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Mali-Einsatz ohne Bundestagsmandat?

Verteidigungs- und Außenminister reden nur von Trainingsmission

Von René Heilig *

Im Oktober noch hatte Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) betont, auch für eine reine Ausbildungsmission in Mali wäre ein Mandat nötig, weil sich die Soldaten unter Umständen mit Waffengewalt verteidigen können müssten. Nun lässt er ab vom Weg der parlamentarischen Zustimmung.

Dass Bundeswehr-Soldaten demnächst in Mali auftauchen, ist kein Geheimnis mehr. Nicht nur die EU hat einen Einsatz der westeuropäischen Gemeinschaft beschlossen, auch die regierende Union will ihn. Kanzlerin Angela Merkel hat jüngst auf der Kommandeurtagung der Bundeswehr den politischen Marschbefehl erteilt.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) scheint noch unentschieden, ob er für den Einsatz ein offizielles Mandat durch den Bundestag beantragen will. »Wir klären jetzt erst einmal, was unser Auftrag sein könnte und was wir für dessen Erfüllung bräuchten«, sagte der Minister der »Süddeutschen Zeitung«. Ob ein Mandat nötig sei, hänge vom genauen Auftrag ab. In Mali gehe es nicht um einen Kampfeinsatz.

Dabei kommt ihm entgegen, was Außenminister Guido Westerwelle (FDP) jüngst nach einem Gespräch mit dem malischen Außenminister Tieman Hubert Coulibaly in Malis Hauptstadt Bamako erklärte: »Es geht um eine Trainingsmission. Es geht auch nicht um Kampftruppen sondern um Ausbildung. Es geht eventuell auch darum, dass wir logistisch, technisch und auch finanziell helfen.« Zugleich jedoch hat Westerwelle, der mit einer Transall der Luftwaffe eingeflogen wurde, als ob er das Kriegsgebiet in Afghanistan besucht, den Kern des Einsatzes umrissen: »Ein rechtsfreier Raum am Südrand der Sahara, in dem Terroristen ihr Rückzugsgebiet finden, würde auch unsere Sicherheit gefährden.«

Wie sieht die Trainingsmission, für die die EU zunächst einmal 200 Soldaten abkommandieren will, aus? De Maiziere bleibt schwammig: »Unsere Aufgabe könnte vielmehr sein, die malischen Streitkräfte auszubilden.« Es gebe noch keine Entscheidung über einen Einsatz der Bundeswehr, doch wenn dafür ein Mandat nötig sei, werde die Regierung das Parlament natürlich einschalten.

Der Minister hält sich alle Optionen offen. Er weiß, wenn er eine Ausbildungs- und Unterstützungsmission in Mali mit parlamentarischer Absegnung präferiert, dann muss er die politischen Ziele konkret bestimmen und halbjährlich Rechenschaft ablegen. Und möglicherweise ob der wahrscheinlichen Verschärfung der Lage eine Verstärkung der Kräfte verlangen.

Das schürt innenpolitisches Misstrauen, einen weiteren Kriegseinsatz neben Afghanistan und der Anti-Piratenmissionen mag man im Wahljahr nicht begründen müssen. Die Bundesregierung arbeitet derzeit ohnehin verstärkt an einem neuen Mandatsvorschlag für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Er soll Ende November fertig sein, sagte der Minister. Er strebt einen Vorschlag an, »dem die Opposition zustimmen kann«. Dies setze voraus, »dass man vorher mit der Opposition spricht, sie nicht nur informiert.« Die LINKE bleibt außen vor, mit der wären solche Gespräche ohnehin aussichtslos.

* Aus: neues deutschland, Montag, 05. November 2012

Stellungnahme von Jan van Aken, MdB Die Linke

In seinem neuesten Newsletter nimmt Jan van Aken zu den Diskussionen um ein mögliches Eingreifen der Bundeswehr in Mali wie folgt Stellung:

Die Bundesregierung will die Bundeswehr jetzt auch nach Mali schicken. Geplant ist eine EU-Ausbildungsmission für malische Soldaten. Die Details sind immer noch unklar. Die malische Armee soll fit gemacht werden, um gemeinsam mit internationalen Truppen unter Führung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS den Norden Malis zurückzuerobern. Im Frühjahr dieses Jahres hatten ehemals in Libyen dienende Tuareg-Soldaten in Kooperation mit den islamistischen Gruppen Ansar Dine, Mujao und al Kaida im islamischen Maghreb erst weite Teile des Nordens unter ihre Kontrolle gebracht. Kurz darauf wurden die Tuareg-Rebellen, deren Ziel eine säkulare Autonomie ist, von den islamistischen Kämpfern vertrieben – diese wiederum haben im von ihr kontrollierten Norden eine radikale Form der Sharia eingeführt.

Bislang hat sich die Bundesregierung nicht sonderlich für Mali interessiert. Solange es eine vermeintlich stabile Regierung gab, wurde bei der Migrationskontrolle kooperiert und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der angeblichen Musterdemokratie ausgebaut. Die seit langem schwelenden Verteilungskonflikte, vor allem mit den Bevölkerungsgruppen im strukturschwachen Norden, zu denen auch die Tuareg gehören, wurden ignoriert. Jetzt, wo die Konflikte in offene Gewalt umgeschlagen sind und sich islamistische Gruppierungen an die Spitze des Kampfes gegen eine schwache Regierung gestellt haben, soll es wieder einmal das Militär richten.

Wie genau die europäische Militärausbildungsmission aussehen soll und inwieweit sie Hand in Hand mit einem ebenso geplanten internationalen Militäreinsatz der ECOWAS durchgeführt werden soll, darüber hüllt sich die Regierung noch in Schweigen.

Wir lehnen diese Ausbildungsmission ab – sie wird die Krise in Mali nicht lösen helfen, sondern den bewaffneten Konflikt nur anheizen. Schon die Ankündigung eines internationalen Militäreinsatzes hat den islamistischen Kräften Futter für die Mobilisierung dschihadistischer Kämpfer gegeben, die nun nach Mali einsickern, um dort den Kampf gegen den Westen aufzunehmen. Anstatt die Situation mit mehr Militär weiter zu eskalieren und auch noch die Nachbarstaaten in die Gewalt hineinzuziehen, müssen die internationalen Anstrengungen auf Deeskalation und Verhandlungen ausgerichtet werden. Die Bundesregierung sollte eher den Vermutungen nachgehen, denen zufolge Saudi Arabien und Katar, beide Empfänger deutscher Rüstungsexporte, die islamistischen Gruppen mit Waffen versorgen, anstatt nun auch noch direkt welche ins Land zu verbringen.

Jan van Aken: Monatsinfo November 2012




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