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Akajew gestürzt - Demonstranten stürmen Präsidentenpalast - Neue Regierung eingesetzt

Chronik des Umsturzes in Kirgistan (Kirgisien)

Im Folgenden präsentieren wir eine Auswahl von Agenturmeldungen über die umstürzlerischen Ereignisse in der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgistan (auch Kirgisien, Kirgististan) - drei Wochen nach den Wahlen. Manipulationen bei den Parlamentswahlen Ende Februar hatten die Proteste gegen die Staatsführung ausgelöst. Bei den Parlamentswahlen vom 27. Februar und 13. März fühlte sich die Opposition betrogen. Sie hatte nur sieben der 75 Parlamentssitze erhalten.
Im Süden des Landes halten Regierungsgegner seit Mitte März einige Gebiete unter ihrer Kontrolle, darunter auch die zweitgrößte kirgisische Stadt Osch.



Von der Wahl zum Umsturz

  • 27. Februar/13. März
    Bei den Parlamentswahlen gehen fast alle 75 Sitze an Vertreter der Staatsmacht.
  • 28. Februar
    Erwartungsgemäß hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Parlamentswahlen in Kirgisien vom Wochenende scharf kritisiert. (...)
    Die Wahl in Kirgisien sei von Stimmenkäufen, Beschränkungen der Pressefreiheit und der Disqualifizierung von Kandidaten überschattet gewesen, erklärte der OSZE-Vertreter Kimmo Kiljunen am 28. Februar in Bischkek. Präsident Askar Akajew habe durch Äußerungen über einen möglichen Bürgerkrieg und über angebliche extremistische Einflüsse innerhalb der Opposition die Stimmung vor der Wahl "negativ beeinflußt". In Bischkek forderten auch etwa 50 oppositionelle Demonstranten "die Wahrheit über die Abstimmung. Der kirgisische Wahlkommissionschef Suleiman Imanbajew betonte, die Wahlen seien frei und fair verlaufen. (junge Welt, 1. März 2005)
  • 15. März
    Die Opposition nimmt in der Stadt Talas zwei Beamte als Geiseln, um eine gerichtliche Überprüfung der Wahlergebnisse durchzusetzen.
  • 20. März
    Im südkirgisischen Dschalal-abad wird eine Polizeiwache gestürmt. Dabei kamen nach unbestätigten Berichten bis zu zehn Menschen ums Leben.
  • 21. März 2005
    UN-Generalsekretär Kofi Annan ruft alle Seiten zur Zurückhaltung auf und begrüßt die Ankündigung Akajews, er werde eine Überprüfung der Ergebnisse anordnen.

    In der mittelasiatischen ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisien ist aus den "Revolutions-Spielen" ( Neue Zürcher Zeitung ) blutiger Ernst geworden. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen im Süden des Landes sollen mindestens vier Polizisten zu Tode geprügelt worden sein. Am 21. März fiel Augenzeugenberichten zufolge mit Osch die zweitgrößte Stadt des Landes in die Hände der Regierungsgegner. In der Nacht zuvor hatten sie die Kontrolle über die Stadt Dschalabad übernommen. Die Regierung versicherte, die Rebellion nicht mit Waffengewalt niederschlagen zu wollen.

    Rund 3.000 Oppositionsanhänger stürmten in Osch das Verwaltungsgebäude und trieben etwa 100 Sicherheitsleute in die Flucht. Sie waren mit Schlagstöcken und Brandsätzen bewaffnet. Polizeifahrzeuge und Gebäude wurden in Brand gesetzt. Das Regierungsgebäude war schon in der vergangenen Woche von Demonstranten besetzt worden, die aber am 19. März wieder vertrieben wurden. Nahezu unberührt von den Protestaktionen blieb bisher die Hauptstadt Bischkek, wo nur einige hundert Menschen auf die Straße gingen. Es wird deshalb als wenig wahrscheinlich erachtet, daß der Aufstand gesamtnationalen Charakter annehmen könnte. Allerdings wird befürchtet, daß die Unruhen im Süden ethnische Konflikte – vor allem das Verhältnis zwischen Kirgisen und usbekischer Minderheit betreffend – provozieren könnten. (junge Welt, 22. März 2005)

