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Dritter Versuch

US-Regierung fordert »schnelle und glaubwürdige« internationale Strafmaßnahmen nach Nordkoreas drittem Atomwaffentest

Von Knut Mellenthin *

Mit der Drohung, die »Isolierung« und »Verelendung« der nordkoreanischen Bevölkerung weiter zu verschärfen, hat Barack Obama am Dienstag auf den dritten Nukleartest der Demokratischen Volksrepublik reagiert. Mit dem Satz »Diese Provokationen machen Nordkorea nicht sicherer« deutete der US-Präsident indirekt sogar militärische »Konsequenzen« an. Zugleich forderte er »schnelle und glaubwürdige« Strafmaßnahmen der »internationalen Gemeinschaft« gegen »den höchst provokatorischen Akt«. Die Vereinigten Staaten selbst verfügen, da sie ihre Beziehungen zur DVRK schon vor Jahrzehnten praktisch auf Null heruntergefahren haben, über keinerlei nicht-kriegerische, wirtschaftliche und finanzielle Optionen der Druckausübung. Die Hoffnung der Obama-Administration besteht vor diesem Hintergrund nur darin, China vielleicht zu einschneidenden Sanktionen drängen zu können. An erster Stelle der Wünsche Washingtons steht eine Reduzierung der chinesischen Erdöllieferungen nach Nordkorea.

Die Nuklearexplosion auf dem bekannten Testgelände im Norden der DVRK fand wenige Stunden vor der alljährlichen Standardrede des US-Präsidenten zur »Lage der Nation« statt. Der Zeitpunkt kann als politisches Signal interpretiert werden. In einer ersten offiziellen Stellungnahme der nordkoreanischen Führung hieß es am Dienstag, der Test sei eine Maßnahme gegen die »unverschämte Feindseligkeit« der US-Regierung, die der Demokratischen Volksrepublik das »friedliche und souveräne Recht« auf den Start von Weltraumsatelliten mit Gewalt verwehren wolle.

Der Test war allgemein erwartet worden, nachdem der UN-Sicherheitsrat am 22. Januar einstimmig die Resolution 2087 verabschiedet hatte, mit der erstmals seit vier Jahren die Sanktionen gegen die DVRK verschärft wurden. Äußerer Anlaß für diesen Schritt war der Start eines nordkoreanischen Wettersatelliten am 12. Dezember. Der Rat interpretierte das als einen Raketentest, die er der DRVK durch die Resolutionen 1718 (2006) und 1874 (2009) verboten hatte, obwohl es dafür keine Grundlage im internationalen Recht gibt. Den beiden Resolutionen waren jeweils nordkoreanische Versuchsexplosionen vorangegangen. Die Führung der DVRK hat immer wieder bekräftigt, daß sie sich durch Strafmaßnahmen und Verbote, die keine völkerrechtliche Gültigkeit haben, nicht einschüchtern lassen wird, sondern darauf im Gegenteil mit verstärkter militärischer »Abschreckung« reagieren will.

Über den jüngsten Test heißt es in der ersten Verlautbarung, er sei mit einem »miniaturisierten« Sprengsatz durchgeführt worden, der kleiner und leichter, zugleich aber auch stärker gewesen sei als die beiden früheren, die am 9. Oktober 2006 und am 25.Mai 2009 zur Explosion gebracht wurden. Letzteres ist nach den vorliegenden internationalen Erkenntnissen zweifellos wahr. Nach unterschiedlichen Schätzungen lag die Stärke zwischen 7 und 10 Kilotonnen und war damit etwas schwächer als die erste Atombombe, die die US-Regierung 1945 auf die japanische Stadt Hiroshima abwerfen ließ. Ob auch der Rest der offiziellen Bekanntgabe zutrifft, ist vorerst unklar. Eine »Miniaturisierung« des Sprengsatzes wäre erforderlich, um eine nordkoreanische Atomwaffe mit einer Rakete abschießen zu können. Bisher ist nicht bekannt, ob die DVRK in der Lage wäre, auch nur einen einzigen ihrer schätzungsweise sechs bis zehn Nuklearsprengkörper per Rakete oder Flugzeug zu befördern.

Noch vor der amtlichen Bekanntgabe des Tests, der rund drei Stunden nach der Explosion erfolgte, wurde der UN-Sicherheitsrat für Dienstag nachmittag zu einer Sondersitzung einberufen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 13. Februar 2013


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