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Klinkenputzen in Nahost

US-Vermittler Mitchell in Damaskus und Beirut. Israelische Soldaten ermorden Hamas-Kommandeur

Von Karin Leukefeld *

Der US-Nahostvermittler George Mitchell will Syrien und den Libanon zu Gesprächen mit Israel bewegen. Vereinbarungen zwischen den drei Ländern sowie den Palästinensern seien das, was US-Präsident Barack Obama unter einem Frieden im Mittleren Osten verstehe, sagte Mitchell am Donnerstag (16. Sept.) nach seiner Ankunft in Beirut, wo er am Freitag (17. Sep.) mit dem libanesischen Präsidenten Michel Sleiman zusammentraf. Zuvor habe er in Damaskus ein »ausgezeichnetes Gespräch« mit dem syrischen Staatschef Baschar Al-Assad und Außenminister Walid Mou’allem gehabt und diese über die Ergebnisse der Gespräche zwischen Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) informiert, so der nordamerikanische Diplomat. Die US-Administration strebe die »vollständige Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und seinen Nachbarn« an.

Syrische Medien hingegen schätzen die neuen, von den USA angeschobenen Gespräche als reine »Zeitverschwendung« ein, die lediglich einem »Ausverkauf der Rechte der Palästinenser« dienten. Auch Präsident Assad erinnerte an die syrischen Golan-Höhen, die von Israel 1967 besetzt und 1981 annektiert wurden. Für eine Wiederaufnahme von Gesprächen brauche man eine klare Grundlage und Garantien, daß eventuelle Einigungen auch umgesetzt würden. Syrien fordere kein Zugeständnis von Israel, sondern die Rückgabe besetzten Bodens an seine rechtmäßigen Besitzer, wie es auch die UN-Resolutionen 242 aus dem Jahr 1967 sowie 497 von 1981 verlangen. »Ohne die Wiederherstellung der rechtmäßigen Verhältnisse wird kein Frieden Bestand haben«, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur SANA den syrischen Präsidenten.

US-Präsident Barack Obama hat seit seinem Amtsantritt vor fast zwei Jahren die Isolationspolitik seines Vorgängers George W. Bush gegenüber Syrien in eine Politik von »Zuckerbrot und Peitsche« verändert. Die diplomatischen Beziehungen wurden wiederhergestellt und Syrien wirtschaftliche Hilfe und die Aufhebung der US-Sanktionen in Aussicht gestellt. Im Gegenzug soll Syrien jedoch auf seine engen Kontakte zum Iran verzichten und die Unterstützung der libanesischen Hisbollah und der palästinensischen Hamas einstellen. Mit national unterschiedlichen Nuancen wird diese US-Politik von der Europäischen Union und vor allem von Frankreich und Deutschland unterstützt.

Im palästinensischen Flüchtlingslager Nur Shams nahe der Stadt Tulkarem in der Westbank, das seit 1998 ausschließlich durch die Palästinensische Autonomiebehörde kontrolliert wird, erschossen derweil israelische Soldaten einen Kommandeur der Khassam-Brigaden, dem bewaffneten Arm der Hamas. Ijad Shilbaya sei aus dem Schlaf gerissen und sofort ermordet worden, berichtete sein Bruder. Israel erklärte hingegen, der Mann sei getötet worden, weil er bei einer Kontrolle auf Anforderung nicht stehenblieb. Zugleich betonte Tel Aviv, den am 26. September auslaufenden Baustopp für Siedlungen nicht erneuern zu wollen. Damit wies ein Vertreter der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Vorschläge des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zurück, den Siedlungsbau zunächst für weitere drei Monate auszusetzen.

* Aus: junge Welt, 18. September 2010


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