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Südafrika zeigt Bereitschaft zum Engagement in Mali

Zumas Meinungsänderung wohl auch von Wirtschaftsinteressen geprägt

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Südafrikas Präsident Zuma hat angedeutet, dass Südafrika bereit sei, sich gemeinsam mit Frankreich und Armeen anderer afrikanischen Staaten in Mali zu engagieren.

Ein gemeinsames Vorgehen sei notwendig, um die Krise in Mali, welche die ganze Sahelregion ins Chaos stürzen könnte, zu stabilisieren, erklärte der südafrikanische Präsident Jacob Zuma am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Zudem erinnerte er daran, dass die Instabilität in Mali und in den Nachbarländern Mauretanien und, Niger, im Zusammenhang mit der Situation in Libyen stehe. Die neue libysche Regierung sei wie viele andere Regierungen in der Region nicht in der Lage, die Grenzen ihres Staates zu kontrollieren. Dies mache es Milizen, Drogen- und Waffenkartellen sowie Terroristen leicht, im Sahel zu operieren.

Südafrika gehörte zu den heftigsten Kritikern des UN-Militäreinsatzes in Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) und des NATO-Luftkrieges in Libyen. In beiden Fällen bestand Südafrika auf der Forderung, wonach nur afrikanische Länder in afrikanischen Konflikten eingreifen sollten. Vor allem die Beteiligung Frankreichs sowohl in Côte d’Ivoire als auch Libyen löste in Südafrika Verärgerung aus.

In Südafrika wird gerätselt, was den Meinungswechsel Zumas ausgelöst hat; warum Südafrikas Präsident ausdrücklich Frankreichs Staatspräsident François Hollande, der Zuma und andere afrikanische Regierungschefs vorab von der Intervention informierte, für sein Vorgehen in Mali lobte.

Südafrika hat wirtschaftliche Interessen in der Region. Bergbauunternehmen des Landes wie AngloAmerican und Goldfields sind in Mali, das reich an Gold und Uran ist, tätig. Wie Südafrika hat auch der andere afrikanische Riese Nigeria ökonomische Interessen in Mali. Nigeria, das sich mit 900 Soldaten an der Seite Frankreichs und Malis Zentralregierung am Krieg gegen die Rebellen aus dem Norden Malis beteiligt, liefert mittels einer Pipeline durch den Sahel Gas nach Europa.

Was die afrikanischen Führer auch vereint, so Experten vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Pretoria, ist das Bestreben, ein weiteres Somalia auf dem Kontinent zu vermeiden. Die Entsendung von afrikanischen Soldaten nach Mali, welche für September geplant war, sei vorgezogen worden, so David Zounmenou vom ISS, weil die Rebellen ganz Mali hätten einnehmen können. Dies sollte nicht zugelassen werden.

Die Gefahr, dass sich mit der Intervention der Krieg ausweitet, wird von den südafrikanischen Sicherheitsexperten als groß eingeschätzt. Die afrikanischen Truppen müssten sich deshalb auf einen langen Einsatz gefasst machen. Neben militärischem Handeln bedürfe es auch eines Demokratisierungsgprozesses in Mali und humanitärer Unterstützung. Die Geiselnahme von Ain Amenas in Algerien habe eindringlich gezeigt, so Martin Ewi, ebenfalls vom ISS, wie chaotisch die Lage in der Region nach Ende des Libyen- Krieges ist. Der zeitweilige Erfolg der Terroristen, so Ewi, werde den zahlreichen terroristischen Gruppen in der Region neue Anhänger bringen. Daher ist mit neuen Anschlägen in Mali und den Nachbarländern zu rechnen.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 29. Januar 2013

Frankreichs Vormarsch erreichte Timbuktu

Vorrückende Verbände stießen nicht auf Widerstand / Truppen aus Niger und Tschad in Gao

Nach ihrem Vormarsch in Richtung der malischen Stadt Timbuktu kontrollieren die französischen und malischen Truppen mittlerweile den Zugang zu der historisch bedeutenden Oasenstadt. Auch der Flughafen sei unter Kontrolle, teilte der Führungsstab der Streitkräfte in Paris am Montag mit. Die französischen und afrikanischen Streitkräfte hätten nun die Kontrolle über das Gebiet zwischen den beiden Islamistenhochburgen Gao und Timbuktu. Die Truppen seien auf keinerlei Widerstand getroffen, sagte ein Offizier der malischen Armee. »Es gibt kein Sicherheitsproblem in der Stadt.«

Vorausgegangen war in der Nacht eine Boden- und Luftoffensive im Kampf gegen die Islamisten. Nach Angaben der französischen Armee wurde die Offensive durch Patrouillen französischer Jagdflugzeuge sowie durch Fallschirmjäger und Hubschrauber unterstützt. Mehrere »Terrorgruppen « seien zerstört oder in den Norden vertrieben worden.

