Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

OPEC warnt vor Iran-Krieg

Von Rüdiger Göbel *

Die Ölpreise steigen und steigen. Neuer Rekord am Donnerstag: Für ein Barrel (159 Liter) wurden erstmals mehr als 145 Dollar verlangt. Im Fall eines Angriffs auf Iran könnten die Preise geradezu explodieren. Davor warnte gestern der Generalsekretär der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), Abdallah Salem Al-Badri. »Es wäre schwer, täglich 4,2 Millionen Barrel zu ersetzen, wenn Iran etwas passiert« und »der Rohölpreis würde natürlich steigen«, wurde der OPEC-Chef im Bulletin des Weltölkongresses in Madrid zitiert. Teheran hat diesbezüglich ein effektives Druckmittel. Sollte das erdölexportierende Land von Israel und den USA attackiert werden, könnte es die Straße von Hormus blockieren. Durch die Meerenge werden rund 40 Prozent des weltweit auf hoher See transportierten Öls verschifft. Gefragt, ob Iran zu diesem Mittel greifen würde, erklärte Al-Badri, im Kriegsfall werde ein Land jede Strategie nutzen, um zu gewinnen.

Irans Ölminister Gholam Hossein Nosari bekräftigte in Madrid, daß ein militärischer Angriff auf sein Land eine »heftige« Reaktion nach sich ziehen wird. Auch er warnte vor weiter steigenden Rohölpreisen im Falle eines Krieges. Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki erklärte am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur AP, die USA könnten es sich nicht leisten, eine weitere Front im Nahen Osten zu eröffnen. Und Israel habe bereits genügend politischen Aufruhr. Er glaube nicht, daß die USA oder Israel so etwas Verrücktes tun würden.

Allerdings: Erst am Wochenende hatten israelische Politiker mit massiven Angriffen auf Iran gedroht. Führende US-Militärs waren zuvor zu Gesprächen mit ihren Armee-Kollegen nach Tel Aviv gereist. Zurück in Washington erklärte US-General­stabschef Admiral Mike Mullen am Mittwoch, ein Angriff auf Iran wäre ein höchst riskanter Schritt, der zu einer weiteren Destabilisierung des Nahen Ostens führen könnte. Mit Blick auf die US-Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan sagte Mullen: »Die Eröffnung einer dritten Front zum jetzigen Zeitpunkt wäre für uns äußerst anstrengend« – aber machbar.

Der US-Journalist Seymour M. Hersh berichtet unter der Schlagzeile »Preparing the Battlefield« (Vorbereitung des Schlachtfelds) im aktuellen New Yorker, daß die Regierung von Präsident George W. Bush ihre geheimen Aktivitäten in Iran ausgeweitet hat (siehe jW vom 1.7. - weiter unten!). Zu den CIA-gelenkten Operationen gehört unter anderem die Unterstützung nationalistisch-separatistischer und militant-oppositioneller Organisationen, darunter die kurdische PJAK und die Volksmudschaheddin. Dem Bericht zufolge hat der US-Kongreß für diese Zwecke Ende vergangenen Jahres bis zu 400 Millionen Dollar bewilligt.

Die Volksmudschaheddin, die auch unter dem Namen »Nationaler Widerstandsrat« (NCRI) agieren, rühren für Bushs Interventionspläne eifrig die Werbetrommel und kämpfen gleichzeitig dafür, von der EU-Terrorliste gestrichen zu werden. Jüngster Höhepunkt war eine Großkundgebung am vergangenen Sonntag vor den Toren von Paris. Presseberichten zufolge waren mehr als 70000 Menschen – unter ihnen mehrere hundert Politiker aus Europa, Nordamerika, Australien und der arabischen Welt – zu der Propagandaveranstaltung gekommen. Unter ihnen der Saarländer Volker Schneider. Spiegel online zitierte den Rentenexperten der Linksfraktion im Bundestag: »Ich befürworte die iranische Opposition.« Er hoffe, so Schneider, daß sich das Europäische Parlament für den Widerstandsrat engagiert. »Die Terroristen sitzen nicht in Paris, sondern in der Regierung in Teheran.« Harsche Anschuldigungen, die so bisher nicht einmal von Washington erhoben wurden.

* Aus: junge Welt, 4. Juli 2008


Bush-Regierung steigert Kriegsvorbereitungen

Geheime Operationen gegen Iran: USA finanzieren militante und separatistische Oppositionsgruppen

Von Knut Mellenthin **

Unter der Überschrift »Preparing the Battlefield« (Vorbereitung des Schlachtfelds) berichtet der US-amerikanische Journalist Seymour M. Hersh in der jüngsten Ausgabe des Magazins The New Yorker (30. Juni), daß die Bush-Regierung ihre geheimen Aktivitäten im Iran ausgeweitet habe. Hersh zufolge hat der Kongreß für diese Zwecke Ende vergangenen Jahres bis zu 400 Millionen Dollar bewilligt.

