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Ohne Verhandlungsfortschritt

Erneut keine greifbaren Ergebnisse bei Gesprächen zwischen Iran und Internationaler Atomenergiebehörde

Von Knut Mellenthin *

Iran und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) haben am Mittwoch in der iranischen Hauptstadt Teheran erneut ohne konkrete Ergebnisse verhandelt. Offenbar wollen beide Seiten die Gespräche fortführen, doch steht dafür noch kein neuer Termin fest. Der iranische Verhandlungsführer Ali Asghar Soltanieh, ständiger Vertreter seines Landes bei der IAEA in Wien, sprach davon, daß »einige Meinungsverschiedenheiten« beigelegt worden seien und man sich in verschiedenen Verfahrensfragen geeinigt habe, ging aber nicht auf Einzelheiten ein. Der stellvertretende Generaldirektor der IAEA, Herman Nackaerts, der als Verhandlungsführer der Behörde bei den Gesprächen mit Iran agiert, sagte lediglich: »Wir werden weiter hart daran arbeiten, die bestehenden Probleme zu lösen.«

Um welche Meinungsverschiedenheiten geht es? Im Gegensatz zur regelmäßig wiederholten Behauptung der Mainstreammedien, Iran verweigere »eine konsequente Kontrolle seiner Kernkraftanlagen« (Spiegel online, 13.2.), ist das in Wirklichkeit kein Diskussionspunkt: Alle iranischen Atomanlagen stehen rund um die Uhr unter Aufsicht der Behörde, über jede Verarbeitung von Uran wird genau Buch geführt, und die Zahlen tauchen regelmäßig in den vierteljährlichen Berichten der IAEA auf. Strittig ist hingegen der Zugang zu Objekten, die definitiv nicht zum Kompetenzbereich der Atombehörde gehören. Hauptsächlich geht es seit einem Jahr um die Forderung der IAEA, den militärischen Produktionskomplex Parchin besichtigen zu können. Nach nicht belegten Behauptungen westlicher Geheimdienste sollen dort vor Jahren Versuche stattgefunden haben, die zur Erprobung eines Atomwaffenzünders gedient haben könnten.

Verhandelt wird jetzt über ein Rahmenabkommen, das die Bedingungen und Regeln für Visiten außerhalb der Zuständigkeit der Atombehörde festlegen soll. Die iranische Seite will gesichert wissen, daß Besuche in solchen Anlagen eindeutig als Ausnahme definiert werden und daß entsprechende Wünsche jeweils detailliert und überprüfbar begründet werden. Dagegen verlangt der UN-Sicherheitsrat, daß der gesamte Iran den Inspektoren der IAEA unbegrenzt und bedingungslos offenstehen müsse. Das geht über den Zutritt zu jedem von der Behörde für irgendwie »relevant« erklärten Objekt auf iranischem Territorium weit hinaus: Nach den Vorstellungen des Rates muß Teheran der Behörde auch sämtliche angeforderten Akten und Unterlagen zur Verfügung stellen, und jeder von der IAEA für »relevant« gehaltene Iraner müßte sich verhören lassen. Diese von China und Rußland anscheinend bedenkenlos mitgetragenen maximalistischen Forderungen sind nicht nur unrechtmäßig und unrealistisch, sondern sie erschweren zudem eine Einigung zwischen Iran und der Atombehörde.

Nächster Termin im Streit um das iranische Atomprogramm ist nun der 26. Februar. An diesem Tag wollen sich in der früheren Hauptstadt Kasachstans, Almaty, Vertreter Irans und der internationalen Fünf-plus-eins-Verhandlungsgruppe – bestehend aus den USA, Rußland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland – treffen. Im vergangenen Jahr hatten drei Begegnungen dieser Art stattgefunden, zuletzt im Juni in Moskau. Die Gruppe hatte von Iran als »vertrauensbildende Maßnahme« den Verzicht auf Teile seiner Urananreicherung gefordert, ohne wenigstens adäquate Gegenleistungen anzubieten. Ob sie mit irgendeiner neuen Idee nach Almaty kommen wird, ist noch nicht bekannt.

* Aus: junge Welt, Freitag, 15. Februar 2013


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