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Happy End für das iranische Kernkraftwerk in Buschehr?

Russische Container mit angereichertem Uran im Iran eingetroffen - Atomenergiebehörde IAEO hat den Brennstoff geprüft


Russischer Brennstoff für Buschehr

Lieferungen an das iranische Kernkraftwerk wieder aufgenommen

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Russland hat mit der Lieferung einer ersten Partie von Brennstoff für das iranische Kernkraftwerk in Buschehr begonnen. Teheran habe das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft in die ausschließlich friedlichen Ziele seines Atomforschungsprogramms wiederhergestellt, hieß es dazu am Montag in einer Erklärung des russischen Außenministeriums.

Gemeint war ein vor knapp zwei Wochen bekannt gewordener Report der CIA, wonach Iran sein Kernwaffenprogramm 2003 eingestellt hat. Russland, so Außenminister Sergej Lawrow gleich danach, werde die »neuen Umstände« künftig bei der »Ausgestaltung seiner Iran-Politik« berücksichtigen. Zuvor hatte Präsident Wladimir Putin den Sekretär des Obersten Sicherheitsrates der Islamischen Republik, Said Dschalali, im Kreml empfangen. Bei der Unterredung, so Lawrow, habe Putin an Iran appelliert, sein Kernforschungsprogramm einzufrieren, um den Weg für »konstruktive Verhandlungen« Teherans mit der Internationale nAtomenergiebehörde IAEA frei zu machen. Deren Chef Mohammed al-Baradei zitierten hiesige Medien mit den Worten, der CIA-Report decke sich im Wesentlichen mit Erkenntnissen der IAEA; Teheran sei daher über weite Strecken rehabilitiert.

Nach Erkenntnissen der russischen Auslandsaufklärung hat Iran allerdings auch vor 2003 nicht an Kernwaffen gearbeitet.

Putin selbst, so vermuten hiesige Beobachter, habe die Erlaubnis für die Lieferung von Kernbrennstoff an das Kraftwerk in Buschehr gegeben. Russische Unternehmen hatten Mitte der 90er Jahre zugesagt, das AKW, das noch vor der Islamischen Revolution 1978 von einer Siemens-Tochter begonnen worden war, fertig zu bauen. Es sollte ursprünglich bereits im September ans Netz gehen. Mitte März stoppte Atomstroi, das als Generalauftragnehmer fungiert, jedoch sämtliche Arbeiten und begründete dies mit der angeblich schlechten Zahlungsmoral Irans.

Beobachter vermuteten allerdings, Moskau wolle sich nur einen plausiblen Grund für den geordneten Rückzug verschaffen: Der Westen – allen voran die USA – hatten Russlands kerntechnische Zusammenarbeit mit Iran scharf kritisiert und vergeblich versucht, Moskau für härtere Sanktionen gegen Teheran zu gewinnen.

Nachrichtenagenturen meldeten, die ersten Container mit angereichertem Uran seien bereits am Wochenende auf der Baustelle eingetroffen. Ein Atomstroi- Sprecher bestätigte dies. Seinen Worten zufolge wurden die Container in einem Sonderlager deponiert, für das die IAEA die Garantie für die Einhaltung internationaler Überwachungs- und Beobachtungssysteme übernommen hat. Der Grad der Anreicherung des von Russland gelieferten Urans liege nicht über den Parametern, die Iran bereits selbst erzielt hat, Kernwaffen könnten damit nicht hergestellt werden, hieß es.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Dezember 2007


Irans AKW-Bau: Happy End in Sicht

Von Pjotr Gontscharow *

Der sich verzögernde Bau des Atomkraftwerkes im iranischen Bushehr scheint in einem Happy End zu enden.

Die leidgeprüfte Situation in mehreren Akten nähert sich ihrem Abschluss: der Inbetriebnahme des Atomkraftwerks. Der russische Auftragnehmer Atomstroyexport wird Ende Dezember den genauen Termin der Fertigstellung bekannt geben. Die Leitung des russischen AKW-Bauers hat verkündet, dass "die Schwierigkeiten mit dem iranischen Auftraggeber geregelt" worden seien, der Brennstoff werde zur Baustelle ein halbes Jahr vor Bedarf geliefert und das Atomkraftwerk in Bushehr in Betrieb gesetzt.

