertreter des
Nahostquartetts müssen vielmehr vor dem
Hintergrund der Außenpolitik von USA
und EU betrachtet werden: Hamas findet
sich nicht nur auf der vom amerikanischen
State Department [10], sondern auch auf der
von der EU [11] zusammengestellten Liste ausländischer
terroristischer Organisationen
wieder. Zudem bewerten insbesondere die
Vereinigten Staaten, aber auch die EU, seit
den Anschlägen des 11. September 2001
‚Terrorismus’ als eine zentrale aktuelle
Gefahr.
So formuliert die Europäische Sicherheitsstrategie
von 2003 unter dem Abschnitt
Hauptbedrohungen:
„Terrorismus gefährdet
Menschenleben, verursacht hohe
Kosten, sucht die Offenheit und Toleranz
unserer Gesellschaften zu untergraben und
stellt eine zunehmende strategische Bedrohung
für Gesamteuropa dar.“ [12] Ähnlich
schätzen auch die USA in ihrer Nationalen
Sicherheitsstrategie von 2002 das Phänomen
‚Terrorismus’ ein, wenngleich sie
andere politische Konsequenzen als die EU
ziehen – wie der so genannte ‚Krieg gegen
den Terror’ exemplarisch verdeutlicht.
Dass die USA und die EU einen offenen
Dialog mit Hamas verweigern, ist zumindest
vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.
Zudem riskieren sie durch einen
Dialog den Vorwurf, durch Anerkennung
von Hamas bereits verurteilte gewaltsame
Mittel indirekt und im Nachhinein zu legitimieren
und damit Terrorismus hoffähig
zu machen. Die Signale, die die USA und
die EU durch derartige öffentliche Listen
mit terroristischen Gruppierungen an die
internationale Staatengemeinschaft senden
wollen, könnten durch einen Dialog ad
absurdum geführt werden. Hinzu kommt,
dass sich Hamas in der Vergangenheit zu
zahlreichen Anschlägen auf Israelis und
israelische Einrichtungen bekannt hat und
die Charta von Hamas nicht dazu angetan
ist, Vertrauen in Hamas und deren Suche
nach politischen Problemlösungen zu
erwecken.
Schließlich pflegen nicht nur zahlreiche
Mitgliedsstaaten der EU, sondern vor
allem auch die USA enge Verbindungen
zu Israel. Exemplarisch für die Qualität
der Beziehungen sind die stabil hohen
Sympathiewerte in der amerikanischen
Bevölkerung für Israel, wie eine Umfrage
im Juli 2006 ergab.[13] Somit hätte ein Positionswechsel
gegenüber Hamas – vor allem
in den USA – gravierende Auswirkungen
auf die Innenpolitik und die bilateralen
Beziehungen zu Israel, das einen nicht zu
vernachlässigenden politischen Einfluss in
den USA und der EU besitzt. Nimmt man
diese Perspektive ein, ist offensichtlich, dass
ein Dialog mit Hamas, ohne die Erfüllung
der drei genannten Bedingungen – Gewaltverzicht,
die Anerkennung Israels sowie die
Einhaltung bisher geschlossener Verträge
– weder für Washington noch für Brüssel
denkbar war.
USA und EU: Was tun mit Hamas?
Indem USA und EU demokratische Prozesse
und Strukturen anmahnen, andererseits
jedoch Unterstützung und Dialogbereitschaft
einstellen, sobald die gewählte
Gruppierung nicht dem gewünschten Profil
entspricht, bestätigen sie (nicht nur) aus
Sicht der Palästinenser eine Politik der
doppelten Standards. Umgekehrt würden
USA und EU jedoch (möglicherweise nicht
nur) von Israel des Verrats an den eigenen
Politikzielen bezichtigt, wenn sie sich
ohne Weiteres auf einen Dialog und die
Finanzierung der von Hamas regierten PA
einließen. Mit dem Sieg von Hamas bei den
palästinensischen Wahlen am 25. Januar
2006 fielen aus amerikanischer und europäischer Perspektive zwei Dinge zusammen,
die bisher nicht zusammen gedacht wurden:
Terrorismus und Demokratie. Damit stand
nicht nur die israelische Politik, sondern
insbesondere auch die der USA und der EU
zumindest scheinbar vor einem Dilemma,
nämlich der Politikgestaltung zwischen
Verurteilung des Terrorismus einerseits
und der Demokratieförderung andererseits.
