Krieg bleibt für die USA eine Option
Im Streit mit Iran droht Generalstabschef des Pentagon mit Militärschlägen
Im Atomstreit hat Iran die USA vor einem Angriff gewarnt und für diesen
Fall einen Gegenangriff angekündigt. Gleichzeitig bot der iranische
Präsident seinem US-Kollegen einen öffentlichen Dialog an. Zuvor hatte
ein US-General einen »Militärschlag« gegen den mittelöstlichen Staat für
möglich erklärt.
Iran hat angekündigt, seine territoriale Integrität und seine Interessen
entschlossen zu verteidigen. Dies sagte der Vizechef der
Revolutionsgarden, General Jadollah Dschawani, am Montag laut der
Nachrichtenagentur IRNA. US-Generalstabschef Mike Mullen hatte zuvor
erklärt, ein Militärschlag gegen Iran bleibe für die USA »eine Option«,
sollte Teheran Atomwaffen entwickeln. Mullen sagte dem Sender NBC am
Sonntag, sowohl ein Militärschlag als auch die Aussicht, dass Iran in
den Besitz von Atomwaffen gelangen könnte, seien in einer ohnehin schon
»unglaublich unsicheren Region der Welt« äußert besorgniserregend. »Ich
hoffe, es wird nicht dazu (zu einem Militärschlag) kommen. Aber es ist
eine wichtige Option.«
Dschawani sprach von »psychologischer Kriegsführung der USA«. Damit
wolle die US-Regierung Iran dazu bringen, klein beizugeben, sagte er zu
Mullens Äußerung. Die westlichen Staaten werfen Iran vor, unter dem
Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie heimlich an der
Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Teheran hat das stets
zurückgewiesen.
Dschawani zeigte sich überzeugt, dass weder die USA noch Israel es wagen
würden, sein Land anzugreifen. »Wir würden auf jeden Angriff
entschlossen reagieren. Und die USA sind sich darüber im klaren, dass
der Persische Golf eine strategisch wichtige Region ist. Die Sicherheit
dieser Region zu gefährden, würde gleichzeitig eine Gefährdung der
amerikanischen Interessen bedeuten«, sagte er. Iran hat bereits
wiederholt gewarnt, es werde im Fall eines Angriffs auch die Ölwaffe
einsetzen und zum Beispiel die für den internationalen Tankerverkehr
wichtige Straße von Hormus sperren.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad erklärte am Montag in einer im
Fernsehen übertragenen Ansprache, das andauernde Säbelrasseln der USA
zeige, dass die Führung in Washington mit ihrem Latein am Ende sei. »Wie
viele (UN)-Sanktionen habt ihr jetzt verhängt? Vier?«, fragte er in
Anspielung auf die vier bisher vom Weltsicherheitsrat im Atomstreit
gegen Iran verabschiedeten Strafmaßnahmen. »Ihr könnt 4000 Resolutionen
verabschieden. Das alles zeigt doch bloß, dass die US-Regierung nicht
mehr weiter weiß...«, sagte Ahmadinedschad in Teheran. Der
UN-Sicherheitsrat hatte am 9. Juni auf erheblichen Druck der USA die
bestehenden Sanktionen gegen Teheran verschärft.
In der gleichen Teheraner Ansprache schlug Ahmadinedschad seinem
US-amerikanischen Kollegen Barack Obama einen Dialog »von Mann zu Mann«
über »die Fragen der Welt« vor. Er werde im September zur
UN-Vollversammlung nach New York reisen, sagte Ahmadinedschad am Montag
Dann sei er bereit, sich »von Angesicht zu Angesicht und von Mann zu
Mann« mit Obama zusammenzusetzen und öffentlich über die großen Fragen
der Welt zu diskutieren. Dabei werde sich herausstellen, wessen Lösungen
die besseren sind.
* Aus: Neues Deutschland, 3. August 2010
Zweieinhalb Kriege?
Von Roland Etzel **
Er hat das einfach mal so nebenbei fallen gelassen. Ein Militärschlag
gegen Iran bleibe »eine« Option, so US-Generalstabschef Mullen. Gern
erführe man etwas über die anderen Optionen und vor allem deren erste.
Seit den »Luftschlägen« der NATO 1999 gegen Jugoslawien und den
»Militäraktionen« Israels gegen Gaza dürfen wir sicher sein, dass - wenn
ein General von einem Militärschlag spricht - nicht irgendein
Scharmützel, sondern ein veritabler Krieg droht, den man aus
Pietätsgründen nicht beim richtigen Namen nennen will. Oder man fürchtet
- das ist vielleicht das Gute an dieser Nachricht -, dass offene
Kriegstreiberei einen Proteststurm entfachen würde: in den USA,
Westeuropa, der dritten Welt.
Dann wäre es nicht gut bestellt um die mühsam geschmiedete
Sanktionsfront der USA gegen Iran. In Washington argwöhnt man -
hoffentlich zu Recht -, dass die Kriegsbegeisterung hilfswilliger
Vasallen nach den ernüchternden Bilanzen in Afghanistan und Irak
erheblich geringer als vor neun bzw. sieben Jahren ausfallen könnte.
Ist Admiral Mullen schon entfallen, dass die Kriege um die Herrschaft in
Bagdad und Kabul nicht beendet sind? Oder hat sich der Generalstabschef
des Größenwahns seiner Vorgänger aus den 70er Jahren erinnert, die für
die USA das Führen von zweieinhalb Kriegen gleichzeitig für möglich hielten?
** Aus: Neues Deutschland, 3. August 2010 (Kommentar)
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