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Attacken gegen Teheran

"Alle Optionen sind möglich": US-Präsident Bush läßt bei seiner Nahost-Tournee keine Gelegenheit aus, Iran mit Krieg zu drohen

Von Knut Mellenthin *

US-Präsident George W. Bush nutzt seine Nahost-Tournee in diesen Tagen für die seit Monaten wildesten Attacken gegen Iran. Ein mit allen propagandistischen Mitteln hochgespielter »Flottenzwischenfall« in der Straße von Hormus, nahe der iranischen Küste, diente als Kulisse. Falls Bush wirklich vorgehabt haben sollte -- wie ihm die Nachrichtenagentur AP freundlich unterstellte, »den ölreichen US-Verbündeten zu versichern, daß er keine Konfrontation mit Iran in ihrem Hinterhof sucht«, dann dürfte ihm das vollständig mißlungen sein.

Aber der US-Präsident spricht in Wirklichkeit nicht zu seinen arabischen Zuhörern - der winzigen finanziellen und politischen Elite der besuchten Länder - und schon gar nicht zu deren Untertanen, bei denen Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad mehr Anklang findet als der Amerikaner. Bush wettert und droht für das Publikum in den USA und, nicht zu vergessen, Israel, wo er seine Tournee in der vergangenen Woche begonnen hat.

»Iran ist heute der weltweit führende staatliche Förderer des Terrors«, behauptete der US-Präsident am Sonntag in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. »Iran schickt Hunderte Millionen Dollar an Extremisten überall in der Welt. Seine Aktionen bedrohen die Sicherheit der Nationen überall. Deshalb verstärken wir, die Vereinigten Staaten, unsere langwährenden Sicherheitsverpflichtungen gegenüber unseren Verbündeten am Golf und sammeln unsere Freunde auf der ganzen Welt, um dieser Gefahr entgegenzutreten, bevor es zu spät ist.«

In seiner Rede in Abu Dhabi, von US-Medien als »Kernstück« und »Höhepunkt« der ganzen Tournee bezeichnet, warf Bush den Iranern vor, den Frieden im Libanon zu untergraben, Waffen an die afghanischen Taliban zu liefern, die UNO zu mißachten, die Palästinenser zu unterstützen und den gesamten Nahen Osten zu destabilisieren. Seinen Zuhörern wird dabei kaum entgangen sein, daß Bush gerade aus einem Land kam, das mehr UN-Beschlüsse ignoriert als alle übrigen Mitglieder zusammen, das im Sommer 2006 einen rücksichtslosen Bombenkrieg gegen Libanon führte, und dem man allerdings wirklich nicht vorwerfen kann, die Palästinenser zu unterstützen.

In Bahrain, einer weiteren Station seiner Blitz-Rundreise, besuchte Bush das Hauptquartier der Fünften US-Flotte, das für die Marinekräfte im Persischen Golf, dem Roten Meer, dem Arabischen Meer und vor den Küsten Nordostafrikas zuständig ist. Der Präsident traf dort mit dem Flottenkommandeur, Vizeadmiral Kevin Cosgriff, zusammen, der den angeblichen Flottenzwischenfall am 6. Januar als »tödlich ernst« bezeichnete. Bush hatte schon von Israel aus den Iran vor »ernsten Konsequenzen« gewarnt, falls es weitere »Zwischenfälle« geben sollte, und wieder einmal seinen Spruch gebracht, daß »alle Optionen auf dem Tisch« seien.

Selbst das Hamburger Magazin Der Spiegel, nicht gerade für eine kritische Haltung zur US-Politik bekannt, gibt zu, daß Bushs Gastgeber und Zuhörer auf die Tiraden mit »höflichem Schweigen« begegneten. Die meisten Politiker der arabischen Halbinsel lehnen es ab, von den USA in einen Regionalkrieg hineingezogen zu werden. Nicht nur wegen der voraussehbaren verheerenden wirtschaftlichen und innenpolitischen Folgen. Sondern auch, weil - selbst wenn darüber selten offen gesprochen wird - kein arabischer Politiker übersehen kann, daß der von den USA geplante Angriff auf Iran ein weiteres Glied in dem von den Neokonservativen vorangetriebenen »Weltkrieg« gegen die moslemischen Staaten sein soll. Kuwait hat es bereits explizit abgelehnt, sein Territorium für irgendwelche Kriegshandlungen gegen Iran zur Verfügung zu stellen. Al-Riyadh, die führende regierungsnahe Zeitung Saudi-Arabiens, schrieb während der Bush-Tournee: »Wir weigern uns, für Kriege oder Spannungen gegen Iran mißbraucht zu werden. Das Problem kann mit diplomatischen Mitteln und durch Dialog gelöst werden.«

* Aus: junge Welt, 15. Januar 2008


Reaktion: Isolierung Teherans wird nicht gelingen

Der stellvertretende Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Mohammed Saidi, hat die mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) getroffene Vereinbarung bestätigt. Teheran werde binnen vier Wochen auf alle Fragen antworten, die für die IAEA bislang fortbestünden, damit diese einen transparenten Bericht über das iranische Atomprogramm verfassen könne, zitierte die iranische Nachrichtenagentur IRNA Saidi am Sonntag. Die IAEA hatte zuvor den Abschluß einer solchen Vereinbarung bekanntgegeben.