Wie die Reaktionen der USA und der EU
zeigen, nehmen sie diese politischen Ziele
seit den Wahlen Ende Januar 2006 als sich
ausschließende Alternativen wahr: Entweder
die Vertreter des Nahostquartetts
verurteilen Terrorismus, dann dürfen sie
nicht mit der als terroristisch eingestuften
Hamas in einen Dialog treten. Oder sie
fördern die Demokratie in den palästinensischen
Gebieten, dann müssen sie Hamas
als Dialogpartner anerkennen – was einer
impliziten Revision der Einschätzung als
terroristische Gruppierung gleich kommt.
Umdenken: Terrorismusbekämpfung UND Demokratieförderung
Scheinbar vor die Alternative Demokratieförderung
oder Terrorismusbekämpfung
gestellt, entschieden sich USA und EU für
die Terrorismusbekämpfung, das heißt einen
an ihren sicherheitspolitischen Vorgaben
orientierten Kurs. Dass diese Strategie
gescheitert ist, führt die aktuelle politische
Situation in den palästinensischen Gebieten
deutlich vor Augen. So wurde ein
rascher Politikwechsel von Hamas nicht
erreicht, vielmehr drohte Khaled Meshaal,
führendes Mitglied von Hamas und Leiter
der Vertretung in Damaskus/Syrien, Ende
November 2006 mit einer neuen Intifada.
Und Anfang Januar 2007, nach mehrmonatigem
Ringen zwischen den Vertretern
von Hamas und Fatah, schien außerdem
die mehrfach aufgeflammte Hoffnung auf
die so genannte Einheitsregierung aus Mitgliedern
von Fatah und Hamas anscheinend
endgültig erloschen, auch wenn es Mitte
Januar Zeichen einer Annäherung und
Versuche gab, Verhandlungen über eine
Einheitsregierung erneut aufzunehmen.
Diese innerpalästinensischen Turbulenzen
waren auf Grund der finanziellen Abhängigkeit
der PA und der Tatsache, dass ein
Politikwechsel Zeit bedarf, absehbar gewesen
und ist von zahlreichen Beobachtern
prognostiziert worden.
Der Fehlschluss von USA und EU besteht
darin, dass es sich bei Demokratieförderung
und Terrorismusbekämpfung weder
aus logischer, noch aus praktischer Sicht
um zwei sich ausschließende Alternativen
handelt. Vielmehr lässt sich dieses scheinbare
Dilemma gerade dadurch „auflösen“,
indem man Terrorismusbekämpfung und
Demokratieförderung im Verbund denkt.
Erst die Verknüpfung dieser Handlungsoptionen
ermöglicht eine Strategie gegenüber
Hamas, die es vermag, die verschiedenen
Rahmenbedingungen gleichzeitig zu berücksichtigen,
z.B. die finanzielle Abhängigkeit
der PA, die zeitlichen Erfordernisse eines
politischen Wandels von Hamas, die sicherheitspolitischen
Festlegungen der internationalen
Gemeinschaft und die sicherheitspolitischen
Bedürfnisse Israels – um nur
einige Aspekte zu nennen.
Die einseitige Strategie, die auf Terrorismusbekämpfung
durch die Isolation von
Hamas baut, bewirkte zwar einen gesteigerten
Aktionismus auf Seiten der palästinensischen
Regierung und des palästinensischen
Präsidenten. In den vergangenen
Monaten ist es jedoch zu einem Kollaps
der in den vergangenen Jahren mühsam
aufgebauten – zugegebenermaßen immer
noch nicht demokratischen Anforderungen
entsprechenden – palästinensischen Selbstverwaltung
gekommen. Eine Strategie,
die im Gegensatz dazu Terrorismusbekämpfung
und Demokratieförderung
zusammen denkt, würde es der USA und
der EU ermöglichen, gemäß des Prinzips
‚carrot and stick’ zu agieren. Ließe man
(ausgewählte) Förderungsmaßnahmen zu,
entstünde erstens für Hamas ein Anreiz
und zudem die Zeit, um sich politisch zu
verändern. Zweitens erhielten USA und EU
die Möglichkeit, ein Umsteuern in einzelnen
Punkten – beispielsweise mit Blick auf
einen langfristigen Waffenstillstand oder
die Festlegung auf eine Anerkennung der
Grenzen von 1967 – zu erzwingen, indem
sie gezielt mit finanziellen oder politischen
Sanktionen drohten. Diese Vorgehensweise
ist erstens deswegen geeignet, da sich USA
und EU nicht einfach von der PA abwenden
und diese sich selbst überlassen, sondern
notwendige Reformen im Verwaltungsbereich
oder die Korruptionsbekämpfung
weiter vorangetrieben werden können.