    Die russische Regierung hat die Proteste der Opposition gegen die vermutete Wahlfälschung in der früheren Sowjetrepublik Kirgisien kritisiert. "Außergesetzliche Aktionen führen zu einer Eskalation der Spannungen und sind zu verurteilen", hieß es in einer am 21. März veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums in Moskau. Die Regierung in Moskau legte den internationalen Wahlbeobachtern der OSZE einen Verzicht auf Kritik an der Wahl nahe. Russland erwarte, dass die Beobachter "ihre Bewertung mit noch mehr Verantwortungsgefühl vornehmen, damit sie destruktiven Elementen keinen Vorwand liefern, diese Bewertung als Rechtfertigung für ungesetzliche Handlungen zu nutzen", heißt es in der Erklärung weiter. (AFP)
  • 22. März
    Einen Tag nach den schweren Unruhen in Kirgisien waren Regierung und Opposition um Mäßigung bemüht. Die Regierung dürfe sich nicht in eine offene Konfrontation begeben, sagte Präsidentensprecher Abdil Segisbajew am 22. März in Bischkek. In der zweitgrößten Stadt Osch, wo Demonstranten mehrere Regierungsgebäude und Polizeiwachen gestürmt hatten, kehrte zunächst wieder Ruhe ein.

    Die Regierung von Präsident Askar Akajew will nun das neugewählte Parlament so schnell wie möglich einsetzen. Die Wahlkommission erklärte die Ergebnisse der Parlamentswahl für legitim und endgültig. Dies gelte für 71 von 75 Wahlbezirken, sagte Kommissionsleiter Sulaiman Imanbajew am Dienstag in Bischkek. Noch am Montag hatte Akajew eine Untersuchung möglicher Wahlmanipulationen angeordnet.

    Akajews Sprecher Segisbajew bezeichnete die Unruhen als Teil eines Putschversuchs krimineller Elemente, die mit der Drogenmafia in Verbindung stünden. Der Opposition sei es aber nicht gelungen, die Macht in Osch und Dschalalabad zu übernehmen, sagte Segisbajew nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax. (junge Welt, 23. März 2005)

    Askar Akajew hatte lange Zeit den Ruf, von allen Präsidenten der ehemaligen Sowjetrepubliken in Mittelasien der reformfreudigste zu sein, heißt es in einer AP-Meldung vom 22. März. 1990 wurde er noch vom damaligen Obersten Sowjet zum Staatschef von Kirgisien gewählt. Nach der Unabhängigkeit bestätigten die Wahlen von 1991, 1995 und 2000 den Präsidenten in seinem Amt. Doch in den vergangenen fünf Jahren hat Akajew die Zügel seiner Herrschaft langsam angezogen - 2002 kamen bei einer Demonstration gegen die Verhaftung eines oppositionellen Abgeordneten sechs Menschen ums Leben.

    Die Erhebung der Oppositionsbewegung gegen Akajew kommt daher nicht völlig überraschend. Nach dem klaren Wahlsieg des Regierungslagers - die Opposition erhielt in den beiden Wahlgängen nach dem vorläufigen Ergebnis nur 6 der 75 Mandate - befürchten die Akajew-Gegner, dass der 60-Jährige vor der Präsidentenwahl im Herbst die Verfassung ändern lässt, um sich eine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Akajew hat dies zurückgewiesen, doch auch die Aussicht auf die Einsetzung eines ihm ergebenen Strohmanns als Kandidat des Regierungslagers bringt die Opposition auf die Barrikaden.

