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"Tinte Israels"

Libanon: Kritik an Aufnahme der Hisbollah in EU-Terrorliste. Präsident Sleimann bestellt Brüssels Botschafterin Eichhorst ein

Von Karin Leukefeld, Beirut *

Die libanesische Hisbollah hat in einer in Beirut veröffentlichten Stellungnahme ihre Aufnahme in die »Terrorliste« der Europäischen Union als »aggressiv und ungerecht« zurückgewiesen. Es gäbe »keine juristische Rechtfertigung und keinerlei Beweise« für die vorgetragenen Vorwürfe. Die EU habe nur ihre Unterschrift unter ein Papier gesetzt, das »mit der Hand der USA und der Tinte Israels geschrieben« worden sei.

Die EU-Außenminister hatten am Montag einen »militärischen Flügel« der Hisbollah als »terroristische Organisation« eingestuft. Noch am Freitag zuvor hatte die libanesische Regierung vor einer solchen Entscheidung gewarnt und erklärt, die Hisbollah sei »ein wesentlicher Teil der libanesischen Gesellschaft«.Trotzdem stimmten alle 28 Minister dem Antrag der EU-Außenbeauftragen Catherine Ashton zu. Allerdings hätten »einige Staaten Bedenken« geäußert, ob es möglich sei, zwischen einem »bewaffneten Arm« und der »politischen Organisation« der Hisbollah zu unterscheiden, berichtete die britische BBC.

Ashton hatte im Vorfeld der Abstimmung dem saudischen Sender Al-Arabiya gegenüber erklärt, sie habe den Antrag wegen der »Einmischung der Hisbollah in Syrien« gestellt. Offiziell wurde die Hisbollah allerdings auf die »Terrorliste« gesetzt, weil sie für einen in Bulgarien verübten Anschlag verantwortlich sein soll, bei dem im Juli 2012 fünf israelische Touristen und deren Busfahrer getötet worden waren. Die Hisbollah hat jede Beteiligung zurückgewiesen.

Mit der Aufnahme der »Partei Gottes« in die »Terrorliste« (offiziell: »Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden«) können künftig Spenden aus Europa an die Hisbollah unterbunden werden. Konten und Vermögen, die der Organisation zugeschrieben werden, können konfisziert werden. Ob die Hisbollah allerdings überhaupt über größere Vermögen in einem europäischen Staat verfügt, ist unklar. Die Entscheidung könnte allerdings zu einer verstärkten Kriminalisierung von Anhängern der Organisation innerhalb der EU führen.

Der libanesische Präsident Michel Sleimann bestellte am Montag die EU-Botschafterin im Libanon, Angelina Eichhorst, zum Gespräch ein. Er hoffe, die EU werde ihre Entscheidung rückgängig machen, da diese den Libanon weiter destabilisieren könne, sagte er. Eichhorst wiegelte ab, die EU überprüfe Entscheidungen dieser Art alle sechs Monate.

Im Libanon wird die Entscheidung als politische Stellungnahme gegen die Hisbollah gewertet, die mit Sy­rien und dem Iran verbunden ist und bei den letzten Parlamentswahlen gut die Hälfte der Stimmen erhalten hatte. Seit 1992 ist die Partei im libanesischen Parlament vertreten und stellte bis 2011 zwei Minister in der »Regierung der nationalen Einheit«. 2006 widersetzte sich die Hisbollah einem einmonatigen Luftkrieg Israels, bezahlte dafür allerdings einen hohen Preis mit dem Verlust zahlreicher Kämpfer und vielen zivilen Opfern sowie mit der Zerstörung ziviler Infrastruktur durch israelische Luftschläge.

In Berlin erläuterte Staatssekretär Reinhold Lopatka vom Auswärtigen Amt, daß keine neuen Erkenntnisse über die Rolle der Hisbollah bei dem Anschlag in Bulgarien vorlägen. Wichtig sei aber »das politische Signal«. Die Hisbollah verhalte sich unakzeptabel. So habe sie nicht nur den Anschlag in Bulgarien zu verantworten, sondern sei auch in Syrien involviert. Im Übrigen passe den EU-Außenministern das Selbstverständnis der Organisation nicht. »Es ist das Gesamtbild der Hisbollah«, das zu der Entscheidung geführt habe.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 24. Juli 2013


Hisbollah auf Terrorliste

EU macht Organisation für Attentat verantwortlich **

Ein Jahr nach dem tödlichen Anschlag auf israelische Touristen in Bulgarien setzt die Europäische Union den militärischen Arm der libanesischen Hisbollah-Miliz auf die EU-Terrorliste.

»Es ist gut, dass die EU entschieden hat, die Hisbollah als das zu bezeichnen, was sie ist: eine Terrororganisation«, erklärte der niederländische Außenminister Frans Timmermans nach der Entscheidung der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Damit werden unter anderem die Gelder der Partei in der EU eingefroren.

Der militärische Arm der Hisbollah wird für den Anschlag auf israelische Touristen in der bulgarischen Stadt Burgas verantwortlich gemacht, bei dem im Juli 2012 sechs Menschen starben. Beweise konnten dafür nicht vorgelegt werden. Die Hisbollah bestreitet eine Täterschaft. Die schiitische Partei Libanons unterstützt im syrischen Bürgerkrieg die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad. Der EU-Beschluss bezieht sich jedoch allein auf den Anschlag in Bulgarien. »Wir können nicht zulassen, dass der militärische Arm der Hisbollah hier in der Europäischen Union terroristische Aktivitäten verfolgt«, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle in Brüssel.

Die Vermögen der auf der EU-Terrorliste geführten Gruppen und Personen in der EU werden nun eingefroren, ihre finanzielle Unterstützung ist verboten. Voraussetzung für die Aufnahme auf die EU-Terrorliste sind schlüssige Hinweise auf die Verwicklung von Gruppen oder Einzeltätern in geplante oder bereits begangene »terroristische Handlungen«. Bis zuletzt gab es EU-Diplomaten zufolge Bedenken Irlands, Maltas und Tschechiens dagegen, den militärischen Arm der Hisbollah auf die Terrorliste zu setzen. Dies hatten Israel und die USA schon länger gefordert. Die Schiitenbewegung ist in Libanon an der Regierung beteiligt.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 23. Juli 2013


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