Zweitens können USA und EU – und das
ist der zentrale Punkt – mit Sanktionsdrohungen
in der Hinterhand besser Einfluss
auf die politischen Akteure nehmen.
Drittens bekommen gemäßigte Kräfte wie
Premierminister Ismael Hanijeh gegenüber
Hardlinern wie Khaled Meshaal oder
Außenminister Mahmoud al-Zahar ein
Verhandlungspfand in die Hand – während
sie sich unter den Bedingungen der
vollständigen Sanktion zum eigenen politischen
Überleben nur bedingt von den
Hardlinern distanzieren können, wie in
den Verhandlungen über die so genannte
Einheitsregierung immer wieder deutlich
wurde.
Der Perspektivwechsel zu ‚Terrorismusbekämpfung
UND Demokratieförderung’
erlaubt also neue Möglichkeiten der Politikgestaltung.
Es muss jedoch deutlich
gesagt werden, dass diese sich tatsächlich
nur dann eröffnen, wenn beide Strategien
gleichzeitig angewandt werden. Nur dann
behalten die Vertreter des Nahostquartetts
die Option des Sanktionierens in der Hand
und können damit weitere Veränderungen
fördern und vorantreiben – und gleichzeitig
den weiteren institutionellen Kollaps in den
palästinensischen Gebieten und die zunehmende
Radikalisierung der Gruppierungen
vermeiden.
In den folgenden drei Abschnitten soll
eruiert werden, an welchen Punkten Brüssel
und Washington
ansetzen könnten, um
entsprechend
der Doppelstrategie ‚Terrorismusbekämpfung
und Demokratieförderung’
stabilisierenden Einfluss auf die
Politik in den palästinensischen Gebieten
zu gewinnen.
Ansatzpunkt 1: Institutionellen Kollaps bremsen
Wie bereits skizziert, ist die PA weitgehend
von finanzieller Unterstützung durch die
USA, die EU und weitere externe Geldgeber
abhängig. Zudem ist die so genannte institutionelle
Entwicklung der PA, das heißt
die Herausbildung einer funktionierenden
öffentlichen Verwaltung, die Weiterentwicklung
und Reform von gesetzlichen Regelungen
zur Stärkung eines unabhängigen
Rechtssystems sowie die Formulierung
klarer Zuständigkeiten von Exekutive und
Legislative usw., durch die politischen Auseinandersetzungen
zwischen Israelis und
Palästinensern in den vergangenen Jahren
stark ins Hintertreffen geraten und längst
nicht abgeschlossen.
Von Seiten der internationalen Gemeinschaft
wurden diese Bemühungen um
eine funktionierende Verwaltung und den
Aufbau eines Rechtsstaates zwar bislang
unterstützt, allerdings vorwiegend in den
Verwaltungsbereichen, die mit der inneren
Sicherheit oder der Verwaltung der Finanzen
der PA befasst waren. Für die Politik
von USA und EU gegenüber der PA war
stets die Lösung des Nahost-Konfliktes
vorrangig. Diese Vorgehensweise, die ein
amerikanischer Wissenschaftler trefflich als
„peace now, democracy later“[14] bezeichnete,
ist jedoch auf einem Auge blind. Sie übersieht
mögliche Wechselwirkungen von demokratischen
Strukturen und gewaltfreier
Konfliktbearbeitung. Die genannten institutionellen
Entwicklungen sind somit nicht
nur zentrale Voraussetzungen für einen
innerstaatlichen, sondern auch für einen
zwischenstaatlichen Frieden mit Israel.
