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Experimente mit "neuen Maschinen"

Iran will Urananreicherung verdreifachen. USA und Frankreich reagieren mit weiteren Drohungen

Von Knut Mellenthin *

Iran hat damit begonnen, in seiner Urananreicherungsanlage Natanz 6000 weitere Gas-Zentrifugen zu installieren. Das gab Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Dienstag während eines Besuchs in Natanz bekannt. Anlaß war der zweite Jahrestag des Produktionsbeginns von niedrig angereichertem Uran, das als Brennstoff in Atomkraftwerken dient. Ein von einem russischen Unternehmen gebautes AKW in Buschehr steht kurz vor der Inbetriebnahme. Außerdem hat Iran ohne ausländische Unterstützung mit dem Bau eines Atomkraftwerks bei Darkhoveyn im Südosten des Landes begonnen.

Perspektivisch strebt Iran den Betrieb von 54000 Zentrifugen an. Zur Zeit sind in Natanz aber erst 3000 Geräte des drei Jahrzehnte alten Typs P-1 im Einsatz. Sie sind uneffektiv und vor allem störanfällig. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) geht davon aus, daß Iran es bisher nicht geschafft hat, die in mehreren Gruppen angeordneten Zentrifugen über einen längeren Zeitraum koordiniert zu betreiben. Die Menge des bereits produzierten angereicherten Urans ist niedrig, wie aus den regelmäßigen Berichten der internationalen Inspektoren hervorgeht.

Ebenfalls am Dienstag gab Ahmadinedschad bekannt, daß in Natanz auch Experimente mit »neuen Maschinen« laufen, die fünfmal so effektiv seien wie die jetzt verwendeten Zentrifugen. Beobachter vermuten aber, daß die angekündigte Installation von 6000 zusätzlichen Zentrifugen sich auf das alte Modell bezieht.

Die USA-Regierung reagierte auf die Neuigkeiten aus Natanz mit Vorwürfen. »Die Ankündigung widerspiegelt die fortgesetzte Verletzung ihrer internationalen Verpflichtungen durch die iranische Führung und ihre Weigerung, auf die internationalen Bedenken einzugehen«, sagte der US-Vertreter bei der IAEA, Gregory L. Schulte. Der französische Außenminister Bernard Kouchner bezeichnete die iranische Urananreicherung als »gefährlich« und drohte mit neuen Sanktionen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat bisher schon drei Resolutionen verabschiedet, mit denen Strafmaßnahmen gegen Iran verhängt wurden. Die letzte Entschließung ging am 3. März über die Bühne. Sie räumt Iran eine Frist von 90 Tagen ein, um alle Arbeiten an der Urananreicherung abzubrechen. Von der Erfüllung dieser Vorbedingung macht der Sicherheitsrat die Aufnahme von Verhandlungen abhängig.

Iran hat immer wieder deutlich gemacht, daß es sich diesem Diktat, das dem Atomwaffensperrvertrag und anderen internationalen Abkommen widerspricht, nicht unterwerfen wird. Der Streit ist daher festgefahren. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats – China, Frankreich, Großbritannien, USA und Rußland – wollen sich deshalb gemeinsam mit Deutschland am 16. April treffen, um über ihre nächsten Schritte zu beraten. Es ist die Rede davon, Iran mit einem neuen Vorschlag mehr »Anreize« für ein Einlenken zu bieten. Das geht aber, solange die USA und Israel den Iran ständig mit Krieg und »Vernichtung« bedrohen, am Kern des Problems weit vorbei.

* Aus: junge Welt, 10. April 2008

Moskaus Haltung zu Irans Atomprogramm auch nach Tagung Russland-Nato-Rats unverändert

Die Position Russlands zur Lösung des Atomproblems Irans ist nach dem Gipfel des Rates Russland-Nato in Bukarest unverändert geblieben. Das sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Seyed Mohammed Ali Hosseini, am Montag (7. April) vor der Presse.

"Uns sind keine Änderungen in der Haltung der russischen Seite nach der Tagung in Bukarest aufgefallen", sagte der iranische Diplomat. Auf dem Nato-Gipfel betonte Russland nach wie vor die Notwendigkeit, die mit dem iranischen Atomprogramm zusammenhängenden Fragen auf diplomatischem Wege zu regeln.

Hosseini verwies darauf, dass die USA in Bukarest erneut Versuche unternommen hätten, ihren Einfluss in dieser Region zu festigen. "Sie streben ein militärisches Abenteuer in der Region an", äußerte er.

Wie er sagte, reanimiert ein solches Herangehen der US-Administration das Wettrüsten aus den Zeiten des Kalten Krieges. Russland habe seine Einstellung dazu geäußert und die Amerikaner gewarnt.

"Wir sind überzeugt, dass die europäischen Länder sowie andere Staaten der Region diesem Herangehen der USA Widerstand leisten müssen", erklärte der Diplomat.

Quelle: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 8. April 2008

Schweizer Außenministerin in der Kritik

Der Iran strebt nach eigenen Angaben eine Urananreicherung in grossem Stil an, bei der insgesamt 54.000 Zentrifugen zum Einsatz kommen sollen.

Vor diesem Hintergrund mehren sich in der Schweiz kritische Stimmen gegen die eigene Aussenministerin. Micheline Calmy-Rey hat vor kurzem in Teheran einen Gasliefervertrag mit dem Iran unterzeichnet. Internationale jüdische Organisationen reagierten mit heftiger Kritik. Sie sehen im Iran einen Erzfeind Israels. Nachdem sich der Jüdische Weltkongress kritisch über die Schweiz geäussert hatte, ist es nun die «Anti-Defamation League».

Mit grossen Inseraten in der internationalen Presse macht die ADL Stimmung gegen die Schweiz. Tenor der Anzeigen: «Während die schweizerische Regierung ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, finanziert sie den weltweit führenden Unterstützer von Terrorismus.» Gemeint ist die iranische Hilfe an die Hisbollah und die Hamas, die im Krieg mit Israel stehen.

Das Schweizer Aussenministerium weist die Vorwürfe zurück. Die Anschuldigungen und Zahlen im Inserat würden nicht den Fakten entsprechen. Der Gasliefervertrag unterlaufe die Sanktionen gegen den Iran nicht.

Quelle: Factum-online (Schweiz), 8. April 2008




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