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"Ich bin zuversichtlich, dass der durch Sanktionen auf den Iran ausgeübte Druck weiter steigen wird"

Staatssekretär für Terrorismusbekämpfung und Finanzkriminalität im US-Finanzministerium spricht Klartext: Wir gehen gegen alle vor, die gegen unsere Sanktionen verstoßen


Nachfolgend veröffentlichen wir einen Kommentar des Staatssekretärs für Terrorismusbekämpfung und Finanzkriminalität im US-Finanzministerium, David Cohen, zu den amerikanischen Sanktionen gegen Iran während der sechsmonatigen Gültigkeit des Übergangsabkommens über das Atomprogramm des Landes. Die englische Originalversion erschien am 10. Dezember 2013 im Wall Street Journal. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.


Keine Lockerung der Sanktionen gegenüber Iran

In sechs Monaten wird Teheran schlechter dastehen. Hier die Gründe für diese Prognose.

Von David Cohen *


Der immense Druck internationaler Sanktionen, bei denen die Vereinigten Staaten federführend waren, hat die iranische Regierung an den Verhandlungstisch in Genf gebracht, wo sich am 24. November sechs große Mächte und Iran auf einen gemeinsamen Aktionsplan zum iranischen Atomprogramm geeinigt haben. Als Hauptverantwortlicher innerhalb der US-Regierung für die Ausarbeitung und Durchsetzung der Sanktionen bin ich zuversichtlich, dass der durch Sanktionen auf den Iran ausgeübte Druck weiter steigen wird. Iran wird in sechs Monaten, wenn das Übergangsabkommen ausläuft, noch schlechter dastehen als heute.

Hier die Gründe für diese Prognose.

Zunächst einmal sind die Erleichterungen des Übergangsabkommens für Iran wirtschaftlich unbedeutend. Die größte Entlastung entsteht dadurch, dass Iran schrittweise Zugang zu eigenen Einnahmen in Höhe von 4,2 Milliarden US-Dollar erhält, die derzeit im Ausland eingefroren sind. Zudem werden die amerikanischen Sanktionen gegen Irans Petrochemie-Exporte und seine Automobilindustrie vorübergehend ausgesetzt.

Wir gehen davon aus, dass dieser zusätzliche Handel in den nächsten sechs Monaten etwa 1,5 Milliarden US-Dollar an Einnahmen generieren könnte, jedoch nur dann, wenn Iran für seine Autos und Petrochemie-Produkte auch Abnehmer findet. Das aber wird schwierig werden: Es bestehen schon seit geraumer Zeit Probleme in der iranischen Automobilindustrie und die Importeure petrochemischer Produkte ziehen langfristige Verträge vor, die in diesem Fall aufgrund des auf nur sechs Monate angelegten Abkommens nicht möglich sind.

Mit dem gemeinsamen Aktionsplan werden außerdem die Sanktionen gegen iranische Goldan- und -verkäufe ausgesetzt. Aber da es die verbleibenden Einschränkungen Iran nicht gestatten, seine Devisenreserven oder seine eigene Währung für den Goldankauf zu nutzen, ist diese Bestimmung nur von begrenztem Wert. Der Wert des Goldes, das Iran erwerben würde, würde durch die harten Devisen ausgeglichen, die es für den Ankauf ausgeben müsste.

Unter Einhaltung strenger Richtlinien darf Iran laut Abkommen 400 Millionen US-Dollar an nur eingeschränkt einsetzbaren iranischen Geldern verwenden, um Studiengebühren iranischer Studierender im Ausland zu begleichen.

Wenn die Iraner ihre Verpflichtungen gemäß des gemeinsamen Aktionsplans einhalten, wird ihnen in den nächsten sechs Monaten eine Entlastung in Höhe von sechs bis sieben Milliarden US-Dollar zuteil werden, die vor allen Dingen dadurch entsteht, dass das Land Zugang zu seinen eigenen Mitteln erhält. Nicht ein einziger Dollar wird vom amerikanischen Steuerzahler kommen.

Betrachtet man dies aus der Perspektive der schwierigen wirtschaftlichen Lage Irans, so ist diese Summe unwesentlich. Die iranische Volkswirtschaft befindet sich in einer tiefen Rezession – im letzten Jahr schrumpfte die Wirtschaftsleistung um über fünf Prozent und wird in diesem Jahr voraussichtlich weiter zurückgehen. Die jährliche Inflationsrate liegt mittlerweile bei rund 40 Prozent. Der Rial, die Währung des Landes, hat gegenüber dem US-Dollar seit 2011 ungefähr 60 Prozent seines Wertes eingebüßt.

