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Deutsche Staatsräson

Rüstet Israel von BRD gelieferte U-Boote nuklear auf? Der Verdacht ist Jahre alt

Von Knut Mellenthin *

Hat Deutschland den israelischen Streitkräften Waffensysteme geliefert und teilweise sogar geschenkt, die nun als Abschussplattformen für Atomraketen dienen? Mit der Titelgeschichte der heutigen Ausgabe des Spiegel werden sachlich plausible Vermutungen, die mittlerweile mindestens zehn Jahre alt sind, wieder einmal in Erinnerung gerufen. Acht Autoren weist der Text als Mitarbeiter auf, darunter der international angesehene israelische Journalist Ronen Bergman, der seine Dissertation über den Geheimdienst Mossad geschrieben hat, und der deutsche Friedensforscher Otfried Nassauer, der zeitweise für die Grünen aktiv war. Herausgekommen ist ein zwölf Seiten langer Text, der zur zentralen Frage keine neuen Erkenntnisse bringt und das aktuelle Cover des Nachrichtenmagazins als Mogelpackung blamiert.

Vier U-Boote hat die Kieler Werft HDW den Israelis seit 1996 geliefert, zwei weitere sind bestellt. Die deutschen Steuerzahler haben den Bau bisher schon mit mehr als einer Milliarde Euro bezuschusst. Die ersten zwei Schiffe bekam Israel sogar vollständig geschenkt, nachdem es sich geweigert hatte, den Ende 1989 abgeschlossenen Kaufvertrag zu erfüllen. Im Juni 2002 meldete die Washington Post, freilich unter Berufung auf anonyme Quellen, dass Israel begonnen habe, die U-Boote mit Cruise Missiles auszustatten.

Ein wichtiges Verdachtsmoment ist mittlerweile bestätigt: Vier der zehn Torpedorohre dieser Schiffe haben auf besonderen Wunsch der Israelis einen größeren Durchmesser. Durch diese könnten möglicherweise Marschflugkörper abgeschossen werden, die eine Reichweite von 1500 Kilometer haben. Doch damit sind wir schon wieder im Bereich unbewiesener Vermutungen. Darüber weiß auch der Spiegel nichts Neues und schließt in einem beiläufigen Satz nicht einmal aus, dass die ganze Geschichte ein israelischer „Bluff“ sein könnte.

Auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen von der Linken, ob „diese Boote mit Trägersystemen für nukleare Waffen ausgerüstet werden könnten“, hatte die Bundesregierung im Mai ausweichend geantwortet: „Zu Spekulationen über die Eignung der U-Boote für den Einsatz von Atomwaffen gilt: Die Bundesregierung tritt entschieden für die Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen ein. Dementsprechend würde sie keine Lieferungen von Trägersystemen für Nuklearwaffen genehmigen.“ - Das entspricht früheren Äußerungen Berlins, die im Spiegel so zusammengefasst werden: „Frei übersetzt heißt das: Ausgeliefert wird ein konventionelles U-Boot; was die Israelis damit machen, ist ihre Sache.“

Das Nachrichtenmagazin zitiert nun – und das immerhin ist eine wichtige Information – mehrere direkt mit den Vorgängen befasste frühere Spitzenbeamte, die klipp und klar sagen, sie seien immer davon ausgegangen, dass Israel die U-Boote als Atomwaffen-Träger nutzen wolle. Darunter Hans Rühle (1982-1988 Leiter des Planungsstabs im Verteidigungsministerium), Lothar Rühl (1982-1989 Staatssekretär im selben Amt) und Wolfgang Ruppelt, der dort bis 1992 Rüstungsdirektor war. „Ein zuständiger Ministerialer“ haben den Autoren bei ihren Recherchen gesagt: „Die Boote dienten von Anfang an vornehmlich dem Zweck der nuklearen Aufrüstung.“

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak tut wenig, um den Verdacht zu zerstreuen. Dem Spiegel versicherte er: „Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel für viele Jahre gesichert zu haben.“

* Aus: junge Welt, Montag 4. Juni 2012


Atomwaffen auf Israels U-Booten

»Spiegel«: Aus Kiel gelieferte »Dolphins« werden atomar bestückt Nach Informationen des Nachrichtenmagazins **

»Spiegel« stattet Israel seine aus Deutschland gelieferten Unterseeboote mit atomar bestückten Marschflugkörpern aus, die Iran erreichen können.

Mit Hilfe der deutschen U-Boote sei es Israel gelungen, »sich ein schwimmendes Atomwaffen-Arsenal zuzulegen «, schreibt der »Spiegel«in seiner jüngsten Ausgabe. »Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel für viele Jahre gesichert zu haben«, zitiert das Magazin den israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak. Dessen Ministerium wollte sich am Sonntag nicht zu dem Bericht äußern.

Die israelische Marine hat bereits drei U-Boote des Typs »Dolphin« im Einsatz, drei weitere sollen noch geliefert werden. Gebaut werden die Boote von der Howaldtswerke- Deutsche Werft in Kiel, einer Tochter des Thyssen- Krupp-Konzerns. Der »Spiegel« stützt sich bei seinem Bericht auf Recherchen in Deutschland, Israel und den USA, bei amtierenden und ehemaligen Ministern, Militärs, Rüstungsingenieuren und Geheimdiensten.

Israel hat den Besitz von Atomwaffen nie offiziell bestätigt oder dementiert. Medien berichten jedoch seit Jahren, die deutschen UBoote könnten mit Raketen mit atomaren Sprengköpfen ausgerüstet werden. Der »Spiegel« schreibt, die deutsche Regierung beharre bis heute darauf, nichts über eine solche Ausrüstung zu wissen. Ehemalige hochrangige Beamte hätten dem Magazin jedoch nun erklärt, sie seien schon immer davon ausgegangen, dass Israel auf den U-Booten Nuklearwaffen stationieren werde.

Die Flugkörper sollen laut Experten vom israelischen Rüstungskonzern Rafael gebaut worden sein. Sie seien eine Weiterentwicklung des Marschflugkörpers Popeye Turbo SLCM, der mit einer Reichweite von etwa 1500 Kilometern und einem bis zu 200 Kilogramm schweren Sprengkopf Iran erreichen könnte. Der Abschuss erfolge mit Hilfe eines neuartigen hydraulischen Ausstoßsystems.

** Aus: neues deutschland, Montag 4. Juni 2012


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