Die knapp 100 000 Einwohner zählende Stadt Gao war zuvor mehrere Monate lang von der Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika kontrolliert worden. Sie ist die größte der sechs Städte, die seit Beginn der französischen Intervention am 10. Januar erobert wurden. Am Sonnabend trafen erste nigrische und tschadische Soldaten auf dem Luftweg in Gao ein. Es gab Berichte über Plünderungen in der Stadt, die Telefonverbindungen waren unterbrochen. Auch von Racheakten malischer Soldaten an Vertretern der Tuareg war die Rede. Aus Timbuktu geflüchtete Einwohner hatten am Wochenende jedoch erfreut auf die Nachricht vom Vorrücken der Soldaten reagiert.

Aus malischen Militärkreisen hieß es, Frankreichs Luftwaffe habe auch Stellungen der Milizen in der weiter nördlich gelegenen Region Kidal bombardiert. Dabei sei in Kidal das Haus des Kommandeurs der islamistischen Gruppe Ansar Dine, Iyad Ag Ghaly, zerstört worden. Einwohner bestätigten die Angaben. Ein französischer Offizier sagte dagegen, es habe in Kidal keine Angriffe gegeben, das Haus Ag Ghalys stehe noch.

(nd, 29.01.2013)


Rückkehr der Rebellen befürchtet

(...) Afrikakenner betrachten den raschen Erfolg der französischen Intervention in Mali mit großer Sorge. "In Afghanistan zogen sich die Taliban zurück, weil sie wussten, dass sie zu einem konventionellen Krieg nicht fähig waren," sagte der nigerianisch-britische Politologe Oladayo Bello der Nachrichtenagentur dpa. "Stattdessen wichen sie samt ihrer großen militärischen Ausrüstung aus und bereiteten sich auf einen Guerillakrieg vor. In dieser Situation befindet sich Frankreich jetzt." Die internationale Hilfe müsse militärisch und finanziell deutlich verstärkt werden. (...)
Aus: Timbuktu von Terroristen weitgehend befreit. Sorge statt Freude über Erfolge bei Militäreinsatz in Mali. In: Deutschlandradio, 28.01. 2013




Gefahren aus allen Himmelsrichtungen

Polen bangt um seine Sicherheit auch in Afrika

Von Julian Bartosz, Wroclaw **


Sobald die auf einzelne Teilnehmer der »Schulungsmission« in Mali entfallenden Kosten feststehen, will Polens Regierung die Entscheidung treffen, wie stark das Kontingent an polnischen »Ausbildern« im westafrikanischen Land sein wird.

Dass Polen sich verpflichtet fühlt, auch an der Mali-Mission teilzunehmen, war für Außenminister Radosław Sikorski schon vor Wochen überhaupt keine Frage. Mali liege in Europas Nähe, und wenn dort Terroristen die Oberhand gewännen, sei Europas Sicherheit, also auch die polnische, bedroht.

Der ehemalige Verteidigungsminister Romuald Szeremetiew sieht indes die Bedrohung aus einer ganz anderen Richtung. Wie er neulich in einer rechtsgerichteten Wochenzeitung schrieb, sei das von Russland und Belarus für den Herbst angekündigte Großmanöver »Sapad 2013« ein klares Zeichen dafür, aus welcher Richtung Polen Gefahr drohen kann. Im »Studio Wschod« von TVP widersprach der russische Militärexperte Viktor Litowkin und tat Szeremetiews Ausführungen als »Blödsinn eines Verrückten« ab. Über Gefahren, die abgewehrt werden müssten, äußerte sich dieser Tage auch der amtierende Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak. Zur Abschreckung jeglichen Aggressors müsse Polen sein militärisches Potenzial auf einem angemessenen Niveau halten. Daher plane sein Ressort in einem Langzeitprogramm Rüstungsausgaben von insgesamt 130 Milliarden Zloty (rund 33 Milliarden Euro). Konkret könnte das heißen, dass der auf fast zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts festgesetzte Militäretat erhöht werden müsse.

In täglichen Bulletins des Büros für Nationale Sicherheit wird laufend über die Aktivitäten des militärischen Chefberaters von Präsident Bronisław Komorowski, Stanisław Koziej, berichtet, der eine Reform des Oberbefehls der polnischen Streitkräfte vorantreibt: Da soll der Generalstab in zwei Abteilungen geteilt werden – eine für Friedenszeiten, die andere für den Kriegsfall!

Mehr Absurdes im Militärischen gibt es an der Weichsel derzeit nicht. Dafür die Information aus Afghanistan: Dort ist der 38. polnische Soldat gefallen. Das war TVP jedoch nur eine kurze Meldung wert.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 29. Januar 2013


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