    "Wir sitzen hier für die Gerechtigkeit, weil die Wahlen nicht fair waren", sagt am 22. März der 54-jährige Madamin Turduyew auf dem zentralen Platz der Stadt Osch. Die zweitgrößte kirgisische Stadt ist neben Dschalal-Abad eine der Hochburgen der Oppositionsbewegung. "Wir wollen, dass Akajew zurücktritt."

    Das Zentrum der Erhebung liegt bislang im verarmten Süden des Landes. In der Hauptstadt Bischkek ist es noch ruhig. Aber in Erwartung von Demonstrationen trafen auch hier schon mehrere Busse mit Bereitschaftspolizisten und Truppen des Innenministeriums ein. Die Sicherheitskräfte bewachen den zentralen Platz mit dem Amtssitz des Präsidenten und mehreren Regierungsgebäuden in der unmittelbaren Umgebung.

    Akajew schien zunächst bereit, der Protestbewegung Zugeständnisse machen zu wollen und ordnete daher eine Untersuchung der Vorwürfe von Wahlbetrug an. Doch am 22. März bezeichnet sein Sprecher Abdil Segisbajew die Oppositionsbewegung als Putschversuch krimineller Elemente. Diese stünden in Verbindung mit der Drogenmafia und wollten in Osch und Dschalal-Abad die Macht an sich reißen. (Auszüge aus einer AP-Meldung vom 22. März 2005)
  • 23. März
    Der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow hat sich besorgt über die Lage in der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisien geäußert und die Opposition zur Vernunft aufgerufen. "Ich glaube, dass die so genannte Opposition genug Hirn hat, um die Kraft zu finden, sich zu beruhigen und in einen politischen Dialog einzutreten", sagte er am 23. März im russischen Fernsehen. Was im Süden Kirgisiens passiere, bewege sich seit langem außerhalb des gesetzlichen Rahmens.
  • 24. März
    Die Opposition in Kirgisien hat Präsident Askar Akajew entmachtet. Sie ernannte Parlamentspräsident Ischenbaj Kadyrbekow zum Interims-Staatschef, nachdem Akajew offenbar ins benachbarte Kasachstan geflohen war. Zuvor hatten nach teils gewaltsamen Protesten tausende Demonstranten den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bischkek gestürmt.

    Das Oberste Gericht Kirgisiens hat das Ergebnis der umstrittenen Parlamentswahl annulliert. Gerichtspräsident Kurmanbek Osmonow sagte in einer Dringlichkeitssitzung des Parlaments in Bischkek, das Gericht weigere sich, die neu gewählten Abgeordneten anzuerkennen, wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete. Die Entscheidung des Gerichts sei einstimmig gefallen. Damit falle das Mandat an das bisherige Parlament zurück, sagte Osmonow den Angaben zufolge weiter. Die Legislaturperiode ende am 14. April.

    Neben einer Interims-Staatsspitze ernannte die Opposition zudem einen neuen Innenminister. Künftig werde der ehemalige Ressortchef Abdyl Surantschijew wieder das Ministerium leiten, sagte Oppositionspolitiker Kurmanbek Bakijew während einer Dringlichkeitssitzung des Parlaments. Der bisherige Innenminister Keneschbek Djuschebajew war erst am Vortag von Präsident Akajew ernannt worden. Nach Bakijews Angaben trat auch Regierungschef Nikolai Tanajew zurück.

    Das Parlament übertrug dem Oppositionsführer Felix Kulow übergangsweise die Verfügungsgewalt über alle Sicherheitskräfte des Landes. Er war erst wenige Stunden zuvor aus dem Gefängnis freigekommen, wo er nach eigenen Angaben seit 2000 aus politischen Gründen einsaß. Der frühere Chef der Sicherheitsdienste und Ex-Vizepräsident gilt als der Politiker, der die zersplitterte Opposition einen könnte.

    Oppositionsführer Bakijew bestätigte im kirgisischen Fernsehen Meldungen, wonach Akajew das Land verlassen habe. Russische Nachrichtenagenturen hatten berichtet, der Staatschef sei mit seiner Familie ins benachbarte Kasachstan geflohen.

