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Im Zeichen der Versöhnung

Saudischer König und syrischer Präsident werben in Beirut gemeinsam für einen stabilen Libanon

Von Karin Leukefeld *

Mit einer Stippvisite in Beirut haben der saudische König Abdullah und der syrische Präsident Baschar Al-Assad am Wochenende (31. Juli/1. Aug.) ihre Unterstützung für einen stabilen Libanon unterstrichen. Der Besuch der beiden Staatschefs, die gemeinsam aus Damaskus mit dem Flugzeug gekommen waren, stand in Zusammenhang mit Ermittlungsergebnissen des UN-Sondertribunals zum Mord an dem früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri. Diese könnten fast sechs Jahre nach dem Attentat die innenpolitischen Gegensätze erneut anheizen. Bisher galt Syrien als Drahtzieher des Anschlags, entsprechende »Beweise« hatten sich aber in Luft aufgelöst. Es war der erste Besuch von Assad seit dem syrischen Truppenrückzug aus dem Libanon 2005.

Der Chef der libanesischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, hatte kürzlich öffentlich gemacht, daß das Tribunal beabsichtigt, Mitglieder seiner Organisation anzuklagen. Das sei ihm zumindest von Ministerpräsident Saad Hariri mitgeteilt worden. Nasrallah vermutet, daß die angeblichen Beweise gegen die Hisbollah manipuliert sein könnten und forderte das Tribunal auf, Ermittlungen gegen Israel aufzunehmen. Tel Aviv habe nicht nur ein Interesse an dem Anschlag gehabt, sondern sei auch dazu in der Lage gewesen, ihn auszuführen. Das Tribunal werde politisch instrumentalisiert und zu einem Werkzeug Israels gegen den Libanon.

Die Äußerungen Nasrallahs hatten im Libanon Verunsicherung wegen möglicher neuer Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionspartnern Hisbollah und der »Zukunftsbewegung« von Ministerpräsident Saad Hariri, dem Sohn des Ermordeten, ausgelöst. Israel nutzte die Gelegenheit, seine bekannten Anschuldigungen gegen die Hisbollah zu verschärfen und mit einem neuen Krieg gegen den nördlichen Nachbarn zu drohen.

Nunmehr riefen die drei Staatschefs die Libanesen auf, »die Interessen des Landes über alle Gruppeninteressen zu stellen«. Abdullah und Al-Assad betonten ihre Solidarität mit Libanon »angesichts der täglichen Verletzung seiner Souveränität durch Israel und dessen Versuchen, das Land zu destabilisieren«. Alle Parteien sollten sich an die Vereinbarungen von Doha halten, die 2008 Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern beendet und eine Politik der nationalen Einheit ermöglicht hatten. Syrien gilt als Unterstützer der Hisbollah, Saudi-Arabien unterstützt die »Zukunftsbewegung« von Saad Hariri, der wie sein Vater Rafik die saudische Staatsangehörigkeit hat.

Politische Beobachter der Region bewerten den Gipfel in Beirut als Erfolg für Syrien, dessen Einfluß nach Jahren der Isolation deutlich gestiegen ist. Vor dem Treffen in Beirut hatten sich Al-Assad und König Abdullah in Damaskus auch über die innerpalästinensische Versöhnung zwischen Hamas und Fatah und den politischen Stillstand im Irak ausgetauscht. Ein gemeinsames Vorgehen von Damaskus und Riad könnte Hamas und Fatah an einen Tisch bringen als auch zur Regierungsbildung im Irak beitragen.

* Aus: junge Welt, 2. August 2010


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