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NATO kämpft weiter gegen "brutalen Diktator"

Pakt beschloss Fortsetzung der Luftangriffe auf Libyen / Russland: Militärisches Eingreifen unzulässig

Die NATO will ihren Einsatz gegen die Truppen von Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi »so lange wie nötig« fortsetzen. Über der libyschen Hauptstadt Tripolis wurden wieder Luftangriffe geflogen.

Die Allianz sei »fest entschlossen«, bis zur Einstellung aller Angriffe gegen libysche Zivilisten weiterzukämpfen, sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Donnerstag nach Beratungen der NATO-Außenminister in Berlin. »Wir haben die Verantwortung, die Zivilisten in Libyen gegen einen brutalen Diktator zu schützen«, sagte Rasmussen. Dafür werde die NATO ein »hohes operationelles Tempo« beibehalten. Im Namen der NATO-Länder forderte er Gaddafi auf, alle Angriffe auf Zivilisten einzustellen, seine Truppen aus besetzten Städten abzuziehen und Zugang zu allen hilfsbedürftigen Menschen in Libyen zu gewährleisten. Diese drei Punkte wurden auch im Abschlussdokument des Treffens als Bedingungen für ein Ende des NATOEinsatzes in Libyen genannt.

Rasmussen erklärte, der Einsatz solle streng dem Mandat des UNO-Sicherheitsrats folgen. Das gelte auch für die Durchsetzung eines darin enthaltenen Waffenembargos, sagte er auf die Frage, ob die NATO Rüstungslieferungen an die Rebellen zulassen wolle. Dafür hatten sich Italien und Katar ausgesprochen. Rasmussen rief dazu auf, für präzise Angriffe auf Ziele am Boden spezielle Flugzeuge bereitzustellen, um zivile Opfer zu vermeiden. An dem Treffen nahmen auch Nicht-NATOStaaten wie Schweden und Katar teil.

US-Außenministerin Hillary Clinton bekräftigte, Washington werde den Einsatz in Libyen bis zum Abgang Gaddafis »kräftig unterstützen«. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte beim Treffen mit Clinton, zur Lösung des Konflikts müssten sowohl »militärische Möglichkeiten« als auch ein »politischer Prozess« genutzt werden.

Russlands Präsident Dmitri Medwedjew kritisierte derweil den NATO-Einsatz in Libyen als unzulässig. Nach einem Spitzentreffen Russlands, Chinas, Brasiliens, Indiens und Südafrikas im chinesischen Sanya sagte er, die UNO-Resolution sehe kein militärisches Eingreifen vor. Unterdessen wurde die libysche Hauptstadt Tripolis wieder Ziel von Luftangriffen. Laut Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP war im Bereich von Gaddafis Residenz eine schwere Explosion zu hören. Gaddafis Truppen antworteten mit Flugabwehrfeuer. Im Südosten der Stadt stieg eine Rauchsäule auf. Bei Angriffen von Gaddafi-Truppen auf die libysche Hafenstadt Misrata wurden nach Angaben der Aufständischen mindestens 13 Menschen getötet, darunter Frauen und Kinder.

* Aus: Neues Deutschland, 14. April 2011


Katar liefert Rebellen Kriegsgerät

Libyen-Kontaktgruppe will Opposition gegen Ghaddafi weiter unterstützen, auch "materiell" **

Katar hat nach Angaben der libyschen Regierung die Rebellen mit Panzerabwehrraketen beliefert. Der stellvertretende libysche Außenminister Chaled Kaim sagte in der Nacht zum Donnerstag in Tripolis, Katar habe den Aufständischen in der östlichen Stadt Bengasi französische Milan-Raketen zur Verfügung gestellt. Zudem seien katarische Experten vor Ort, die die Rebellen in der rund 1000 Kilometer östlich von Tripolis gelegenen Stadt trainierten.

Der europäische Rüstungskonzern MBDA, an dem über EADS auch Deutschland beteiligt ist, hatte in den vergangenen Jahren schon Milan-Raketen an die Regierung von Muammar Al-Ghaddafi geliefert. Der Wert des gesamten Vertrags belief sich auf 168 Millionen Euro. Er sei auf massiven Druck Frankreichs hin zustande gekommen, heißt es von EADS.

Die »Milan« ist eine leichte Panzerabwehrlenkwaffe für mittlere Entfernungen, die von Frankreich und Deutschland gemeinsam entwickelt worden war.

Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira meldete unter Berufung auf die Aufständischen, die Regierungstruppen hätten am Donnerstag ein Gebiet in der Nähe des Hafens der seit Wochen belagerten westlichen Stadt Misurata angegriffen. Acht Rebellen seien ums Leben gekommen.Der zyprische Außenminister Markos Kyprianou rief nach einem Treffen mit seinem libyschen Amtskollegen Abdul Ati Al-Obeidi in der Inselhauptstadt Nikosia zum sofortigen Waffenstillstand in Libyen auf. Auf die Frage, ob aus seinen Gesprächen mit Obeidi sich ergibt, das Ghaddafi zurückzutreten bereit sei, sagte Kyprianou: »Nein, das ist er nicht.«

Die vor zwei Wochen in London gegründete internationale Libyen-Kontaktgruppe, Vertreter von mehr als 20 Staaten und Organisationen, einigte sich zum Abschluß ihres ersten Arbeits­treffens am Mittwoch abend in Doha darauf, die Opposition weiter zu unterstützen, auch »materiell«. Dazu solle ein Finanzierungsmechanismus ausgearbeitet werden. (AFP/dpa/dapd/jW)

** Aus: junge Welt, 15. April 2011


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