Obamas Feuerkraft
Von Knut Mellenthin *
Von Knut Mellenthin *
Bei Luftangriffen auf angebliche Terrorlager in der Region Lahj im Jemen
sind Dutzende Zivilisten getötet worden. Offiziell richteten sich die
Operationen vom Donnerstag vergangener Woche (17. Dez.) gegen
Al-Qaida-Zellen. Dabei wurden nach Angaben der Regierung in Sanaa
mindestens 30 »Terroristen« getötet und 17 gefangengenommen. Aus den
Darstellungen der örtlichen Bevölkerung und jemenitischer
Oppositionspolitiker geht hingegen hervor, daß die Autonomiebewegung im
Südjemen das wirkliche Ziel der Angriffe war. Dabei sollen über 120
Menschen getötet worden sein, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.
Mehrere Familien seien nahezu ausgelöscht worden. In mehreren Städten
der Region fanden am Freitag und Sonnabend (18./19. Dez.)
Protestdemonstrationen gegen die Angriffe statt.
Offensichtlich ist: Die US-Streitkräfte beteiligen sich zunehmend an den
Kämpfen zwischen der autoritären Regierung des Jemen und verschiedenen
oppositionellen Kräften. Über den Grad der Einmischung, zu dem Regierung
und Militär der USA jede Information verweigern, gibt es
unterschiedliche Darstellungen. Die New York Times berichtete am
Sonnabend (19. Dez.), die USA hätten »Feuerkraft, nachrichtendienstliche
Informationen und andere Formen der Unterstützung« für Operationen
geliefert, die zwei Tage zuvor stattgefunden hatten. US-Präsident Barack
Obama habe diese Unterstützung, um die angeblich die jemenitische
Regierung gebeten hatte, gebilligt. Agenturen meldeten, daß Obama seinen
Amtskollegen Ali Abdullah Saleh in Sanaa angerufen habe, um ihn zu den
Militäraktionen zu beglückwünschen.
Das Fernsehnetzwerk ABC News hatte zuvor am Freitag unter Berufung auf
anonyme amerikanische Regierungsbeamte berichtet, daß die USA sich an
den Operationen auch direkt beteiligt hätten. Zwei Marschflugkörper
(»Cruise Missiles«) seien auf jemenitische Ziele abgeschossen worden:
die eine auf ein angebliches Ausbildunglager von Al-Qaida, die andere
auf eine Örtlichkeit, »wo ein unmittelbar bevorstehender Angriff auf
eine US-Einrichtung geplant wurde«. Gleichzeitig hätten die
jemenitischen Streitkräfte drei Aktionen an unterschiedlichen Orten
durchgeführt.
Die jetzige Republik Jemen entstand im Januar 1990 durch den
Zusammenschluß der südlichen Demokratischen Volksrepublik Jemen und der
nördlichen Arabischen Republik Jemen. Große Teile der Bevölkerung des
Südens, wo die meisten Erdölvorkommen des Landes liegen, sehen sich von
der Regierung in Sanaa benachteiligt. Gleichzeitig führen die
jemenitischen Streitkräfte seit August Krieg gegen eine oppositionelle
Bewegung im Norden, die einem Sonderzweig der Schiiten angehört. An den
nahezu täglichen Luftangriffen, die sich hauptsächlich gegen
Bevölkerungszentren und Märkte richten, beteiligen sich nach
unbestätigten örtlichen Berichten neben den jemenitischen und
saudi-arabischen Streitkräften auch US-amerikanische Kampfflugzeuge.
Der Senat in Washington hatte Obama am 4. Dezember aufgefordert, »alle
geeigneten Maßnahmen einzusetzen«, um der angeblich von der Situation im
Jemen ausgehenden »Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA« zu
begegnen. Jemenitische Offiziere werden schon seit längerer Zeit in den
Vereinigten Staaten ausgebildet. Die britische Tageszeitung Daily
Telegraph meldete darüber hinaus am 13.Dezember, daß Angehörige
US-amerikanischer Spezialeinheiten in den Jemen entsandt worden seien -
angeblich nur mit einem Ausbildungsauftrag.
* Aus: junge Welt, 21. Dezember 2009
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