    Die bislang größten Proteste der Opposition in der Hauptstadt Bischkek hatten am Morgen des 24. März friedlich begonnen. Tausende Oppositionsanhänger mit rosafarbenen und gelben Bändern zogen unter Rufen wie "Akajew, hau ab!" zum Regierungssitz im Zentrum. Vor dem Regierungssitz kam es dann zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

    Am frühen Nachmittag stürmten Demonstranten den Präsidentenpalast und warfen Akajew-Porträts aus den Fenstern. Wenige Stunden danach stürmten Regierungsgegner auch das Gebäude des staatlichen Fernsehsenders.

    Der US-Botschafter in Bischkek, Stephen Young, stellte sich im US-Fernsehsender CNN hinter die kirgisische Opposition. Er habe mit mehreren Oppositionsvertretern gesprochen und freue sich auf eine Zusammenarbeit "in dem kommenden Tagen". Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärte am 24. März, sie habe der kirgisischen Opposition ihre Hilfe bei der Bildung einer "formalen Autorität" angeboten. Das Land müsse sich wieder normalisieren, sagte der Sondergesandte Alojz Peterle der Nachrichtenagentur AFP. Die ukrainische Regierung bot ihre Vermittlung zwischen Opposition und bisherigen Staatsführung an.
  • 25. März
    Das kirgisische Parlament hat den Oppositionsführer Kurmanbek Bakijew zum Staats- und Regierungschef per interim ernannt. Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem abgesetzten Staatschef Askar Akajew die Aufnahme in seinem Land angeboten. Die Übernahme der Macht durch die Opposition in der früheren Sowjetrepublik bezeichnete Putin als "völlig illegitim". Russland hoffe aber auf die Beibehaltung der guten Beziehungen zu dem zentralasiatischen Land. "Wenn Akajew nach Russland kommen will, werden wir nicht dagegen sein, das ist durchaus möglich", sagte Putin während eines Besuchs in der armenischen Hauptstadt Eriwan. Der Aufenthaltsort von Akajew ist weiter unklar.
    Bakijew sagte, die bislang stets freundschaftlichen Beziehungen zwischen Bischkek und Moskau würden auch in Zukunft "ausgezeichnet" sein. "Niemand denkt daran, die Beziehungen zu verändern, wir streben vielmehr eine Verbesserung an."

    Die Zusammensetzung der neuen kirgisischen Regierung soll nach Angaben aus dem Parlament noch am 25. März beschlossen werden. Am Morgen war Bakijew zum Staats- und Regierungschef per interim ernannt worden. Er war von Dezember 2000 bis Mai 2002 bereits Ministerpräsident und ist jetzt Chef der Partei Volksbewegung Kirgisiens. Er schlug vor, die führende Oppositionspolitikerin Rosa Otunbajewa zur Außenministerin zu ernennen. Die ehemalige Diplomatin hatte das Amt bereits vor ihrem Wechsel in die Opposition inne. Bakijew kündigte Neuwahlen in drei Monaten an.

    In der Nacht zum 25. März zogen Gruppen von Plünderern durch die Straßen, warfen Fensterscheiben ein und raubten Läden aus, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Besonders betroffen sei offenbar die Supermarktkette Narodni, die einem Schwiegersohn des bisherigen Präsidenten Askar Akajew gehören soll. Auf den Straßen waren Menschen zu sehen, die Elektrogeräte und Lebensmittel aus den Geschäften wegtrugen. Die meisten der Plünderer waren junge Männer, einige von ihnen waren mit Stöcken bewaffnet. Polizisten in Uniform waren nirgends zu sehen, berichtete der Korrespondent weiter. Nach vorläufigen Angaben wurden bei den Unruhen in der Nacht bis zu fünf Menschen getötet und etwa 370 Menschen verletzt. (AFP, dpa, 25.03.2005) <

