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Abbas klar gescheitert

Nachdem Washington es aufgegeben hat, Israel zu einem Siedlungsstopp zu bewegen, wächst die Kritik am palästinensischen Präsidenten

Karin Leukefeld *

Nach der klaren Niederlage der US-Administration bei der Absicht, Israel zu einem Siedlungsstopp zu bewegen, um seine Bereitschaft für eine friedliche Lösung mit seinen arabischen Nachbarn zu signalisieren, fragen sich die Palästinenser, ob ihre Vision von einem eigenen Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt noch realistisch ist.

Die Bevölkerung, die seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern in und außerhalb der Westbank und des Gazastreifens lebt und täglich Angriffen und Schikanen der israelischen Besatzungsmacht ausgesetzt ist, hat kaum noch Erwartungen an die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) unter Mahmud Abbas. Die einzige Chance, sich gegen Israel zu behaupten, sei die Einheit der Palästinenser, heißt es bei Hamas, DFLP und PFLP, die Abbas für seinen aussichtslosen Gesprächskurs mit Israel scharf kritisieren.

Offiziell spricht Abbas von mehreren Optionen, wie auch ohne Gespräche mit Israel ein palästinensischer Staat in den Grenzen von 1967 erreicht werden könne. Nach einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Kairo kündigte Abbas Beratungen mit der Arabischen Liga an, um das weitere Vorgehen zu entscheiden. Vorher wird Abbas sich mit dem US-Sondergesandten George Mitchell treffen, dessen Vermittlungsbemühungen in der kommenden Woche wieder aufgenommen werden sollen.

Eine Option der PA ist es, »Nation für Nation« dazu zu bewegen, einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 anzuerkennen, egal, was Israel tut. Nach Argentinien und Brasilien will auch Uruguay in naher Zukunft diesen Schritt tun. Deutschland und die Europäische Union lehnen es ab. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erakat will die einseitige Anerkennung durch die US-Regierung einfordern, wenn er am heutigen Freitag in Washington mit Außenministerin Hillary Clinton zusammentrifft. Die Region befinde sich an einem »Scheideweg«, sagte Erakat. Angesichts des einseitigen israelischen »Siedlungsdiktats«, sei es an der Zeit, daß die Amerikaner den Staat Palästina in den Grenzen von 1967 anerkennen, »wenn die USA die Zwei-Staaten-Lösung weiter für richtig halten«.

Die andere Option der PA ist die Stärkung von polizeilichen, verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Strukturen eines zukünftigen palästinensischen Staates. Dieses Vorgehen wird von der EU finanziell und politisch unterstützt. Fahed Soleiman von der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) beobachtet diese Strategie mit Skepsis. »Das wesentliche sind die Rechte der Palästinenser«, so Soleiman gegenüber jW. Ob man diese mit »dem Oslo Abkommen, mit UNO-Resolutionen oder dem Selbstbestimmungsrecht der Völker« erreiche sei nur »Mittel zum Zweck, unseren Staat zu errichten und das Problem der Flüchtlinge zu lösen«. Internationale Anerkennung für den palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 sei hilfreich, doch für die Umsetzung gebe es »einen kleinen Haken und der heißt israelische Besatzung«.

Das US-Repräsentantenhaus beschloß derweil weitere 200 Millionen US-Dollar Militärhilfe für Israel, damit es seinen Raketenschutzschild »Eiserner Dom« funktionstüchtig machen kann. »In Sachen Verteidigung, Militär und geheimdienstlicher Zusammenarbeit war die Beziehung zwischen den USA und Israel nie so stark wie heute«, freute sich der demokratische Abgeordnete Steve Rothman über die Entscheidung.

* Aus: junge Welt, 10. Dezember 2010


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