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Auftritt verweigert

Israelische Künstler gegen Siedlungen

Drei Dutzend in Israel bekannte Theaterkünstler haben mit dem angekündigten Boykott eines neuen Kulturzentrums in der Siedlerstadt Ariel im Westjordanland für Aufregung gesorgt. Israelische Medien berichteten am Sonntag (29. Aug.), die Künstler – Schauspieler, Regisseure und Autoren – hätten einen Brief an Theaterdirektoren in Israel geschickt. Darin hieß es, sie seien aus Gewissensgründen nicht bereit, in dem Kulturzentrum aufzutreten, das im Herbst eröffnet werden soll.

»Wir möchten unsere Abscheu darüber ausdrücken, dass Theaterleitungen Auftritte in der neuen Halle in Ariel planen«, hieß es in dem Brief. »Die Schauspieler unter uns erklären hiermit, dass sie es ablehnen werden, in Ariel aufzutreten, wie auch in jeder anderen Siedlung.« In der Siedlerstadt Ariel, die im Herzen des nördlichen Westjordanlands liegt, leben knapp 17 000 Israelis. Es ist eine der Siedlungen, die Israel sich im Rahmen einer künftigen Friedensregelung einverleiben will. Die Palästinenser fordern jedoch die Räumung der Stadt, weil eine Landverbindung mit dem israelischen Kernland tief in palästinensisches Gebiet schneiden würde.

Unterdessen haben ägyptische Streitkräfte erneut ein Dutzend Tunnel in den Gaza-Streifen gesprengt. Das gaben Sicherheitskreise am Samstag (28. Aug.) bekannt. Es war die dritte Aktion dieser Art, über die im August berichtet wurde. Mit palästinensischen Behörden habe man sich vorher versichert, dass sich keine Menschen in den Gängen befanden.

Ein weit verzweigtes System von bis zu 1000 Tunneln zwischen Ägypten und dem Palästinensergebiet hat den rund 1,5 Millionen Menschen dort in den vergangenen Jahren als Lebensader gedient. Israel befürchtet vor allem Waffenschmuggel auf diesem Weg.

* Aus: Neues Deutschland, 30. August 2010


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Künstler wollen Siedlungen boykottieren

Schauspieler, Regisseure und Autoren verweigern Gastspiele im Westjordanland - Netanjahu droht mit Streichungen der Subventionen

Wellen in Israels politischen und kulturellen Kreisen schlug am Wochenende ein Brief von prominenten Theaterleuten, der auf einen Boykott der jüdischen Siedlungen im Westjordanland hinausläuft. Die Schauspieler, Regisseure und Autoren wollen nicht an Gastspielen beteiligt sein, die im neuen Kulturzentrum in der Westbank-Siedlung Ariel geplant sind. Premier Benjamin Netanjahu drohte am Sonntag (29. Aug.) im Ministerrat indirekt mit einer Streichung der Subventionen.

Ariel im nördlichen Westjordanland ist mit rund 17.000 Einwohnern eine der größten Siedlungen. Das neue Kulturzentrum soll ab November regelmäßig Produktionen der führenden israelischen Bühnen zeigen. "Laut internationalem Recht darf ein Besatzerstaat seine Bürger nicht in besetztem Gebiet ansiedeln", sagte der Dramatiker Joshua Sobol, einer der Unterzeichner, im Radio, "daher kann man eine israelische Kulturinstitution auch nicht verpflichten, dort zu agieren." Nach unterschiedlichen Angaben sollen 36 oder 56 Künstler unterzeichnet haben. Von den Theaterdirektionen hieß es, die Gastspiele würden wie geplant stattfinden.

Der Standard, Printausgabe, 30.8.2010


Stalin's commissar in the PMO

The refusal by actors to perform in occupied territory is not delegitimization of the state, as the prime minister claims, but the expression of a legitimate and worthy position.

Haaretz Editorial

The settlement of Ariel is in occupied territory, and future sovereignty over it is a matter of dispute. Prime Minister Benjamin Netanyahu hopes, and declares, that "the capital of Samaria" will become part of Israel in any future peace agreement, but even he realizes that Ariel is different. The fact is that his government froze construction in Ariel, not in Haifa or Givatayim.

But even during the settlement freeze, the Netanyahu government has been using symbolic means in an attempt to reinforce an image of Ariel as an integral part of Israel: upgrading the academic status of the Ariel University Center of Samaria and building a new performing arts center in the settlement. That is how the government is trying to blur the Green Line.

Thirty-six actors, directors and screenwriters who disagree with the government's policy published a letter to theater managements in which they announced their refusal to take part in performances in Ariel. The letter expressed the artists' conscientious objection to performing in occupied territory and noted the right to protest in a democratic society. They succeeded in putting the debate about Ariel on the agenda. But their position is unacceptable to Israel's rightist government, which quickly responded with typical aggressiveness. Netanyahu, Culture and Sports Minister Limor Livnat and Finance Minister Yuval Steinitz are all threatening to deny government funding to cultural institutions that refuse to hold performances beyond the Green Line.

Netanyahu is acting like Andrei Zhdanov, Stalin's cultural commissar: He is trying to compel artists to express a government policy that seeks to annex Ariel, by threatening to harm their livelihood. Instead of respecting Israeli citizens' freedom of conscience and right to protest, Netanyahu is treating them like forced laborers mobilized to serve the ideology of the ruling party. Refusing to perform in occupied territory is not delegitimization of the state, as Netanyahu claims, but the expression of a legitimate and worthy position.

Theater actors are not marionettes, and cultural coercion of artists who fear for their livelihood does not befit a freedom-loving country. Cultural and academic institutions that receive budgetary support from the state do not owe it obedience in return. On the contrary, the government should be thankful for the existence of institutions that constitute such a vital interest for Israeli society.

Haaretz (online), 30.08.10; www.haaretz.com


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