    Beobachter sprachen von einer undurchsichtigen politischen Lage. Es zeichne sich ein Machtkampf zwischen dem aus dem Süden Kirgisiens stammenden Bakijew und dem aus der Haft entlassenen früheren Geheimdienstchef Felix Kulow ab. Kulow findet vor allem im Norden Unterstützung. Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) versuchten in Bischkek, Kontakt mit den neuen Machthabern aufzunehmen. (dpa, 25.03.2005)

    Der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew hat nach der Machtübernahme der Opposition in Kirgisien angekündigt, er werde seine "Lehren" aus den Ereignissen im Nachbarland ziehen. "Wir müssen Lehren aus der Situation in Kirgisien ziehen und die Ursachen verstehen", sagte Nasarbajew am 25. März in Astana. Er bewertete den Umsturz als Zeichen von "Führungsschwäche", welche es "den Aufständischen und Vandalen ermöglicht hat, zu machen, was sie wollen".

    Der gestürzte kirgisische Präsident Askar Akajew hat den Sturz seiner Regierung als "Staatsstreich" und Gerüchte über seinen angeblichen Rücktritt als Lügen bezeichnet. Er halte sich nur "vorübergehend" außer Landes auf, zitierten russische Medien eine von der kirgisischen Nachrichtenagentur Kabar am 25. März verbreitete Botschaft Akajews an seine Landsleute. Der neue kirgisische Staats- und Regierungschef, Oppositionsführer Kurmanbek Bakijew, begann mit der Ernennung von Ministern und Verantwortlichen einer Übergangsregierung. "Eine Gruppe verantwortungsloser politischer Abenteurer und Komplotteure hat die Macht auf verbrecherische Weise mit Gewalt an sich gerissen", erklärte Akajew. Um Blutvergießen zu vermeiden, habe er darauf verzichtet, mit Waffengewalt gegen die Proteste vorzugehen. Stattdessen habe er vorübergehend das Land verlassen. Die "verfassungsgemäße Ordnung" müsse jedoch wieder hergestellt werden, Gerüchte über seinen Rücktritt seien "nicht wahr".

    Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana rief die Bürger Kirgisiens nach dem Sturz Akajews auf, Gewalt und Plünderungen zu vermeiden. Nur durch "verantwortungsvolles Verhalten" könnten Recht und Ordnung aufrecht erhalten werden, sagte Solana am 25. März. Er betonte, die EU werde an der Unterstützung des Büros der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek festhalten. Die Regierung in Moskau hatte die dortige OSZE-Sektion beschuldigt, die Opposition mit Äußerungen zu dem umstrittenen Wahlergebnis zum Sturz der Regierung Akajew ermutigt zu haben.

    Bakijew ernannte am 25. März unter anderem Dastan Sarygulow zum Außenminister, den Abgeordneten und General Ismail Issakow zum Verteidigungsminister sowie den ehemaligen Generalstaatsanwalt Maktybek Abdylajew zum Innenminister. Die Kandidaten sollten ihr Amt bis zur Bestätigung durch das Parlament zunächst übergangsweise ausüben.
  • 26. März
    Zwei Tage nach dem Sturz von Präsident Askar Akajew bemüht sich die neue Führung in Kirgisien um geordnete Verhältnisse: Das Parlament legte den 26. Juni als Termin für die Neuwahl eines Staatschefs fest. Der am Freitag zum Übergangspräsidenten ernannte Oppositionsführer Kurmanbek Bakijew kündigte seine Kandidatur an.

    Bakijew sagte, seine Regierung sei um die Wiederherstellung der Ordnung bemüht. "Die Revolution ist vorbei", sagte er in Bischkek. Die neue Führung habe nicht die Absicht, sich von Russland "zu entfernen". Auch Russlands Präsident Wladimir Putin deutete Gesprächsbereitschaft an: Den russischen Behörden seien die Mitglieder der neuen Führung "bekannt", und er hoffe auf gute Beziehungen.