Außerdem eröffnen sich auf diesem Weg
wichtige Handlungsoptionen für USA und
EU gegenüber einer Hamas-Regierung:
Entscheiden sich USA und EU beispielsweise
dafür, den Aufbau und die Reformen
der öffentlichen Verwaltung und des
Rechtsstaates durch finanzielle oder fachliche
Unterstützung zu fördern, erschließt
sich bereits ein breites Aufgabenspektrum
für eine (weitere) Zusammenarbeit auf
der Sachebene – das heißt unterhalb der
politischen Ebene – mit so genannten
Technokraten innerhalb des Verwaltungsapparates
der PA.
Um den Einfluss auf die PA nicht an
Saudi-Arabien oder den Iran zu verlieren,
gilt es außerdem, neue Möglichkeiten
der Finanzierung einzelner öffentlicher
Bereiche zu finden. Hier existieren Überlegungen,
die Finanzierung von öffentlich
Bediensteten, wie Lehrern oder Ärzten,
über einen Fonds abzuwickeln. Schließlich
scheint es sinnvoll, finanzielle und technische
Unterstützung vor allem im Verwaltungsumfeld
von PA-Präsident Abbas
anzusiedeln und so der Hamas-geführten
Regierung den direkten Zugriff auf die von
USA und EU bereit gestellten Ressourcen
zunächst zu verwehren. Es soll aber nicht
verschwiegen werden, dass es sich hierbei
um ein ambivalentes Unterfangen handelt,
da diese Strukturen bislang für ineffektives
und intransparentes Regieren mitverantwortlich
waren.
Auf diesem, deutlich aufwändigerem
Weg als es bei der vollständigen Abwendung
von der PA der Fall ist, besteht die
Chance, einen weiteren Kollaps der sich
entwickelnden politischen Strukturen zu
vermeiden und den Einfluss auf Veränderungen
in der PA zurück zu gewinnen.
Dies ist auch deswegen wichtig, weil diese
Strukturen grundlegend sind, um mögliche
Verhandlungsergebnisse eines politischen
Dialogs zwischen den Konfliktparteien
umzusetzen. Gegenüber der Öffentlichkeit
können diese Schritte unter anderem damit
gerechtfertigt werden, dass nicht erst
durch die Parlamentswahlen Mitglieder
von Hamas in öffentliche Ämter kamen.
Vielmehr befinden sich seit längerem
Mitglieder von Hamas auch innerhalb
der Institutionen der PA [15], und zusätzlich
stehen seit den Kommunalwahlen Hamas
Mitglieder auch in einzelnen Kommunen in
der Verantwortung.
Ansatzpunkt 2: Doppelstrukturen nutzen
Sowohl die PA als auch Hamas sind von
einer Doppelstruktur gekennzeichnet: die
PA auf Grund ihrer engen Verbindung
mit der PLO und Hamas wegen der Aktivitäten,
die karitative und politische Arbeit
einerseits und terroristische Operationen
andererseits einschließen. Diese Doppelstrukturen
erschweren es zwar, Beschlüsse
zu erlangen und diese effektiv umzusetzen.
Indes bietet sich gerade auf diesem Weg
die Gelegenheit, bei Akteuren anzusetzen,
die für Dialogbemühungen empfänglicher
sind als diejenigen, die sich einer politischen
Problembearbeitung verschließen.
Beispielhaft für die negativen wie positiven
Konsequenzen einer solchen Doppelstruktur
von Hamas sind die Reaktionen auf Äußerungen
Khaled Meshaals, der dem radikalen
Arm von Hamas zugerechnet werden
kann. Die Versuche, eine palästinensische
Einheitsregierung zu bilden, konnte er
durch seine Haltung zeitweise zwar zu Fall
bringen, anderseits vermochte er die Bemühungen
der „Politiker“ in der Hamas um
eine politische Lösung dennoch nicht endgültig
zu stoppen. Vielmehr versuchte die
bestehende Regierung unter Ismael Hanijeh
nach wie vor einen Kompromiss zu finden.