Die Zustimmung des Parlaments ist allerdings nur formal, denn 98 Prozent der Abgeordneten und Senatoren haben nie einen entsprechenden Antrag gesehen. Eingeweiht und befragt wurde lediglich die sogenannte Achterbande. Sie besteht aus den Fraktionsführern von Demokraten und Republikanern in Abgeordnetenhaus und Senat sowie der führenden Mitglieder der Parteien in den Geheimdienstausschüssen beider Häuser. Was mit dem bewilligten Geld gemacht wird, ist jedoch so geheim, daß noch nicht einmal die Achterbande die Einzelheiten kennt.

Zu den von der CIA gelenkten Geheimoperationen gehört unter anderem die Unterstützung nationalistisch-separatistischer und militant-oppositioneller Organisationen. Hersh nennt in diesem Zusammenhang die Volksmudschahheddin, die kurdische PJAK und die sunnitisch-fundamentalistische Jundallah Belutschistans, die grenzübergreifend sowohl im Iran als auch in Pakistan aktiv ist. Teil der Geheimoperationen ist auch der Einsatz US-amerikanischer Sonderkommandos, die im Iran aktiv sind, um Nachrichten zu sammeln und Personen zu entführen. Wieweit zu ihrem Auftrag auch gezielte Tötungen gehören, ist laut Hersh umstritten.

Sorgen habe der US-Regierung lange Zeit gemacht, daß Umfragen zufolge nur 18 Prozent der Bevölkerung Militäraktionen gegen Iran befürworten. Dann habe sich während des Flottenzwischenfalls im Persischen Golf im Januar gezeigt, daß die Zustimmung schlagartig steigt, wenn ein iranischer Angriff vorzuliegen scheint. Vizepräsident Dick Cheney habe daraufhin den Auftrag erteilt, »to create a casus belli«, einen Kriegsgrund zu schaffen, schreibt Hersh.

* Aus: junge Welt, 1. Juli 2008

"The Americans are deeply divided on the issue of what to do about Iran"

(...) Joschka Fischer, the former German Foreign Minister, recently wrote in a syndicated column that it may not “be possible to freeze the Iranian nuclear program for the duration of the negotiations to avoid a military confrontation before they are completed. Should this newest attempt fail, things will soon get serious. Deadly serious.” When I spoke to him last week, Fischer, who has extensive contacts in the diplomatic community, said that the latest European approach includes a new element: the willingness of the U.S. and the Europeans to accept something less than a complete cessation of enrichment as an intermediate step. “The proposal says that the Iranians must stop manufacturing new centrifuges and the other side will stop all further sanction activities in the U.N. Security Council,” Fischer said, although Iran would still have to freeze its enrichment activities when formal negotiations begin. “This could be acceptable to the Iranians—if they have good will.”

The big question, Fischer added, is in Washington. “I think the Americans are deeply divided on the issue of what to do about Iran,” he said. “Some officials are concerned about the fallout from a military attack and others think an attack is unavoidable. I know the Europeans, but I have no idea where the Americans will end up on this issue.”

There is another complication: American Presidential politics. Barack Obama has said that, if elected, he would begin talks with Iran with no “self-defeating” preconditions (although only after diplomatic groundwork had been laid). That position has been vigorously criticized by John McCain. The Washington Post recently quoted Randy Scheunemann, the McCain campaign’s national-security director, as stating that McCain supports the White House’s position, and that the program be suspended before talks begin. What Obama is proposing, Scheunemann said, “is unilateral cowboy summitry.”

Scheunemann, who is known as a neoconservative, is also the McCain campaign’s most important channel of communication with the White House. He is a friend of David Addington, Dick Cheney’s chief of staff. I have heard differing accounts of Scheunemann’s influence with McCain; though some close to the McCain campaign talk about him as a possible national-security adviser, others say he is someone who isn’t taken seriously while “telling Cheney and others what they want to hear,” as a senior McCain adviser put it.

It is not known whether McCain, who is the ranking Republican on the Senate Armed Services Committee, has been formally briefed on the operations in Iran. At the annual conference of the American Israel Public Affairs Committee, in June, Obama repeated his plea for “tough and principled diplomacy.” But he also said, along with McCain, that he would keep the threat of military action against Iran on the table.

Auszug aus: Seymour M. Hersh: Preparing the Battlefield. The Bush Administration steps up its secret moves against Iran. In: The New Yorker, July 7, 2008




Zurück zur Iran-Seite

Zur Seite "Erdöl, Gas und andere Ressourcen"

Zurück zur Homepage