Israel liebäugelt mit deutschem Dingo
Bundessicherheitsrat stimmte schon zu – entgegen den Exportrichtlinien für Krisengebiete
Von Uwe Kalbe *
Ein australischer Wildhund ergänzt seit einigen Jahren das Kontingent an Mardern, Pumas, Mungos und anderem Raubvieh, das der Bundeswehr mobilen Unterschlupf im Ausland bietet. Jetzt zeigt auch Israel Interesse.
Ein bisschen erinnert er an den Luxus-Offroad-Geländewagen aus dem Autohaus – wenn nicht das
Maschinengewehr auf dem Dach wäre. Der Dingo ist ein Transportfahrzeug für bis zu acht
Personen, auf dem Luftweg gut zu transportieren, leicht bewaffnet und dank guter Panzerung ein
Schutz gegen Handfeuerwaffen, Artilleriesplitter und Minen. Der Wildhund Dingo ist nur in Australien zu Hause, sein gerüstetes Pendant dagegen tritt nach dem Verlassen der Werkhallen von
Krauss/Maffei/Wegmann eine Art weltweiten Raubzug an.
Knapp 100 Stück sind bislang produziert, und die deutschen Soldaten in Afghanistan fahren damit in minenträchtiger Umgebung ihre Patrouillen. 55 Exemplare des Dingo 2 sind dort im Einsatz, der
damit ein Kleinvieh ist, das dem Rüstungsunternehmen mittlerweile auch bereits etlichen Mist
produziert hat. Und nachdem dank einiger Verbesserungen am Fahrwerk die Soldaten an Bord auch
nicht mehr seekrank werden, ist das Tierchen reif für den Export in größeren Stückzahlen.
Die Bundeswehr will ihre Bestände auf 149 aufstocken, Österreich hat einen kleineren Posten
erhalten, und Belgien freut sich soeben auf die Lieferung von 220 Exemplaren. Nun hat Israel
offenbar einen Dingo zum Härtetest geordert, der Bundessicherheitsrat, der das letzte Wort spricht, habe der Lieferung zugestimmt, heißt es.
Israel, das in der Vergangenheit durch sein Interesse an den Mannschaftstransportern Fuchs und
Wolf für gute Stimmung bei der deutschen Rüstungsindustrie gesorgt hat, will angeblich 103
Fahrzeuge kaufen, wenn der Test zu seiner Zufriedenheit ausgeht. Gerade Rüstungsverhandlungen
mit Israel sorgen jedoch regelmäßig für politischen Streit in Deutschland. Während die offizielle
Politik zu solchen Anlässen auf ein besonderes, solidarisches Verhältnis hinweist, erinnern Kritiker an die deutschen Rüstungsexportrichtlinien, die die Lieferung von Rüstungsgütern in Krisengebiete untersagen. Und gerade die jüngsten Meldungen über die Verschleppung von Ministern der palästinensischen Hamas-Regierung lassen den Protest laut werden.
Mit ihrer Zustimmung zur Dingo-Lieferung setze die Bundesregierung ein falsches Zeichen, meldete
sich Paul Schäfer, verteidigunspolitischer Sprecher der Linkspartei im Bundestag, zu Wort. Israel
behalte sich das Recht vor, Menschen als mutmaßliche Terroristen zu liquidieren. Die deutschen
Fahrzeuge eigneten sich ideal für schnelle Einsätze gegen die palästinensische Bevölkerung.
Bei einem Stückpreis von knapp 700 000 Euro kommen mit Waffensystem rund 100 Millionen Euro
zusammen, die aufzubringen für Israel doch angeblich ein Problem darstellen. Deutschland ist
jedoch durchaus bereit, einen Teil der Kosten zu übernehmen, wie ein anderes Exportgeschäft zeigt.
In diesem Monat soll es zum Abschluss des Vertrages über zwei deutsche U-Boote für Israel
kommen, der seit Jahren für Diskussion sorgt. Eine Milliarde Euro kosten die Dolphin-Schiffe; mit
330 Millionen will sich Deutschland »beteiligen«. Im Haushalt wurde der Titel auf Intervention der Linkspartei-Haushaltspolitikerin Gesine Lötzsch zwar gesperrt, weil die Entscheidung des
israelischen Parlaments noch ausstand. Im Prinzip jedoch ist der Deal perfekt. Die Sorgen von
Friedensforschern, die U-Boote seien auch atomar umrüstbar, verfangen dabei so wenig wie die
über den Dingo-Einsatz gegen die Palästinenser.
* Aus: Neues Deutschland, 4. Juli 2006
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