Vor diesem Hintergrund wird vielfach
auch davon gesprochen, dass USA und EU
versuchen könnten, auf eine Spaltung von
Hamas zu Gunsten gemäßigter Kräfte in ihr
hinzuarbeiten. Dies trüge jedoch nur dann
Früchte, wenn die radikalen Kräfte, die
isoliert werden sollen, keine Mehrheit mehr
hinter sich versammeln könnten. Solange
dies aber der Fall ist, behalten diese eine
große Macht gegenüber den Mitgliedern
in der Gruppierung, die über Verhandlungen
die Interessen der palästinensischen
Bevölkerung durchsetzen wollen. Zudem
entstünden aus einer Spaltung zusätzliche,
um Macht rivalisierende Untergruppen.
Eine Strategie, die die Spaltung von Hamas
anstrebt, erscheint somit wenig ratsam,
da sich damit die innerpalästinensische
Sicherheitslage tendenziell eher weiter destabilisieren
würde.
Auch die nach wie vor bestehende Doppelstruktur
der PA scheint für den Versuch
geeignet, den politischen Dialog wieder
zu beleben. So wählten die Palästinenser
Ende Januar 2006 zwar ein Parlament und
damit eine Regierung, die damit betraut ist,
zahlreiche Belange in den palästinensischen
Gebieten zu regeln. Verhandlungspartnerin
und Unterzeichnerin bislang ausgehandelter
Verträge und Vereinbarungen zwischen
Israel und den Palästinensern war und ist
jedoch nach wie vor die PLO, deren Vorsitzender,
Mahmoud Abbas, umfassende
Anstrengungen unternimmt, um die politische
Blockade zwischen Fatah und Hamas
zu beenden und einen Bürgerkrieg in den
palästinensischen Gebieten zu vermeiden.
Es bieten sich mit diesen Doppelstrukturen
also offensichtlich Gelegenheiten, Akteure
anzuhören und gegebenenfalls zu stärken,
die offen für die politische Bearbeitung des
Konfliktes sind. Derartige Gelegenheiten
wurden – abgesehen von dem Treffen zwischen
Mahmoud Abbas und Ehud Olmert
Ende Dezember 2006 – nur unzureichend
ausgeschöpft. So reagierten USA und EU
beispielsweise äußerst zurückhaltend auf
die so genannte ‚Gefangeneninitiative’, in
der in israelischen Gefängnissen einsitzende
Mitglieder von Hamas, Fatah usw. Anfang
Mai 2006 unter anderem vorschlugen, eine
so genannte Einheitsregierung aus Mitgliedern
von Fatah und Hamas zu bilden.
Ansatzpunkt 3: Auf Zugeständnisse festlegen
Die martialische Sprache politischer Stellungnahmen
durch Mitglieder von Hamas
– insbesondere auf öffentlichen Kundgebungen
– suggeriert zunächst, dass es
keinen Ansatzpunkt für einen politischen
Dialog mit Hamas gibt. Politiker in den
USA und der EU, die diesen Konflikt
deeskalieren wollen, verschenken jedoch
wichtige Handlungsspielräume, wenn sie
folgende Punkte ignorieren: Hamas hat den
im Rahmen der „Kairoer Erklärung“ 2005
zwischen Israel und der PA eingegangen
Waffenstillstand konsequent eingehalten.
Lediglich nach der israelischen Militäraktion
in Beit Hanoun Anfang November 2006,
der zahlreiche palästinensische Zivilisten
zum Opfer fielen, hat Hamas den Waffenstillstand
für kurze Zeit aufgekündigt. Zudem
haben Politiker im Umfeld von Hamas
direkt nach den Wahlen im Januar 2006
wiederholt auf die Bereitschaft von Hamas
verwiesen, neben einem relativ kurzfristigen
Waffenstillstand (tahdi’a) Verhandlungen
über einen langfristigen Waffenstillstand
(hudna) aufzunehmen. Diese Option ist
vor allem deswegen relevant, weil man nach
wie vor davon ausgehen kann, dass Hamas
– anders als beispielsweise Arafat zum Ende
seiner Amtszeit – eine derartige Zusage auf
Grund der besseren Kontrolle über die eigenen
Mitglieder auch einhalten könnte. Ein
solches Verhandlungsergebnis würde Israel
ein gewisses Maß an Sicherheit bieten und
könnte vertrauensbildende Wirkungen für
die weitere Annäherung entfalten.