    Offiziellen Angaben zufolge wurden bei den gewaltsamen Plünderungen der vergangenen zwei Tage in Bischkek drei Menschen getötet und rund 170 weitere verletzt. Anderen Schätzungen zufolge wurden bis zu sechs Menschen getötet und etwa 400 verletzt.

    In der südkirgisischen Stadt Osch demonstrierten rund 20.000 Menschen, um ihre Unterstützung für die neue Führung zu bekunden. Einige Teilnehmer gaben an, sie seien von dem Versprechen angelockt worden, kostenlos Essen und Getränke zu bekommen.
  • 27. März
    Nach der Flucht des gestürzten Präsidenten Askar Akajew ist in Kirgisien ein Machtkampf zwischen dem alten und dem neu gewählten Parlament entbrannt. Die Volksvertreter streiten darüber, wer die fünf Millionen Kirgisen repräsentieren soll. Ein Sprecher der Wahlkommission forderte am 27. März die Vertreter des scheidenden Parlaments auf, das Ergebnis der Wahlen anzuerkennen und die Macht abzugeben. Sie fürchten, dass eine Machtübergabe an die neu gewählten Abgeordneten, von denen viele Akajew unterstützen, in eine Gegenrevolution münden könnte. Der zum neuen Sicherheitschef ernannte Oppositionspolitiker Felix Kulow rief die Abgeordneten des bisherigen Parlaments auf, dem Aufruf der Wahlkommission zu folgen. "Sie wurden für die Dauer von fünf Jahren gewählt, nun ist Ihr Mandat abgelaufen", sagte er vor den Abgeordneten. Laut Gesetz müsse nun das neue Parlament seine Arbeit beginnen. "Daran halte ich mich, auch wenn mir manche der neu gewählten Volksvertreter nicht gefallen", sagte Kulow.



Analyse (dpa)
Die dritte Revolution auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion in den letzten Jahren erschüttert einen strategisch zunehmend wichtigen Winkel der Erde. In Kirgisien betreiben sowohl die Amerikaner als auch die Russen je einen Luftwaffenstützpunkt. Die US-Armee versorgt von Bischkek aus ihre Truppen im nahe gelegenen Afghanistan.
Washington braucht ebenso wie Moskau ein stabiles Kirgisien, damit sich der islamistische Extremismus in der Region nicht weiter ausbreitet. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach zwar von einem unrechtmäßigen Machtwechsel in Bischkek, beteuerte aber zugleich, mit der neuen Führung zusammenarbeiten zu wollen.
Auch Kirgisiens Nachbar China kümmert sich zunehmend um die frühere Sowjetrepublik. Zu der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl Ende Februar hatte Peking erstmals eine eigene Beobachterdelegation entsandt. An Kirgisien grenzt die autonome Region Xinjiang, ein muslimisch geprägter Konfliktherd im chinesischen Reich.
Im Gegensatz zu den Revolutionen in Georgien Ende 2003 und in der Ukraine Ende 2004 fehlte es der kirgisischen Opposition bislang an einer unbestrittenen Führungsfigur. Diese Rolle nimmt der amtierende Regierungschef Kurmanbek Bakijew für sich in Anspruch. Doch auch der frühere Geheimdienst-Chef Felix Kulow gilt als politisch ambitioniert. Gelingt es ihm, weitere Krawalle in Bischkek zu verhindern, dürfte seine Chancen bei der für Juni angekündigten Präsidentenwahl steigen.
Kirgisien ist, ähnlich wie die Ukraine, in zwei Regionen gespalten. Der relativ wohlhabende Norden mit der Hauptstadt Bischkek steht dem verarmten und von der usbekischen Minderheit geprägten Süden gegenüber. Während Bakijew als Mann des Südens gilt, stehen viele Kirgisien aus den Norden hinter Kulow. (Auszug aus einer dpa-Meldung, 25. März 2005)




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