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Rebellen lehnen Friedensplan ab

NATO verstärkt Luftangriffe in Libyen / Gaddafi ruft zum "Heiligen Krieg" *

Die libyschen Rebellen haben den von der Afrikanischen Union vorgelegten Friedensplan zurückgewiesen.

Als Grund der Zurückweisung nannte ein Sprecher der Aufständischen in Bengasi, dass der Plan dem libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi erlaube, an der Macht zu bleiben. »Wir lehnen den Plan ab, weil er nicht den Abgang Gaddafis, seiner Söhne und seines engsten Umfelds vorsieht«, sagte Abdel Hafis Ghoga der Nachrichtenagentur AFP.

Die Staatschefs der Afrikanischen Union hatten sich nach zähem Ringen bei einem Treffen in Äquatorialguinea auf einen neuen Friedensplan für Libyen geeinigt. Danach soll Gaddafi nicht an den Verhandlungen zur Lösung der Krise in seinem Land teilnehmen. In dem Plan wird aber nicht ausdrücklich ein Machtverzicht Gaddafis verlangt, was die Rebellen als notwendige Voraussetzung für Verhandlungen bezeichnen.

Unterdessen hat Libyen der NATO erneut Luftangriffe auf Zivilisten vorgeworfen. Am Montag (4. Juli) seien der Hafen von Suara und »zivile« Kontrollpunkte an der Küstenstraße der Stadt 120 Kilometer westlich von Tripolis bombardiert worden, berichtete das libysche Staatsfernsehen. Dabei seien Menschen getötet und verletzt worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana berichtete von Luftangriffen auf Kontrollpunkte in Bani Walid, rund 180 Kilometer südöstlich der Hauptstadt. Dabei habe es ebenfalls »mehrere Tote und Verletzte« gegeben. Das libysche Fernsehen warf der NATO einen »Vernichtungskrieg« und »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« vor. Die NATO hatte am Wochenende angekündigt, ihre Angriffe weiter zu verstärken.

Gaddafi hat jetzt zum Heiligen Krieg aufgerufen und sucht Freiwillige für die Front. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana veröffentlichte am Montag einen Aufruf des Verteidigungsministeriums zum »Heiligen Krieg«. Darin hieß es, Männer und Frauen sollten sich in den nun neu eröffneten Rekrutierungsbüros meldeten.

Wie die Agentur Jana weiter berichtete, verurteilte der libysche Ministerpräsident Al-Baghdadi al-Mahmudi die Waffenlieferungen Frankreichs an die Rebellen als Verstoß gegen die Libyen-Resolution der Vereinten Nationen.

Die türkische Regierung hat den Nationalen Übergangsrat der Rebellen in Libyen offiziell anerkannt und Millionenhilfe versprochen. Bei einem Besuch in Bengasi habe Außenminister Ahmet Davutoglu der Rebellenführung 200 Millionen US-Dollar zugesagt, berichteten türkische Medien am Montag. Die Entscheidung bedeute eine weitere Abkehr der Türkei von Gaddafi.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Gaddafi immer wieder zu einer friedlichen Lösung aufgefordert und mehrfach mit ihm telefoniert. So hatte er ihm Hilfe beim Verlassen des Landes angeboten.

* Aus: Neues Deutschland, 5. Juli 2011


NATO verteidigt Bomben auf Zivilbevölkerung

Libyen: Scharfe Kritik aus Rußland. Rebellen wollen nicht verhandeln **

Rußland sieht neben dem geplanten Raketenabwehrsystem vor allem den Krieg der NATO gegen Libyen als Hindernisse auf dem Weg zu einer strategischen Partnerschaft zwischen Moskau und der Allianz. Bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Sotschi erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag: »Seitdem die NATO die Sicherheitsratsresolution durchsetzt, diskutieren wir, wie genau das internationale Recht eingehalten wird.« Rasmussen behauptete hingegen, alles, was die NATO unternehme, geschehe »in voller Übereinstimmung mit dem UN-Mandat«.

Trotzdem setzt die NATO ihre Angriffe auf zivile Ziele fort. Am Montag seien der Hafen von Suara und zivile Kontrollpunkte an der Küstenstraße der Stadt 120 Kilometer westlich von Tripolis bombardiert worden, berichtete das libysche Staatsfernsehen. Dabei seien Menschen getötet und verletzt worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana berichtete von Luftangriffen auf Kontrollpunkte in Bani Walid, rund 180 Kilometer südöstlich der Hauptstadt. Dabei habe es ebenfalls »mehrere Tote und Verletzte« gegeben.

Die Rebellen in Bengasi lehnen unterdessen von der Afrikanischen Union (AU) vorgeschlagene Friedensverhandlungen ab. Als Grund nannte ein Sprecher der Aufständischen, daß der Plan dem libyschen Staatschef Muammar Al-Ghaddafi erlaube, an der Macht zu bleiben. Die Staatschefs der AU hatten sich am Freitag bei einem Treffen in Äquatorialguinea darauf geeinigt, daß Ghaddafi nicht an den Verhandlungen zur Lösung der Krise in seinem Land teilnehmen solle. Ein Machtverzicht des Staatschefs wird jedoch nicht ausdrücklich verlangt. Die AU-Staaten vereinbarten außerdem, nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zusammenzuarbeiten, der Ghaddafis Festnahme fordert. AU-Kommissionspräsident Jean Ping warnte, der vom Gericht erlassene Haftbefehl gegen Ghaddafi erschwere eine politische Lösung.

(dapd/AFP/jW)

** Aus: junge Welt, 5. Juli 2011


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