Eine zweite, bislang unbesehene Möglichkeit
besteht darin, dass von Seiten der
Hamas in Aussicht gestellt wurde, auf
Grundlage der Initiative von Saudi-Arabien
vom März 2002, die Grenzen von 1967
anzuerkennen. So äußerte der bisherige
Sprecher der Hamas-geführten Selbstverwaltungsregierung
Hamad im September:
„Wir haben keine Probleme mit einer
Regierung, die Verhandlungen mit Israel
führt. Aber wir haben Forderungen, und
zwar die Grenzen von 1967 und die Flüchtlinge
betreffend.“[16] Aus Sicht verschiedener
Experten deuten auch das Programm, mit
dem Hamas den Wahlkampf zum palästinensischen
Parlament bestritten hat
und die Rede, die Ismael Hanijeh am 27.
März 2006 vor dem neu gewählten palästinensischen
Parlament hielt, auf derartige
Handlungsspielräume hin.
Schließlich sollten USA und EU einen
Blick auf die Kommunen werfen, in denen
seit den Kommunalwahlen 2004 und 2005
Mitglieder von Hamas öffentliche Ämter
bekleiden. Eine Evaluation der Politik in
diesen Kommunen würde den Blick für
Hamas-Mitglieder öffnen, die pragmatische
Wege gehen und zusätzliche Ansatzpunkte
sein könnten, gewaltloser und problemlösungsorientierter
Politik mehr Raum und
Unterstützung zu gewähren. Es ist also evident,
dass durchaus Spielräume existieren,
die zum Ausgangspunkt für eine Politik
des Dialogs und des Verhandelns jenseits
von Waffengewalt werden könnten. Mithin
könnten durch die Festlegung von Hamas
auf derartige Zugeständnisse Tatsachen
geschaffen werden, die ihr den Weg zurück
– in die gewaltsame außerpolitische Opposition
– erschweren würden.
Mut zur Doppelstrategie
Dass sich die Politik von USA und EU
angesichts der demokratischen Wahl von
Hamas entweder auf die Seite der Terrorismusbekämpfung
oder die der Demokratieförderung
schlagen muss, beruht auf einem
veritablen Fehlschluss.
Es gilt vielmehr beides zusammenzudenken,
um Einfluss auf die Politik in den
palästinensischen Gebieten zu erlangen,
Auswege aus der Sackgasse zu finden, in
der sich die palästinensische Innenpolitik
seit fast einem Jahr befindet, und um die
Gefahr eines Bürgerkrieges zu bannen, die
insbesondere seit Dezember 2006 besteht.
Wollen USA und EU vor diesem Hintergrund
einen Strategiewechsel unternehmen
und sich der praktischen Politikgestaltung
widmen, müssen sie sich erstens eingestehen,
dass demokratische Wahlen lediglich
ein Element eines komplexen gesellschaftlichen
und politischen Prozesses sind.
Dementsprechend sollten sich Washington
und Brüssel um einen sehr viel weiteren
Blickwinkel bemühen, und zwar sowohl die
inhaltliche als auch die zeitliche Dimension
von Demokratieförderung betreffend. Dies
bedeutet, dass der Aufbau eines unabhängigen
Rechtssystems, zuverlässiger Verwaltungsstrukturen
und die Sicherung des
Gewaltmonopols von höchster Bedeutung
sind, wie in Ansatzpunkt 1 dargelegt. Es ist
also geboten, durch Hintergrundgespräche
auszuloten, in welchen Bereichen partielle
finanzielle Unterstützung oder technische
Beratung wieder aufgenommen werden
können. Gleichzeitig dürfen Gelegenheiten,
Hamas auf deren positive Zugeständnisse
festzulegen, nicht weiter verspielt
werden, wie in Ansatzpunkt 3 ausgeführt
wurde. Und schließlich ist es wichtig, die
gemäßigten Akteure zu unterstützen, die
innerhalb der beschriebenen Doppelstrukturen
deeskalierenden Einfluss auf die
innerpalästinensische politische Situation
nehmen können und offen für eine politische
Lösung des Nahostkonfliktes sind,
gemäß Ansatzpunkt 2. Dies gilt vor allem
wenn man bedenkt, dass die Ankündigung
von Neuwahlen bislang keinen Zuwachs an
politischer Stabilität gebacht hat. Sollte es
jedoch tatsächlich zu Neuwahlen kommen,
ist es nötig, die palästinensische Innenpolitik
bis zu diesen Wahlen durch eine kluge
Strategie zu stabilisieren.