Trotz des einer Seifenoper ähnelndem Geschachers um seinen Bau soll sich niemand in diesem Fall täuschen lassen. Am wichtigsten ist etwas anderes: Russland und Iran können ein Gemeinschaftsunternehmen für den Betrieb des AKW gründen. Wie der Präsident von Atomstroyexport, Sergej Schmatko, sagte, ist es nicht ausgeschlossen, dass Russland und Iran diesen Schritt "zwecks Gewährleistung der Sicherheit des AKW" unternehmen werden. Das aber ist etwas Neues in der langen Geschichte des Baus in Bushehr.

Die Gründung eines russisch-iranischen Joint Ventures für den AKW-Betrieb ist heute möglicherweise die einzige Variante, bei der viele, wenn nicht alle Probleme von Bushehr gelöst werden können. Darunter das Problem der Kontrolle über den Kernbrennstoff, niedrig angereichertes Uran, und das der Rückführung der nuklearen Abschlämmung nach Russland. Im letzteren Fall ist die Rede von hoch angereichertem Uran, von dem es bis zur Entwicklung von waffenfähigem Plutonium nur ein Schritt entfernt ist. Genau diese zwei Punkte beunruhigen die Weltgemeinschaft am meisten.

Alle genannten Probleme sollen hauptsächlich auf Kosten Russlands gelöst werden, denn es wird als Bürge für die Transparenz des iranischen Nuklearprogramms und zugleich als Garant seiner friedlichen Ausrichtung agieren.

In Moskau ist man dazu bereit. Von Gemeinschaftsunternehmen mit Teheran wird seit langem und mit wechselndem Erfolg gesprochen. Hierbei ist es manchmal so, dass Teheran zuerst die Initiative ergreift, aber die Idee nachher fallen lässt. Das war zum Beispiel mit der Idee der Fall, ein Joint Venture zur Uranaufbereitung in Russland zu gründen.

Jetzt ist die Situation, wie es scheint, etwas anders. Schmatko: "Zwischen dem iranischen Auftraggeber und dem russischen Auftragnehmer besteht ein gemeinsames Verständnis für die bestehenden Probleme und die Termine, zudem gibt es auch eine grundsätzliche Vereinbarung für ihre erfolgreiche Realisierung." Diese Realisierung werde neben anderen "zu einem Kriterium für die Aufrechterhaltung eines normalen Dialogs zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft in diesem Bereich" (iranisches Nuklearprogramm) werden.

Bei den Verhandlungen hat wohl die iranische Seite den Ton angegeben. Die Euphorie über den angeblich zweifellos "positiven" IAEO-Bericht und den positiven Bericht der US-Geheimdienste bezüglich des iranischen Nuklearprogramms wird allmählich von einer nüchterneren Einschätzung abgelöst. Teheran kommt nicht umhin, zu begreifen: Die Gefahr der Sanktionen besteht weiter, und wenn nicht Ende dieses, so doch im Februar des kommenden Jahres wird die Frage nach der Drosselung der iranischen Urananreicherung in schärfster Form gestellt. In dieser Situation kann Moskau in keiner Weise helfen, zumal Russland und China im Dezember 2006 und im März 2007 die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates unterzeichnet haben, die von Iran verlangen, "alle Arbeiten an der Uranaufbereitung" einzustellen.

Vor kurzem erinnerte US-Außenministerin Condoleezza Rice erneut an "bestimmte taktische Meinungsverschiedenheiten" zwischen Washington und Moskau, was den Zeitpunkt der Verhängung neuer Sanktionen und ihren Charakter betrifft. Bemerkenswert ist, dass Peking als ein Opponent Washingtons im Atomstreit mit Iran dieses Mal eine Nebenrolle beigemessen wurde. In letzter Zeit kämpft Moskau allein um zusätzliche Zeit für Iran. Bisher ist es ihm gelungen.

Die Brennstofflieferungen für das AKW Bushehr sind bereits aufgenommen worden. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEO hat den Brennstoff geprüft und an der Qualität nichts auszusetzen gehabt. Während der Inspektion untersuchten Vertreter der IAEO und der russischen Atomenergiebehörde Rosatom den Brennstoff und verplombten alle Container.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Quelle: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 17. Dezember 2007



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