Die Gesamthöhe der Entlastung macht nur einen kleinen Teil der etwa 80 Milliarden US-Dollar aus, die Iran seit Anfang 2012 infolge der Ölsanktionen der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union verloren hat, sowie der iranischen Devisenreserven in Höhe von nahezu 100 Milliarden US-Dollar, die größtenteils nur eingeschränkt verfügbar oder infolge amerikanischer Finanz- und Bankensanktionen für Iran gänzlich unzugänglich sind.

Die iranische Volkswirtschaft wird auch weiterhin in Mitleidenschaft gezogen werden, da die US-Sanktionen – insbesondere unsere äußerst wirksamen Öl-, Finanz- und Bankensanktionen – im Wesentlichen weiterhin fest bestehen bleiben. Allein durch die Ölsanktionen entgehen Iran monatlich fünf Milliarden US-Dollar an Einnahmen und daher wird Iran in den sechs Monaten, in denen der gemeinsame Aktionsplan gilt, auf 30 Milliarden US-Dollar Öleinnahmen verzichten müssen. Die erzielten Einnahmen aus Ölverkäufen, zu denen Iran dennoch Zugang hat, dürfen zudem weder überwiesen noch zurückgeführt werden.

Die gesamten Sanktionen gegen große iranische Finanzinstitute bleiben außerdem in Kraft, und daher wird Iran weiterhin fast vollständig vom internationalen Bankensystem abgeschnitten bleiben, was die Möglichkeit des Landes einschränkt, sein Bargeld zu bewegen oder auszugeben. Die Sanktionen, die Investitionen in den iranischen Energiesektor verbieten, wozu auch Hilfe bei der Erschließung der iranischen Öl- und Erdgasvorkommen gehört, bleiben bestehen; dies gilt auch für das seit Langem bestehende, umfassende Verbot amerikanischer geschäftlicher Beziehungen mit Iran.

Wie Präsident Obama bei der Vorstellung des gemeinsamen Aktionsplans erläutert hat, sind wir entschlossen, diese Sanktionen strikt durchzusetzen. Wir sind uns im Klaren darüber, dass sich Sanktionen nicht von selbst umsetzen. Um diejenigen zu behindern und handlungsunfähig zu machen, die das iranische Atom- und Raketenprogramm unterstützen, werden wir Scheinfirmen, Firmen und andere, die die Sanktionen umgehen, ausfindig machen und sie mit Strafen belegen. Gemeinsam mit Kollegen aus anderen Bereichen der US-Regierung hat mein Team im US-Finanzministerium solche Schritte in den letzten Jahren in mehr als 600 Fällen unternommen. Das wird auch so bleiben.

Um den Druck auf die iranische Volkswirtschaft aufrechtzuerhalten, werden wir ausländische Banken weiterhin klar vor die Wahl stellen: Sie können entweder Geschäftsbeziehungen zu mit Sanktionen belegten iranischen Banken und Unternehmen oder zu den Vereinigten Staaten unterhalten – beides geht nicht. Um die iranischen Öleinnahmen auf einem niedrigen Niveau zu halten, werden wir sicherstellen, dass Iran nicht ein zusätzliches Barrel mehr exportieren kann, als auf dem heutigen niedrigen Niveau möglich ist. Und um dem latenten Interesse an Handelsbeziehungen zu Iran einen Riegel vorzuschieben, werden wir allen ausländischen Amtsträgern, Unternehmern und Bankern, die denken, jetzt könnte der richtige Zeitpunkt sein um auszuprobieren, was möglich ist, ganz unmissverständlich zu verstehen geben: Wir beobachten die Entwicklungen genau und wir sind bereit, gegen alle – unabhängig davon, wo sie sich befinden –, vorzugehen, die gegen unsere Sanktionen verstoßen.

Die Sanktionen waren für Iran ein großer Anreiz, sich auf dieses Abkommen als ersten Schritt einzulassen, und sie werden entscheidend bei der Aushandlung der umfassenden Lösung sein, die gewährleistet, dass Iran nicht in den Besitz einer Atomwaffe kommen kann. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, locker zu lassen – und das werden wir auch nicht tun.

* Originaltext im Wall Street Journal: We're Not Easing Sanctions on Iran
Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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