Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Militärabkommen gegen Linksregierungen

Kolumbien gewährt US-Militär Zugang zu sieben Stützpunkten / Präsident Uribe ignoriert Proteste

Von Gerhard Dilger, Porto Alegre *

In Kolumbien hat das am Freitag unterzeichnete Militärabkommen mit den USA, das in letzten Monaten in ganz Südamerika zu heftigen Kontroversen geführt hatte, einen Sturm der Empörung ausgelöst. Die Regierung habe den USA die nationale Souveränität übergeben, sagte die liberale Senatorin Cecilia López.

Präsident Álvaro Uribe hatte Washington für die kommenden zehn Jahre den Zugang zu drei Luftwaffen-, zwei Heeres- und zwei Marinestützpunkten eingeräumt sowie das Recht, dort bis zu 800 Soldaten und 600 Söldner zu stationieren. Außenminister Jorge Bermúdez verteidigte den Vertrag als Fortsetzung einer »technischen Zusammenarbeit«, die sich nicht gegen die Nachbarländer richte. Kolumbien, so die stereotype Begründung, wolle sich von Drogenhandel und »Terrorismus« befreien. Pikant ist, dass Uribe den immer noch nicht in allen Details bekannten Text nicht dem Parlament vorlegen wird.

Selbst der regierungsnahe Senatspräsident Javier Cáceres sagte, bei diesem »Thema der nationalen Sicherheit« hätte er sich zumindest eine politische Debatte gewünscht. Carlos Romero von der Linkspartei Demokratischer Alternativer Pol sprach von einem »juristisch und politisch monströsen Abkommen«. Sein Parteifreund, der Senator Enrique Robledo, fügte hinzu: »Es ist eine der schlimmsten Entscheidungen in der Geschichte Kolumbiens. Sie verwandelt das Land in einen Bauern innerhalb der US-Strategie, die Welt zu kontrollieren«.

Der Staatsrat, die oberste Verwaltungskontrollinstanz Kolumbiens, hatte das Abkommen bereits vor der Unterzeichnung als »unausgewogen« bezeichnet. »Die USA bestimmen und Kolumbien ist nur ein Mitarbeiter«, heißt es in dem vernichtenden 40-Seiten-Gutachten vom 13. Oktober, das der Tageszeitung »El Espectador« zugespielt wurde.

Die für das US-Personal vorgesehene Immunität stehe im Gegensatz zu völkerrechtlichen Normen, schrieben die Juristen. Schlicht verfassungswidrig sei es, dass die US-Militärs »grenzenlos« und umsonst über das Kommunikationsnetz verfügen und Satellitenempfänger installieren dürften.

In den USA werde der Vertrag zumindest des außenpolitischen Ausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus vorgelegt, stellte US-Botschafter William Brownfield klar. Doch die Informationspolitik der Obama-Regierung ist fast so restriktiv wie jene Uribes. Bereits im Juli baten die demokratischen Senatoren Patrick Leahy und Christopher Dodd Außenministerin Hillary Clinton um Informationen über die Geheimverhandlungen mit Bogotá – ohne Erfolg.

Die Politologin Arlene Tickner von der Andenuniversität Bogotá sagt eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Nachbarn voraus. Vor allem Venezuela, Ecuador und Bolivien fühlen sich bedroht und rüsten entsprechend auf, ebenso wie Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der das Amazonasgebiet in Gefahr sieht. Dass die Befürchtungen der Südamerikaner berechtigt sind, belegt ein Dokument des Pentagon. Die Möglichkeit, die Luftwaffenbasis Palanquero zu nutzen, sei eine »einzigartige Möglichkeit«, Operationen in einer »kritischen« Region« durchzuführen, deren »Sicherheit und Stabilität ständig durch Anti-US-Regierungen bedroht sind«, heißt es in einer Kongressvorlage.

* Aus: Neues Deutschland, 2. November 2009


Noch mehr US-Soldaten in Lateinamerika

Nach Kolumbien willigt nun auch Panamá der Einrichtung neuer Militärbasen der USA ein

Von Poonal/Púlsar **

Panama-Stadt. Die Regierung von Panama hat angekündigt, dass sie mit den Vereinigten Staaten ein Abkommen über die Einrichtung von zwei US-Marinestützpunkten auf dem eigenen nationalen Territorium unterzeichnen will.

Innen- und Justizminister José Raúl Mulino teilte mit, dass die Stützpunkte in Bahía Piña an der Grenze zu Kolumbien und in Punta Coca im Westen des Landes errichtet würden. Das Abkommen, welches die Nutzung der Militärbasen regelt, werde noch vor dem 30. Oktober unterzeichnet, erklärte der Minister weiter.

Mulino gehörte der Delegation an, welche den Präsidenten Panamas, Ricardo Martinelli, auf seiner Reise zur Generalversammlung der Vereinten Nationen in die USA begleitete. Dort traf die panamaische Delegation mit US-Außenministerin Hillary Clinton zusammen, um sich über die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern auszutauschen. Die Errichtung der Marinestützpunkte soll offiziellen Angaben zufolge der Bekämpfung des Drogenhandels und dem Schutz der Küstenzonen dienen.

Am 1. Januar 2000 hatte Panama die Auflösung von 14 auf seinem Territorium befindlichen US-amerikanischen Verteidigungsstützpunkten abgeschlossen. Die nun erfolgte Entscheidung der Regierung Martinelli, US-Truppen den Zugang auf panamaischen Boden wieder zu ermöglichen, ist ein Pendant zu dem zwischen Kolumbien und den USA geschlossenen Abkommen über die Einrichtung von sieben US-Militärstützpunkten auf kolumbianischem Territorium.

Mehrere lateinamerikanische Staaten hatten massiv gegen die Entscheidung der kolumbianischen Regierung unter Álvaro Uribe protestiert. Auch die Union Südamerikanischer Nationen UNASUR (Union Südamerikanischer Nationen) hat diese Maßnahme missbilligt.

** Aus: Portal Amerika 21, 31. Oktober 2009; www.amerika21.de/


Zurück zur Kolumbien-Seite

Zur Seite "Militärstützpunkte"

Zur Lateinamerika-Seite

Zur Panama-Seite

Zurück zur Homepage