Zu den Angriffen von US-Präsident George W. Bush gegen die Regierung in Teheran sagte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki, Bush werde eine Spaltung der Länder in der Region nicht gelingen. Der Iran und die arabischen Öl-Monarchien am Golf seien durch »Kooperation und politische Verhandlungen« miteinander verbunden und »in Sicherheitsfragen in eine Phase der Zusammenarbeit eingetreten«.

Die Nachrichtenagentur AFP meldete am Montag, süffisant, das US-Verteidigungsministerium habe mittlerweile eingeräumt, »daß ein angeblich bedrohlicher Funkspruch der iranischen Marine am 6. Januar in der Straße von Hormus möglicherweise von einem in der Region bekannten Witzbold unter dem Decknamen 'Filipino Monkey' abgesetzt worden war«. (AFP/AP/jW)

(junge Welt, 15. Januar 2008)


"Wir schließen keine Option aus"

Israel will Atommacht Iran verhindern

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert will nach den Worten eines Regierungsvertreters eine Atommacht Iran notfalls auch mit militärischen Mitteln verhindern.

Jerusalem/Wien (AFP/dpa/ND). »Alles, was Iran als Atommacht verhindern kann, gehört zum legitimen Kontext der Auseinandersetzung mit dem Problem«, zitierte der ranghohe Regierungsvertreter am Montag eine Stellungnahme Olmerts vor dem parlamentarischen Außenund Verteidigungsausschuss. »Wir schließen keine Option aus«, habe Olmert gesagt.

Schon während des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Israel und dem Westjordanland in der vergangenen Woche hatte Israel seine Haltung im Atomstreit mit Iran bekräftigt. Sollte diplomatischer und wirtschaftlicher Druck Teheran nicht beeindrucken, lägen »alle Optionen auf dem Tisch«, sagte der israelische Botschafter in den USA, Sallai Meridor. Vor allem die USA und Israel beschuldigen Teheran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms den Atombombenbau vorantreiben zu wollen. Nach iranischen Angaben dient das Atomprogramm jedoch ausschließlich zivilen Zwecken.

Unterdessen hat der stellvertretende Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Mohammed Saidi, die mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) getroffene Vereinbarung bestätigt. Teheran werde binnen vier Wochen auf alle Fragen antworten, die für die IAEA bislang fortbestünden, damit diese einen transparenten Bericht über das iranische Atomprogramm verfassen könne, zitierte die iranische Nachrichtenagentur Irna Saidi.

Die IAEA hatte am Sonntag den Abschluss einer solchen Vereinbarung bekannt gegeben. Washington bezeichnete dies daraufhin lediglich als einen Schritt. Iran müsse nach wie vor sein Uran-Anreicherungsprogramm stoppen.

Zu den Angriffen von US-Präsident Bush gegen die Regierung in Teheran sagte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki, Bush werde eine Spaltung der Länder in der Region nicht gelingen. Der US-Präsident versuche »vergeblich, den Beziehungen Irans mit den Ländern in der Region zu schaden«, sagte Mottaki dem TV-Sender Al-Dschasira. Iran und die arabischen Öl- Monarchien am Golf seien durch »Kooperation und politische Verhandlungen« miteinander verbunden und »in Sicherheitsfragen in eine Phase der Zusammenarbeit eingetreten«.

Bush hatte in einer Rede in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Führung in Teheran scharf attackiert. Iran sei eine »Bedrohung für alle Länder der Welt«, sagte Bush. Iran unterminiert nach den Worten von Bush demokratische Entwicklungen in zahlreichen Ländern. In Libanon finanziere Teheran die Hisbollah, in Afghanistan erhielten die Taliban die Waffen aus Iran. In Irak unterstütze Iran extremistische Schiitengruppen und Milizen, in den palästinensischen Gebieten die radikal-islamische Hamas. Die Nachbarn versuche Teheran mit Raketen und »kriegerischer Rhetorik« einzuschüchtern

(Neues Deutschland, 15. Januar 2008)




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