Dies erreichen USA und EU indem sie in
einem ersten Schritt die Gespräche über
einen Waffenstillstand zwischen Hamas
und Fatah sowie eine Einheitsregierung
forcieren. Zweitens ist es wichtig, dem drohenden
Kollaps der PA entgegen zu wirken
und auf eindimensionale Bekenntnisse
entsprechend dem Imperativ ‚für oder gegen
Hamas’ zu verzichten. Und schließlich
gilt es, die Doppelstrategie ‚Terrorismusbekämpfung
UND Demokratieförderung’
zu wagen.
Anmerkungen-
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palestine/overview.htm#2.3, 21.11.2006.
- www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_
Data/docs/pressdata/en/declarations/
87988.pdf, 10.10.2006.
- Jeremy M. Sharp/Christopher M. Blanchard,
U.S. Foreign Aid to the Palestinians,
in: http://pdf.usaid.gov/pdf_docs/
PCAAB448.pdf, 21.11.2006, S. 3, 6.
- www.state.gov/secretary/rm/2006/58926.
htm, 13.10.2006.
- www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_
Data/docs/pressdata/EN/declarations/
88161.pdf, 13.10.2006.
- Palestine Center for POLICY and SURVEY
RESEARCH (PSR): Special Poll
- Results of PSR Exit Polls For Palestinian
PLC Elections, 15 February 2006. In:
http://pcpsr.org/survey/polls/2006/exit
plcfulljan06e.html, 18.10.2006;
Margret Johannsen, Frieden
durch Diktat? Der lange Abschied von einer Verhandlungslösung
im Palästina-Konflikt.
In: Reinhard Mutz u.a. (Hg.), Friedensgutachten
2006, Münster (LIT), 2006,
S. 131-140, hier Seite 132.
- www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_
Data/docs/pressdata/en/declarations/
88201.pdf, 13.10.2006, S. 1.
- Khaled Amayreh, Third Intifada coming,
Issue No. 817, 19 - 25 October 2006. In:
http://weekly.ahram.org.eg/2006/817/
re51.htm, 30.10.2006.
- Siehe Fußnote 6, S. 4.
- www.state.gov/documents/organization/
45323.pdf, 05.10.2006.
- http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/
en/oj/2006/l_144/l_14420060531en0025
0029.pdf, 05.10.2006.
- www.consilium.europa.eu/uedocs/cms
Upload/031208ESSIIDE.pdf, 23.10.2006,
S. 3.
- Jodie T. Allen/Alec Tyson, The U.S. Public’s
Pro-Israel History. (Pew Research
Center, Poll Analysis), July 19, 2006. In:
http://pewresearch.org/obdeck/?ObDeck
ID=39, 23.10.2006.
- Nathan J. Brown, Evaluating Palestinian
Reform. In: Carnegie Endowment for
International
Peace, Carnegie Papers
(Middle East Series), No. 59, June 2005,
S. 22.
- Shaul Mishal/Avraham Sela, The Palestinian
Hamas. Vision, Violence, and
Coexistence, New York, N.Y. 2000, S. 48.
- Aluf Benn/Avi Issacharoff/Smuel Rosner,
Hamas official: We are ready for
talks over 1967 borders, In: Haaretzonline,
12.09.2006, www.haaretz.com/
hasen/objects/pages7PrintArticleEn.
jhtml?itemNo=761475, 12.09.2006.
* Susanne Fischer (Jahrgang 1977) ist Stipendiatin der Deutschen Stiftung
Friedensforschung an der HSFK. Als Mitglied des Programmbereichs
„Demokratisierung und der innergesellschaftliche
Frieden“ verfasst sie ihre Dissertation zur Rolle
von Unternehmen im Nahost-Konflikt.
Dieser Beitrag erschien in der Reihe HSFK-Standpunkte, 6/2006. Redaktionsschluss: 2. Februar 2007.
Die Broschüre enthält außerdem zahlreiche Grafiken und Bilder.
Bestelladresse für das Original:
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
Leimenrode 29, 60322 Frankfurt am Main
Telefon (069) 959104-0, Fax (069) 55848 1
E-Mail: info@hsfk.de, Internet: www.hsfk.de
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