Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Bitte helfen Sie uns, das große Leid im Nahen Osten zu lindern!"

Ein Aufruf von "Handicap International Deutschland"

Im Folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme von Handicap International vom 20. Februar 2003 anlässlich des Todes zweier palästinensischer Krankenpfleger.


Kriegszustand in Palästina

Am 5. Februar wurden zwei palästinensische Krankenpfleger von den Kugeln israelischer Heckenschützen bei der Arbeit in Gaza tödlich getroffen. Die beiden jungen Männer, Abd al-Karim Anwar Labad (22) und Omar Saad al-din Hussan (21) arbeiteten für unseren lokalen Partner, das Al-Wafa-Krankenhaus. Seit Beginn der aktuellen Intifada haben Israelische Militärs mindestens 17 Ärzte und KrankenpflegerInnen in Palästina getötet. Wir verurteilen diese Gewalt und trauern mit den Familien aller Opfer!

Die aktuelle Meldung, die uns vom Palästinensischen Zentrum für Menschenrechte in Gaza (PCHR) geschickt wurde:
According to information gathered by the Palestinian Center for Human Rights in Gaza (PCHR), at around 11pm on Wednesday, Israeli Special forces attacked the al-Shaath area northeast Gaza city. Israeli Special Forces surrounded the home of Mohammad al-Ghawleh, which lies some 60 meters from the al-Wafa hospital. Immediately the Special Forces began to blow up the main doors of the building, and then besieged the home, after putting all 40 residents in one of the apartments. During this time, an Israeli sniper shot in the direction of the al-Wafa first floor hospital window, where two nurses were walking in the direction of a patient's family. The bullet penetrated the window and shot 'Abd al-Karim (22) in the chest, then exited from his back, penetrating Omar's chest. Both died soon after.

"Die Situation hier wird immer schlimmer. Ob kleine Kinder, schwangere Frauen, alte, verwundete oder behinderte Menschen - wer ins Krankenhaus muss, für den wird die Gesundheit zum gefährlichen Glücksspiel", berichtet unser Projektleiter in Palästina, Roland Prévot.

Im Gaza-Streifen haben die Menschen kaum noch Zugang zu ärztlicher Versorgung. Unser Partner, das El Wafa-Hospital in Gaza-Stadt, ist die einzige Reha-Einrichtung im ganzen Gaza-Streifen. Doch dorthin zu gelangen ist nahezu unmöglich. Das Gebiet ist in vier Zonen aufgeteilt, die von Grenzposten kontrolliert werden. Selbst Krankenwagen dürfen oft nicht fahren oder werden beschossen. Viele Krankenhäuser sind beschädigt, die einfachsten Medikamente eine seltene, heiß begehrte Ware.

In dieser Extremsituation sind die mobilen Teams vom El Wafa Hospital für viele die letzte Hoffnung. Sie behandeln kranke und behinderte Menschen zuhause. Viele von ihnen wurden durch Kugeln, Granatsplitter oder Raketen schwer verletzt. Unbehandelt können diese Verletzungen zu lebenslangen Behinderungen führen.

Wir verurteilen die schreckliche Gewalt im Nahen Osten, die so viele unschuldige Opfer auf beiden Seiten fordert. Unsere Aufgabe ist es, dort tätig zu werden, wo unsere Kompetenz gebraucht wird. Und die ärztliche Versorgung in den palästinensischen Gebieten ist mit der in Israel überhaupt nicht vergleichbar. Die Zivilbevölkerung lebt isoliert in einem vollkommen zerstörten Land, weit über die Hälfte unter der Armutsgrenze. Deshalb ist unser humanitärer Einsatz hier jetzt wichtiger denn je.

Bitte helfen Sie uns, das große Leid im Nahen Osten zu lindern! Der Konflikt um Palästina fordert jeden Tag neue Opfer, darunter viele Kinder. Ihre Erstversorgung durch eins unserer mobilen Teams kostet rund 42 Euro.

