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Kein Tauwetter

Neues Treffen zwischen Iran und westlicher Sechsergruppe in Genf. Eine Entspannung ist nicht in Sicht

Von Knut Mellenthin *

Mit sehr unterschiedlichen Erwartungen gehen die Beteiligten in das zweitägige Treffen zwischen dem Iran und den »5 plus 1«, der Sechsergruppe aus USA, Rußland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland, das am heutigen Montag (6. Dez.) in Genf beginnen soll. Am Sonntag (5. Dez.) war noch unklar, ob alle sechs Staaten an der Begegnung teilnehmen, oder ob es zunächst nur eine Diskussion zwischen dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalili und Catherine Ashton geben wird. Die für Außenpolitik Verantwortliche der EU hat ein Mandat der Sechsergruppe, um die Gespräche zu leiten.

Letzte Meldung:

Atomgespräche ohne Ergebnis - Nächste Runde in der Türkei

Ohne konkrete Ergebnisse sind am 7. Dezember die Atomgespräche mit dem Iran zu Ende gegangen. Nach den zweitägigen Verhandlungen in der Schweiz kündigten die Teilnehmer ein weiteres Treffen zu Beginn des kommenden Jahres in der Türkei an.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, nach zwei Tagen intensiver Gespräche habe man sich auf ein weiteres Treffen geeinigt. Ashton hatte zuvor einen iranischen Vorschlag abgelehnt, sich in Istanbul zu treffen. Dem Vernehmen nach ging es bei den Verhandlungen in Genf vor allem um die Bedingungen für die Fortsetzung des Dialogs. Die nächste Runde der Atomgespräche solle Ende Januar oder Anfang Februar stattfinden, teilten Unterhändler mit.

Ashton nannte keine Einzelheiten aus den Gesprächen. Sie erklärte: "Wir erkennen die Rechte des Irans an, aber wir bestehen darauf, dass es seine Verpflichtungen erfüllt." In Istanbul solle es dann darum gehen, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten. Der iranische Chefunterhändler Saed Dschalili bestätigte die geplanten Gespräche. Er bekräftigte, sein Land werde sein Recht zur Anreicherung von Uran zu friedlichen Zwecken nicht aufgeben. In Teheran erklärte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, eine Aufhebung der UN-Sanktionen könne dabei helfen, Fortschritte zu erreichen.

Aus Kreisen der Verhandlungsdelegationen verlautete, bereits die erste Gesprächsrunde am Montag (6. Dez.) habe wenig Anlass gegeben anzunehmen, dass Teheran den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachgeben werde.

Quelle: Nachrichtenagentur dapd, 7. Dezember 2010



US-Außenministerin Hillary Clinton wiederholte am Sonnabend (4. Dez.) gegenüber dem britischen Sender BBC den Standpunkt ihrer Regierung, daß das iranische Atomprogramm an der Spitze der Genfer Tagesordnung stehen müsse. Leicht von der westlichen Routine abweichend räumte Clinton ein, daß Iran grundsätzlich zur friedlichen Nutzung der Kernenergie berechtigt sei. Dieses Recht, einschließlich der Anreicherung von Uran zur Gewinnung von Reaktorbrennstoff, könnte vielleicht in einer nicht näher bezeichneten Zukunft auch von den USA anerkannt werden, stellte die Ministerin in Aussicht. Aber zuvor müsse Iran »das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wiederherstellen«, schränkte Clinton ein, ohne den Sinn dieser Aussage zu präzisieren. »Iran muß am Verhandlungstisch anerkennen, daß es selbst das Vertrauen langjähriger Unterstützer und Verbündeter verloren hat.« Die Voraussetzungen dafür seien nicht ungünstig, da die Iraner »mit einer sehr viel nüchterneren Einschätzung, was Isolation bedeutet«, nach Genf kämen. »Wir wissen, daß die Sanktionen im Inneren Irans Wirkung zeigen.«

Teheran hat indessen seine Bereitschaft angekündigt, bei dem Treffen in der Schweiz über eine Vielzahl international interessierender Fragen zu diskutieren. Irans Nuklearenergieprogramm, zu dem das Land als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags berechtigt sei, werde in Genf jedoch nicht zur Diskussion stehen. Während einer Konferenz in Teheran rief Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Sonnabend die Politiker des Westens auf, »diese einmalige Gelegenheit«, miteinander in einer umfassenden Dialog einzutreten, »nicht zu verschwenden«.

Ebenfalls am Sonnabend bezeichnete Chefunterhändler Dschalili die Rückkehr der westlichen Politiker zu Gesprächen als Ausdruck der Erkenntnis, »daß ihre Strategie zum Scheitern verurteilt ist«. Um produktiv zu verhandeln, müsse der Westen aber auch seine Politik der »doppelten Standards« aufgeben. In einer schriftlich abgegebenen Erklärung verurteilte Dschalili die Ermordung des Atomwissenschaftlers Madschid Schahriari, der am vorigen Montag bei einem Bombenanschlag in Teheran getötet wurde. Mitverantwortlich dafür seien die westliche »Druckstrategie« sowie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und der UN-Sicherheitsrat, der iranische Wissenschaftler in seinen Resolutionen namentlich aufgelistet und mit Sanktionen bedacht habe.

* Aus: junge Welt, 6. Dezember 2010


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