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Zwei Konferenzstunden für Jemens Stabilität

Konkrete Beschlüsse sind heute in London nicht zu erwarten

Von Karin Leukefeld *

Der jemenitische Ministerpräsident Ali Mohammad al Mudschawar ist am Dienstag (26. Jan.) mit einer Regierungsdelegation nach London gereist, um dort an der heutigen internationalen Konferenz über die Lage in seinem Land teilzunehmen. Nur zwei Stunden Zeit nehmen sich die USA und 20 weitere Staaten, um über eine Stabilisierung Jemens zu beraten. Konkrete Beschlüsse sind nicht zu erwarten, dafür dürften die Teilnehmer ihre Unterstützung für die Regierung in Sanaa zur Schau stellen.

Mit »fünf dornigen Themen« müssten sich die Teilnehmer der heutigen Jemen-Konferenz in London befassen. Thema eins sei der Terrorismus und die wachsenden Aktivitäten von Al Qaida, schrieb die englisch-arabische Tageszeitung »Ashark Alawsat«. Weiter gehe es um die südjemenitische Sezessionsbewegung und die Houthi-Rebellen im jemenitisch-saudischen Grenzgebiet. Viertens stehe der Konflikt zwischen Regierung und Opposition auf der Tagesordnung, und auch über die marode Wirtschaftslage des Landes müsse gesprochen werden. Für das alles sieht das Protokoll zwei Stunden vor, für die Vertreter des Golf-Kooperationsrates, der G 8-Staaten, Ägyptens, Jordaniens, der Türkei und der Niederlande anreisen werden. Ebenfalls dabei sind die neue »EU-Außenministerin« Catherine Ashton, Spanien, die Vereinten Nationen und die Weltbank. Für Jemen werden Ministerpräsident Ali Mohammad al Mudschawar, Außenminister Abu Bakr al Kirbi sowie der Minister für Planung und internationale Zusammenarbeit, Abdul Kerim al Arhabi, und der stellvertretende Ministerpräsident für Sicherheit und Verteidigung, Rashad al Alimi, teilnehmen

Man werde Jemen gegen Al Qaida unterstützen, sagte der britische Regierungschef Gordon Brown, außerdem wolle man Sanaa bei der Entwicklung des Landes und einer besseren Regierungsführung helfen – was im Klartext heißt, gegen die Korruption vorzugehen. Fast gleichlautend erklärte sich das Auswärtige Amt in Berlin. Deutschland sei bereit, »sein Engagement auszuweiten«, sagte Außenamtssprecher Andreas Peschke, ohne dieses Engagement zu präzisieren. Außenminister Guido Westerwelle habe sich zudem eng mit seiner US-amerikanischen Amtskollegin Hillary Clinton abgesprochen, die kürzlich erklärt hatte, ein instabiler Jemen sei eine Gefahr für die ganze Welt.

Nach einem missglückten Anschlag auf ein USA-Flugzeug Ende Dezember ist das Armenhaus der arabischen Welt unverhofft in die Schlagzeilen gerückt, weil der Attentäter Kontakt zu Al Qaida in Jemen gehabt haben soll. Um diese Gefahr zu bekämpfen, soll dem Land finanziell und militärisch geholfen werden, was seitens der Regierung in Sanaa begrüßt wird. Jemen brauche in den nächsten zehn Jahren 50 Milliarden US-Dollar, sagte der stellvertretende Minister für Planungs- und Internationale Zusammenarbeit, Hisham Sharaf, der jemenitischen Nachrichtenagentur SABA – zum Auf- und Ausbau der Infrastruktur, um Investoren anzulocken und Jemen von der Liste der am wenigsten entwickelten Staaten streichen zu können. Zumindest müsse man Jemen die Hälfte seiner Schulden erlassen, forderte der Minister. Diese blockierten jede Entwicklung

Nach Meinung der EU-Außenbeauftragten Ashton ist Al Qaida in Jemen eine logische Folge der schlechten wirtschaftlichen und politischen Situation des Landes. Wenn die Regierung mehr für die Bevölkerung tue, könnte die EU ihre Hilfe für 2011 bis 2013 um 33 Prozent erhöhen. Nichts aber sei wichtiger als die Entschlossenheit der Regierung, mehr Verantwortung für die Entwicklung des Landes zu zeigen. Derzeit (2007-2010) beträgt die Brüsseler Unterstützung 60 Millionen Euro. Deutschland gibt zudem allein für die Jahre 2009/2010 79 Millionen Euro für technische und finanzielle Zusammenarbeit mit Jemen aus. Amnesty International hat derweil davor gewarnt, beim »Kampf gegen den Terrorismus« die Menschenrechte in dem arabischen Land weiter zu verletzten. Schon jetzt sei die Opposition scharfer Repression ausgesetzt. So komme es zu willkürlichen Verhaftungen und Erschießungen von angeblich Verdächtigen, auch deren Familienmitglieder würden getötet.

* Aus: Neues Deutschland, 27. Januar 2010


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