Nach dem Tod von zwei palästinensischen Krankenpflegern wendet sich Handicap International mit Protest an die israelischen Repräsentanten in Europa [20.02.2003 - 18:16 Uhr]

München (ots) - Nach dem Tod von zwei palästinensischen Krankenpflegern in Gaza-Stadt richtet heute das Netzwerk der Sektionen von Handicap International ein Schreiben an die israelischen Botschafter in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg und der Schweiz - mit dem Appell, das internationale Humanitäre Recht in den Palästinensergebieten zu respektieren. Seit 1996 unterstützt Handicap International vor Ort in den Palästinensergebieten den Aufbau von Versorgungsangeboten für Menschen mit Behinderung.

Am 5. Februar fanden zwei junge Krankenpfleger des Krankenhauses El Wafa, seit 1999 Partnereinrichtung von Handicap International, während der Ausübung ihrer Tätigkeit im Krankenhaus den Tod. Die Kugel, durch die die beiden Pfleger Abd al-Karim Anwar Labad (22 Jahre) und Omar Saad al-din Hussan (21 Jahre) starben, wurde aus einem von der israelischen Armee besetzten Gebäude abgefeuert. El Wafa ist ordnungsgemäß gekennzeichnet, so dass es ohne Zweifel als Krankenhaus erkannt werden kann, und auch die Kleidung des Personals macht die Zugehörigkeit zum Berufsstand der Ärzte und Krankenpfleger deutlich.

Zum wiederholten Male protestiert Handicap International entschieden gegen diese Gewalttaten und fordert von den israelischen Behörden, dass alle Regeln des Humanitären Rechts auch von der israelischen Armee zu respektieren sind. Die Organisation erinnert im Besonderen daran, dass Angriffe auf medizinisches Personal und jede Behinderung medizinischer Rettungsarbeiten durch dieses Recht* verboten sind. Der vorsätzliche Angriff auf Krankenhauspersonal während eines nationalen oder internationalen bewaffneten Konflikts stellt ein Kriegsverbrechen dar, das durch internationales Recht bestraft wird und somit in den Kompetenzbereich des Internationalen Strafgerichtshofs fällt.

Die Organisation ruft weiterhin die israelischen Behörden dazu auf, in diesem Fall zu ermitteln, damit möglichst schnell die genauen Todesumstände der beiden Krankenpfleger des Krankenhauses El Wafa festgestellt werden können. Die Verantwortlichen für diese Tat müssen bestraft werden.

In einem gemeinsamen Brief an die israelische Botschaft in Paris haben Handicap International, Ärzte der Welt und Ärzte Ohne Grenzen bereits im März 2002 gegen die immer wiederkehrenden Angriffe auf palästinensisches Krankenhauspersonal und Schläge der israelischen Armee gegen bestimmte Krankenhäuser protestiert. Seitdem hat sich die Situation verschlimmert - erkennbar an den neuen Opfern, um die wir trauern. Der Zugang zu medizinischer Versorgung wird so für die palästinensische Bevölkerung immer problematischer.

Der letzte Bericht des UNO-Büros für die Koordination humanitärer Angelegenheiten bestätigt für den Anfang des Jahres 2003 einen Anstieg von Angriffen auf medizinisches Personal, die Behinderung sanitärer Fahrzeuge sowie - aus Gründen der unsicheren Bedingungen - die Unmöglichkeit für bestimmte Krankenhäuser, kranke und verletzte Palästinenser aufzunehmen.

* Siehe Artikel 18 und 20 der Vierten Genfer Konvention (Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten):

Art. 18: "Zivilspitäler, die zur Pflege von Verwundeten, Kranken, Schwachen und Wöchnerinnen eingerichtet sind, dürfen unter keinen Umständen das Ziel von Angriffen bilden; sie sollen jederzeit von den am Konflikt beteiligten Parteien geschont und geschützt werden. (...)"

Art. 20: "Das ordentliche und ausschließlich für den Betrieb und die Verwaltung der Zivilspitäler bestimmte Personal, einschließlich des mit dem Aufsuchen, der Bergung, dem Transport und der Behandlung von verwundeten und kranken Zivilpersonen, von Gebrechlichen und Wöchnerinnen beschäftigten Personals, soll geschont und geschützt werden. (...) Alles andere für den Betrieb oder die Verwaltung der Zivilspitäler bestimmte Personal soll geschont und geschützt werden (...)

Originaltext: Handicap International Deutschland


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